Schirk

Die Liebe Gottes von Justin Lowery

Gott erschuf uns aus unbeschreiblicher Liebe

Gott erschuf uns Menschen aus unbeschreiblicher Liebe.

Wer liebt, möchte zurück geliebt werden, natürlich ohne Zwang und aus freien Stücken bzw. freiem Willen. Das ist etwas, was wir wissen und fühlen können. Diese Art der Liebe bedeutet, auch die völlige Absicht zu erlernen, sich aus Liebe hinzugeben in allem.

Durch Liebe erlauben wir alles. Diese Liebe ist dann wahrhaftig ohne Grenzen. Diese Liebe ist völliges Vertrauen, alles mit sich geschehen zu lassen: Sich für die Liebe opfern, alles geschehen lassen.

Wer Gott liebt, lässt alles zu, was in seinen geschriebenen Worten steht, die zusammengetragen wurden durch den Verkünder, seinen Propheten. Diese Worte dürfen nicht missverstanden werden. Der lebendige Sinn geht sonst verloren. Der Sinn ist das Verstehenwollen aus der damaligen und auch in der heutigen Zeit, auf alle Anwendungen im Leben, zu lernen und immer wieder neu zu lernen.

Das Leben ist vielfältig, dadurch findet sich ein vielfältiges Verstehen aus der Lesung wieder und ist immer wieder neu und lebendig. Gottes Wort ist lebendig. Es ist nicht monoton oder einseitig. Deswegen darf das Verstehen nicht einseitig sein oder von Menschen dazu gebracht werden durch Menschenworte, die Lesung so zu verstehen, wie sie es gerne hätten.

Die Liebe Gottes von Justin Lowery

Foto von Justin Lowery, CC-BY-ND 2.0

Tief gläubig kann nur der Forschende sein, nicht derjenige, der meint, viel zu wissen, sondern derjenige, der sagt, Gottes Worte sind immer lebendig und immer neu zu verstehen, um den Sinn auf alles im Leben zu erfassen. Denn Gottes Wort steht nicht still, sowie auch der Verstand nicht stillsteht – außer man will, dass der Verstand stillsteht. Dann kann das Wort Gottes für einen stillstehen und der lebendige Sinn schläft.

Das einfachste Prinzip, es bestmöglich immer so zu verstehen, ohne sich neue Gesetze zu machen, ohne neben Gott etwas beizugesellen, scheint unter den Gläubigen zu Gott sehr schwer zu sein.

Dort wo die Zeit stillsteht unter den Traditionen, ist Stillstand. Es ist keine Lebendigkeit zu erkennen, in ihren Worten, Handlungen und Gesetzen.

Ich bedauere es zutiefst, dass Gottes Wort verändert wurde. Nicht wegen der Menschen, die mein Mitleid haben, und Gott – allwissend – sieht auch das Verborgene in uns, denn einzig Gott, dem Allmächtigen, gebührt unsere Ehrfurcht, unsere Dankbarkeit und unsere Liebe.

Sie lieben und lehren lieber nach ihren von Menschenhand geschaffenen, erfundenen Gesetzen und dem Glauben, den sie sich selber beigebracht haben. Dieses tiefe Verständnis, Liebe zu erlernen, es zu wollen, diese größer werdende Ehrfurcht, es geschieht nur bei wachem Verstand und mit einem Herzen, das benutzt werden kann, ohne Unterbrechung, um nicht weggeleitet zu werden.

Es ist Mühe, harte Arbeit und auch Schmerz, religiöse Bildung aus dem Anfang geradeaus gestalten zu wollen, denn fast jeder will dich auf den Irrweg bringen, auch mit guten Absichten, die aber nur einen Irrweg darstellen, im Vergleich zu Gottes geschriebenem Wort.

Natürlich weiß es Gott besser.

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Beigesellung (Schirk): Nicht nur Statuen sind Götzen

Millionen von Gottergebenen (Muslimen) glauben heute eine monotheistische Religion zu leben, die aber eher der Beigesellung des Quraisch-Stammes vor der Prophetie Mohammeds ähnelt. Millionen von Menschen von Ägypten bis nach Iran, von Indien bis in die Türkei und in vielen anderen Ländern beten in den Moscheen eindeutig für Gott. Doch nach ihrem Gebet gehen sie über zu den Grabstätten ihrer „Heiligen“ oder gehen zu ihrem Scheich und bitten diesen um Gesundheit, Wohlstand oder Kinder, oder dass diese für sie bei Gott um diese Dinge bitten mögen. Gleichermaßen gibt es Millionen von „Gottergebenen“, die glauben, der Prophet Mohammed könne sie vor Gottes Urteil schützen. So beten sie in ihrem Gebet in der Rezitation des eröffnenden Kapitels zu Gott und versichern ihm, dass sie nur Ihm dienen und nur Ihn um Hilfe erflehen werden (1:5). Als ob sie dieses täglich mehrfach wiederholte Versprechen nie ausgesprochen hätten, bitten sie am selben Tag Mohammed, dass er für sie Fürbitte bei Gott einlegen möge! Wenn man sie auf diesen Widerspruch hinweist, meinen sie, dass sie Mohammed ja Gott nicht beigesellten, obwohl sie wissen müssten, dass der Prophet Mohammed nicht mal die Menschen retten kann, die er liebte (28:56)! Er konnte lediglich zu seinen Lebzeiten (!) nur diejenigen ermahnen, die bereits an Gott geglaubt und sich Ihm ergeben hatten (30:52–53). Nein im Gegenteil, denken diese Leute etwa, Mohammed könnte sie auch jetzt noch hören oder sehen, wobei uns in der Lesung mitgeteilt wird, wie überrascht er sein wird und sich bei Gott über sein eigenes Volk beklagt, dass diese die Lesung verlassen haben (46:9, 7:188, 25:30)?! Solange man ein Beigeseller (Muschrik) ist, wird man nie und nimmer errettet:

 

9:113 Nicht gebührt es den Propheten und denjenigen, die glaubten, dass sie für die Beigeseller um Vergebung bitten, auch wenn sie Nahverwandte wären, nachdem ihnen klar wurde, dass diese die Angehörigen des Infernos sind

 

Nein, sie wollen es auch dann nicht wahrhaben, dass sie in Tat und Wahrheit Mohammed zu Gott beigesellen und sich somit der Beigesellung schuldig machen, wenn ihnen folgender Vers ans Herz gelegt wird:

 

9:80 Ob du für sie um Verzeihung oder nicht um Verzeihung bittest, oder ob du siebzigmal für sie um Verzeihung bittest, Gott wird ihnen niemals verzeihen. Deshalb, weil sie nicht an Gott und Seinen Gesandten glaubten. Und Gott weist den frevelhaften Leuten nicht den Weg.

 

Sie verstricken sich danach in weitere Widersprüche und es ist klar, dass sie Mohammed zum Götzen, zum Beigesellten erhoben haben, ohne dass sie sich dessen bewusst sind oder bewusst sein wollen (10:18). Sie gehören zu jener Gruppe, die Mohammed am Jüngsten Tag ablehnen wird und seine „Fürsprache“ wird daraus bestehen, sie abzulehnen, weil sie entgegen der von ihm überlieferten Lesung ihn idolisierten, ihn zum Götzen erhoben und sich nicht allein auf Gott verlassen haben. Ähnlich werden viele Christen und Juden am Jüngsten Tag überrascht sein, dass sie von Gott als „Beigeseller“ verurteilt werden. Die sogenannten „Gottergebenen“ (Muslime), die von Mohammed Fürsprache erhoffen, sind was die Geisteshaltung betrifft nicht anders als diejenigen Christen, die ihr „Vater unser“ beten und danach hoffen, dass Jesus sie erlösen möge.74 Diese gesellen also Jesus Gott bei. Oder sie sind sogar noch weiter von der Wahrheit entfernt, wenn sie Jesus als Gott ansehen (5: 72, 22: 8), also zu Gottes Wesen etwas beigesellen, was selbst den evangelischen Lehren widerspricht (Markus 10: 18, Lukas 18: 19). Dabei ist es ganz einfach:

 

65:3 … Wer sich auf Gott verlässt, dem genügt Er. …

39:6 Genügt Gott Seinem Diener etwa nicht? …

 

Diese sogenannten „Gottergebenen“ gehören zu jenen, die die Botschaft der Lesung nicht verstanden haben und auch nicht verstehen werden, solange sie ihren Irrtum nicht als Irrtum akzeptieren – oder anders gesagt nicht bereit sind, ihr komplettes Weltbild, ihre gesamte Identität aufzugeben, was im Endeffekt nichts anderes ist als sich Gott zu ergeben und dem Irrglauben ein Ende zu setzen, man sei bereits rechtgeleitet.

Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass die Beigeseller vom Stamme Quraisch die Gebete genauso verrichteten wie wir heute, doch sie hatten damals ihre Götzen Allat, Al-‘Uzzah, Manat und weitere Beigesellte, um für Gesundheit, Wohlstand, Fürsprache oder Kinder zu bitten. Die Beigesellung ist im Prinzip gleich geblieben, nur die Beigesellten, die Götzen sind verschieden. Anders gesagt sind nur die Namen der Beigesellten neu.

 

12:106 Die meisten unter ihnen, die an Gott glauben, gesellen Ihm (andere) bei.

 

Es ist deshalb von äußerster Bedeutsamkeit, die Wahrheit zu verinnerlichen, dass nicht nur Statuen Götzen sein können, die Gott beigesellt werden, sondern beispielsweise auch:

  • Ihre Kinder (7: 190),
  • Ihre Eltern, Geschwister, Verwandten oder Ihr Ehepartner (9: 24),
  • Ihr Geschäft bzw. Ihre Arbeit (18: 35) und
  • Ihr Ego (25: 43).

Zu glauben, dass Gott der Schöpfer der Himmel und der Erde ist, schützt einen nicht vor der Beigesellung, dem Virus des Denkens, der sich in uns einnistet und unsere Gedanken verdreht (12:106), sodass in Tat und Wahrheit unser „Gott“ das ist, was uns am meisten beschäftigt. Merken Sie sich diesen Satz:

 

Ihr Gott ist wer oder was auch immer Ihre Gedanken die meiste Zeit beschäftigt.

– Rashad Khalifa

 

Gott weist uns in der Lesung selbst an, wie wir uns davor schützen können und ich möchte dies nur kurz anschneiden, da man auch dazu ein eigenes Buch verfassen könnte: Wir müssen Gottes häufig gedenken (33:41–42), wie zum Beispiel vor dem Essen (6:121) oder wenn wir über die Zukunft reden (18:23–24) oder allgemein unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen wollen. Es ist auch nicht von ungefähr, dass wir die Kontaktgebete (ṣalāh) regelmäßig verrichten müssen, da eine ständige, bewusste, richtig aufgebaute und tief empfundene Verbindung mit Gott, also in wirklichem Kontakt zu stehen mit Gott, von den Schändlichkeiten dieser Welt abhalten wird (29:45). Das Kontaktgebet (aṣ-ṣalāh) wird neben anderen zentralen Begriffen wie Läuterung (zakāh), Gerechtigkeit (qisṭ), Debatte (ḥadsch) oder Fasten (ṣawm) mit Gottes Erlaubnis in einem zweiten Buch näher betrachtet.

 

20:14 Wahrlich, Ich bin Gott. Es ist keine Gottheit außer Mir; darum diene Mir und verrichte das Kontaktgebet zu Meinem Gedenken.

 

Gelehrten, die politisches Kalkül betreiben

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Beigesellung (Schirk) – Der Virus des Denkens

Bevor ich zur eigentlichen Anwendung unserer Auslegungsmethodik übergehe, müssen noch einige wichtige Themen angesprochen werden, damit von vornherein viele Fehler vermieden werden können. Ich werde auch in den nächsten Abschnitten die soeben vorgestellte Methodik nur teilweise anwenden, um den Rahmen dieses Buches nicht zu sprengen. Das Thema der Beigesellung (schirk) könnte man ohnehin in einem eigenen Buch behandeln.

Gelehrten, die politisches Kalkül betreiben

Dies ist ein dunkles Kapitel in Anbetracht der jetzigen Situation, wie sehr sich die „Muslime“ die an sie offenbarte Lesung zu Herzen genommen haben. Denn die Lebensordnung der Gottergebenheit (Islām) wurde durch die Mutmaßungen, Dogmen, Doktrinen und Hinzufügungen über die Jahrhunderte hinweg dermaßen verzerrt, dass es mit der Hingabe, der Gottergebenheit, den der Prophet Mohammed durch die Lesung (Koran) verkündete, nichts mehr zu tun hat. Die so genannten Religionsgelehrten haben im Namen der Religion Hunderte von Gesetzen und Verboten erfunden und somit Gottes Religion, die Gottergebenheit, durch eine verwirrende und nicht praktizierbare Religion ersetzt. Diese erfundene Religion nenne ich seit fast einem Jahrzehnt schon den Mainstream-Islām oder Menschen-Islām: Mislām. Die Religionsgelehrten haben für die Verirrung vieler Muslime gesorgt, indem sie diese Menschen glauben ließen, dass der Mislam die Gottergebenheit (Islām) darstelle. Sie haben sie hinters Licht geführt, indem sie sie im Irrtum ließen, dass das, was sie ausleben, die Lebensordung (dīn) sei, die Gott für uns vorsah. Doch die Außenstehenden seien ebenso gewarnt: Das Problem ist um einiges komplexer, als es hier angerissen wird. Ich möchte an dieser Stelle die Nichtgottergebenen dazu ermuntern, sich mit uns auf eine Reise zu begeben, mit dem Ziel, dass wir gemeinsam das Bestreben teilen, die beste verfügbare Lösung für ein gegebenes gesellschaftliches Problem zu finden (39:18, 13:11). Die Probleme sind schwierig, aber nicht unüberwindbar und erfordern von allen den nötigen gegenseitigen Respekt, damit eine gemeinsame Arbeit erst ermöglicht wird.

Es darf deshalb nicht sein, dass der Nichtgottergebene vorschnell über äußerliche Missstände urteilt und dabei das wahre Übel verkennt. Dies ist leider schon ein altes Problem. Um es mit den Worten des Orientalisten Max Horten aus dem Jahre 1916 zu sagen, der im Vorwort seiner Übersetzung „Muhammedanische Glaubenslehre – Die Katechismen des Fudali und Sanusi“ folgendes schrieb:

 

„Manche Europäer brüsten sich mit einigen Kenntnissen äußerer Formen des Islam und treten dann dem Orientalen mit dem Selbstbewusstsein gegenüber, Sinn und Geist seiner Religion verstanden zu haben. In diesem Gebaren mancher Europäer liegt eine schwere Verletzung des Ehrgefühls und des religiösen Bewusstseins des Muslim. Er, wenn er auch nur ein Halbgebildeter ist, hat ein tieferes Verständnis der Lehre (Dogmatik und Moral seiner Religion), als der oberflächlich gebildete Europäer auch nur zu begreifen imstande ist. Er empfindet, dass der Europäer von den vielfach so großzügigen Gedanken der islamischen Religion auch nicht den Schatten eines Verständnisses hat und in Ermangelung eines solchen glaubt, der Islam bestehe aus nichts anderem als kultischen Äußerlichkeiten und Ähnlichem.“

 

Herr Hortens Worte sind leider auch heute noch aktuell. In Europa ansässige Muslime leben häufig mit dem Bewusstsein, nicht verstanden worden zu sein und auch nicht verstanden werden zu wollen.

Nichtsdestotrotz ist der Zustand der sich als muslimisch bezeichnenden Welt in weiten Teilen leider katastrophal. Der Grund, wieso diese Völker in politischer, sozialer, wissenschaftlicher und ökonomischer Hinsicht derart zurückgeblieben sind, wurzelt in den polytheistischen Religionsgelehrten und den Politikern, die wissen, wie diese Gelehrten auszunutzen und einzusetzen sind. Sie haben die Religion kaltblütig und berechnend als Opium für die Massen eingesetzt und werden alles daran setzen, die Massen weiterhin unter ständigem Einsatz ihres giftigen, geistigen Opiums unter Schach zu halten. Sie werden versuchen die Gottergebenen daran zu hindern, die Offenbarung Gottes und Seine an uns übermittelte Lebensordnung wirklich zu verstehen (41:26). Denn sie wissen genau, dass die Lesung eine immense geistige Befreiung mit sich bringt und ihre künstliche Autorität für ungültig erklärt (9:31). Jene sind nämlich die menschlichen Satane, vor denen wir in der Lesung gewarnt werden (6:112). Der Begriff Gottergebenheit (Islām) stellt nämlich, anders als wir gelehrt wurden, keine besondere Bezeichnung dar, sondern ist vielmehr seit Beginn der menschlichen Geschichte das Paradigma aller Gottesergebenen. Die Lebensordnung der Gottergebenheit ist universell (3:83), bewirkt die Vereinigung der Rassen (49:13), wirkt friedensstiftend zwischen den Völkern (2:62; 2:135–136, 2:208, 30:20), spricht jedem die Gerechtigkeit zu (5:8), erfordert nebst dem Empirismus auch die möglichst objektiven Beweise (3:86; 2:111; 21:24; 74:30; 4:82) und hat ein geschütztes und mathematisch kodiertes Buch (15:9; 2:23; 74:30; 83:9,20). Darüber hinaus vertritt sie den generellen Frieden und die Realität (60:8–9), kennt keine Mittler und keinen Klerus (2:48; 9:31,34), fordert die Aufteilung der Reichtümer (59:7), zeigt keine Toleranz gegenüber produktionsloser Ökonomie (5:90; 3:130), sieht für die Bewältigung gesellschaftlicher Aufgaben die gemeinschaftliche Beratung vor (42:38), gibt dem Individuum einen großen Wert (5:32), gibt der Frau mehr Wert, als die meisten es sich eingestehen wollen (3:195; 4:124; 16:97) und will von uns, dass wir mit der Natur und der Umgebung in Harmonie leben (30:41, 42:30-31, 4:79). Von den Gelehrten verlangt die Lebensordnung der Gottergebenheit, dass diese die Irrungen und Korruptionen innerhalb der Gesellschaft aufdecken (5:63).

Allein aufgrund dieser Verse und ihrer Neuformulierung in unsere heutige Sprache sehen wir, wie verfehlt die Ansichten selbst vieler Gottergebener sind, was die Lesung betrifft. Es ist demzufolge einfach einzusehen, dass sich der Prophet Mohammed am Jüngsten Tag beklagen wird, dass seine eigenen Anhänger die Lesung, den von ihm klar übermittelten Koran verlassen haben, denn der Gesandte wird sagen: Herr, mein Volk hat gewiss diesen Koran verlassen! (25:30)

Deshalb ist es wichtig, dass wir dieses Kapitel über „Schirk“ (Beigesellung, Polytheismus) tiefgreifend verstehen, wenn wir auch nicht die Bedeutung des Wortes total ausschöpfen werden.

Die wichtigste Botschaft, die ich mitteilen will, kann in folgendem Prinzip zusammengefasst werden:

Alles oder jeder außer Gott kann zum falschen Idol, zum Götzen, zur falschen Autorität oder Gottheit werden. Dies kann ideell, geistig, physisch oder materiell ausgeprägt sein. Dann ist es aufgrund der selbstverschuldeten Achtlosigkeit, diese Idole, Götzen, Autoritäten oder Gottheiten zum Zentrum des eigenen Lebens werden zu lassen, dass man sich selbst vor der Rechtleitung Gottes ver- und ausschließt.

Gott macht uns in der Lesung unmissverständlich klar, dass mit der Beigesellung (schirk) nicht zu spaßen ist, denn:

 

4:48 Gott vergibt nicht, daß Ihm beigesellt wird, und Er vergibt, was darunter liegt, wem Er will. Und wer Gott (andere) beigesellt, hat eine gewaltige Sünde erdichtet.62

 

Die sprachliche und kontextuelle Bedeutung von Beigesellung (schirk)

Das Wort „Schirk“ (شرك) stammt von der Wurzel schīn-rā-kāf (ش ر ك) ab und hat stets mit der Grundform gesellen zu tun. Von der Bedeutung her lässt es sich gut vorstellen als eine Partnerschaft zweier vorher getrennter Dinge oder Personen. So wird das Verb scharika (شَرِكَ) als teilnehmen verstanden, sich also einer Sache anzuschließen, sich jemandem oder etwas dazugesellen. Nicht von ungefähr entspricht dann auch das Wort „Gesellschaft“ dem arabischen Wort scharika (شَرِكَة). In der Lesung werden folgende Ableitungen dieser Wurzel verwendet:

  1. Fünfmal als das Nomen schirk (شِرْك) in 31:13, 34:22, 35:14, 35:40 und 46:4: Beigesellung
  2. 40 Mal63 als das Nomen scharīk/schurakāʾ (شَرِيك – شُرَكَاء): Beigesellte(r), Partner, Teilhaber
  3. Einmal als Verb des dritten Verbstammes schārik (شَارِكْ) in 17:64: geselle bei (Imperativ)
  4. 71 Mal64 als das Verb des vierten Verbstammes aschraka (أَشْرَكَ): beigesellen
  5. 49 Mal65 als das aktive Partizip des vierten Verbstammes in männlicher oder weiblicher und in singularer oder pluraler Form als muschrik (مُشْرِك), muschrika (مُشْرِكَة), muschrikūn (مُشْرِكُونَ) und muschrikāt (مُشْرِكَٰت): Grundform „Beigesellender“ als Bezeichnung für den, der beigesellt
  6. Zweimal als das aktive Partizip des achten Verbstammes muschtarikūn (مُشْتَرِكُون) in 37:33 und 43:49: sich beigesellend

Im religiösen Sinne, also in der Bedeutung, wie das Wort in der Lesung verwendet wird, heißt dies, dass der Souveränität, Einheit und Autorität Gottes, dem Schöpfer allen Seins, etwas oder jemand beigesellt wird, sodass er/sie oder es ganz oder teilweise die Eigenschaften übernimmt, die in Wahrheit allein Gott zustehen. Dieses etwas oder dieser jemand kann bewusst oder unbewusst Gott beigesellt werden. In allen Fällen bedeutet dies, dass man Gott den Erschaffer nicht als alleinigen Gesetzgeber, alleinigen Gott oder alleinige Quelle allen Heils betrachtet. Man mag zwar durch Lippenbekenntnis Gottes Einheit bekennen, wie dies in der sogenannten Bezeugung (schahādah) geschieht, doch in Tat und Wahrheit werden Gott ein oder mehrere Teilhaber oder Partner zugesprochen. Dies betrifft jegliche Form der göttlichen Autorität, jegliche Aspekte, die laut der Lesung Gott allein zustehen, sei es nun was die Anbetungswürdigkeit oder auch die Hoffnung auf Vergebung betrifft.

Aber wieso sollte es für uns schlecht sein, wenn wir über Gott falsch denken? Welchen Schaden sollte die Beigesellung bei Gott schon anrichten können, wo Er der Absolute ist? Und wieso ist es gerade diese Form der Sünde, welche in der Lesung eine immense theologische Bedeutung erhält? Leider sind die wenigsten der Gottergebenen dieser Frage nachgegangen und wenn sie solche Fragen stellten, wurden sie zu großem Bedauern im Kindesalter im Keim erstickt durch soziale Einschüchterung oder gar durch Gewalt in den Moscheen. Es ist nun an der Zeit, dass wir als Gemeinschaft beginnen, diese zentralen Fragen erneut zu stellen mit dem Bewusstsein, dass wir nicht Gott hinterfragen, sondern versuchen besser zu verstehen, wieso das, was Gott in der Lesung offenbarte, auch wirklich gut für uns ist.

Gott hat den Gottergebenen versprochen, dass Er ihnen in jeglicher Lage beistehen und helfen wird. Er versprach den Gottergebenen, dass sie reichlich mit der Gunst und den Gaben Gottes beschenkt würden, folgten sie nur aufrichtig und getreu Seinem Wort. Dies ist nicht zuletzt auch im weltlichen Sinne zu verstehen: Folgten die Menschen, die sich „Muslime“ nennen, aufrichtig und getreu Gottes Wort in der Lesung, so wären sie nicht in der jetzigen politischen, sozialen, ökonomischen und wissenschaftlichen Situation.

 

40:51 Wahrlich, helfen werden wir unseren Gesandten und denen, die gläubig sind, im diesseitigen Leben und an dem Tage der Auferstehung.66

 

Der Schirk ist eine dermaßen tiefgreifende Angelegenheit, dass man von jeglicher göttlicher Leitung ausgeschlossen wird, wenn man sich mit diesem Virus des Denkens und Fühlens ansteckt und in diesem Zustand verbleibt, bis man wieder aus Eigeninitiative heraus die eigene Ausgangslage ändert (13:11, 5:105, 8:53). Dieser Zustand hat nicht nur zur Folge, dass man in weltlichen Angelegenheiten zurückbleibt, sondern gleichzeitig auch im Verständnis der Schrift Gottes keinen Zugang zur göttlichen Wahrheit erhält.

 

17:45–46 Und wenn du den Koran vorträgst, legen Wir zwischen dich und jene, die nicht an das Jenseits glauben, einen verborgenen Schleier; Und Wir legen Hüllen auf ihre Herzen, so daß sie ihn nicht verstehen, und in ihre Ohren Taubheit. Und wenn du im Koran deinen Herrn nennst, Ihn allein, so wenden sie ihre Rücken in Widerwillen.67

18:57 Und wer ist ungerechter als der, der an die Verse seines Herrn gemahnt wurde, sich aber von ihnen abwandte und vergaß sich seiner Sünde bewusst zu sein? Wahrlich, Wir haben Schleier über ihre Herzen gelegt, so dass sie ihn (den Qur’an) nicht begreifen, und Taubheit in ihre Ohren. Und selbst wenn du sie zum rechten Weg rufst, werden sie nie den rechten Weg einschlagen.

20:124–127 Und dem, der sich jedoch von meiner Ermahnung abkehrt, wird ein Leben in Drangsal beschieden sein, und am Tage der Auferstehung werden Wir ihn blind vor Uns führen.“ Er wird sagen: „Mein Herr, warum hast Du mich blind (vor Dich) geführt, obwohl ich sehen konnte?“ Er wird sprechen: „Es sind ja Unsere Zeichen zu dir gekommen, und du hast sie missachtet – also wirst heute nun du missachtet sein!“ Und ebenso belohnen Wir auch den, der maßlos ist und nicht an die Zeichen seines Herrn glaubt; und die Strafe des Jenseits ist wahrlich strenger und nachhaltiger.68

 

Das Wohlergehen einer Gesellschaft und auch des Individuums – geistig wie auch materiell – hängt also davon ab, ob man sich erfolgreich in weltlichen und jenseitigen Angelegenheiten von der Beigesellung fernhält. Jeder Mensch, der Gottes Wort befolgt, ob es nun bewusst oder unbewusst geschehen mag, wird in dieser Welt die Belohnung dafür erhalten, dass er Gottes Wort einhielt. Gottes Worte einzuhalten bedeutet in anderen Worten, dass abhängig davon, in welchem Lebensbereich sie im Leben umgesetzt werden, dieser Lebensbereich Gottes Segen erhält. Wir wissen auch aus der Lesung, dass sich Gottes Vorgehen niemals ändert.69 Gott wird also keinen Unterschied zwischen Ableugnern und Gläubigen in dieser Welt machen (20:127,131). Ein Ableugner wird weltlich genauso belohnt wie ein Gläubiger, wenn er Wissenschaft betreibt, er also zu denen gehört, die das Wissen schaffen. Wer wissenschaftlich aktiv ist, wird einen Vorteil haben und darüber hinaus Gottes Offenbarungen und Zeichen tiefgreifender verstehen können, welche sowohl in der Natur als auch in der Lesung vorhanden sind.70 Dies erklärt teilweise die zurzeit vorhandene materielle und wissenschaftliche Überlegenheit Europas und Amerikas.71 Solange also keine Zentren aufgebaut und gepflegt werden für mathematische, geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Institute, werden diese Länder immer zurückbleiben, mögen sie auch noch so gläubig und fromm erscheinen, weil Frömmigkeit auch bedeutet, Wissen voranzutreiben. Ohne Wissenschaft ist kein Glaube möglich.

Das verheerende Problem ist ja gerade, dass die meisten der Gottgläubigen selbst nicht wissen, dass sie der Beigesellung zum Opfer gefallen sind. Sie sind sich dessen in diesem Leben nicht bewusst, dass sie Götzendiener sind. Selbst am Jüngsten Tag werden sie überrascht sein.

 

6:22–24 Und am Tage, an dem wir sie alle versammeln werden, werden wir zu denen, die Götzen anbeten, sprechen: „Wo sind nun eure Götter, die ihr wähntet?“ Dann werden sie keine andere Ausrede haben als zu sagen: „Bei Gott, unserem Herrn, wir waren keine Götzendiener.“ Schau wie sie sich selbst belügen und das, was sie sich ausdachten, sie im Stich lässt.

12:103 Und die meisten Menschen werden nicht glauben, wenn du es auch noch so eifrig wünschst.

12:106 Und die meisten von ihnen glauben nicht an Gott, ohne dass sie Beigeseller sind.

18:103–104 Die schlimmsten sind diejenigen, die sich abwenden, und dann meinen, sie seien rechtgeleitet.72

 

Sie werden also aufgrund ihrer selbstverschuldeten Verirrung in der Beigesellung meinen, sie seien diejenigen, die die Wahrheit besitzen. Nichts kann schlimmer sein als die Verharrung im Irrglauben, man folge der Wahrheit, wo die Wahrheit ganz woanders zu finden ist. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, eine innere Haltung zu entwickeln, die andere Meinungen nicht von vorneherein als „falsch“ ansieht, weil es nicht mit dem eigenen Weltbild übereinstimmt, denn die Wahrheit ist ein Wandelgestirn und wer mürrisch auf seinem Standpunkt verharrt, von dem wird sich die Wahrheit Gottes entfernen.

 

10:39 Nein, sondern sie verleugneten das, dessen Wissen sie sich nicht aneigneten und dessen Exegese ihnen noch nicht zuteil wurde. Solcherart haben diejenigen vor ihnen geleugnet. So siehe, wie das Anschließende der Unrecht-Begehenden war.73

 

Es gehört also selbstredend zum guten Ton eines Gottergebenen, sich gegenüber jeder Meinung aufgeschlossen zu zeigen (39:18) und Geduld zu entwickeln, um keine voreilige Meinung zu bilden (10:39). Nur das, was aus Geduld und reiflicher Überlegung entsteht, kann wachsen und zu etwas Fruchtbarem gedeihen.