Reformation

«Ich habe kein Problem mit einer Frau als Vorbeterin»

[…]

«Unser Verein ist weder liberal noch konservativ. Das sind politisch konnotierte Begriffe. Wir verstehen uns als Gottergebene, was Muslime auf Arabisch heisst», sagt Adigüzel. Damit meint er: Gott zu folgen – aber Traditionen neu zu interpretieren.

[…]

Eine Anmerkung zum Text:

Den Begriff „Vorzeige-Muslim“ hat die Redaktion von SRF Kultur gewählt und trotz Korrektur-Vorschlag beibehalten. Das ist keine Umschreibung, die Kerem Adıgüzel wählen würde. Auch mit dem Ausdruck „fortschrittlicher Islam“ haben wir unsere Probleme, da wir im Prinzip einen Rückschritt machen, nämlich zurück zur Lesung, zum Koran. Der Koran selbst ist fortschrittlich, nicht unsere Lesart.

Lesen auf: SRF Kultur: Fortschrittlicher Islam – Ich habe kein Problem mit einer Frau als Vorbeterin

Foto von Katajun Amirpur

Wie der Islam neu gedacht werden kann

Foto von Katajun Amirpur

Katajun Amirpur. (Bild: Georg Lukas)

Die vielfältig interpretierte Religion des «Islam» ist in den Medien ein politisches Dauerthema. Das 2013 erschienene Buch Den Islam neu denken von Katajun Amirpur, die als erste Professorin für Islamische Theologie an der Universität Hamburg tätig war und nun in Köln arbeitet, versucht der ganzen Debatte zu mehr theologischer Tiefe aus der «Reformsicht» zu verhelfen und zeigt auf, dass die Politisierung des Koran von vielen Intellektuellen mit «neuen Ansätzen einer muslimischen Theologie» ersetzt worden sind.

Dies erreicht Amirpur, indem sie sunnitische wie auch schiitische zeitgenössische Reformdenker spannend porträtiert und ihre wichtigsten theologischen Positionen pointiert zusammenfasst. Für Nichtmuslime wird wahrscheinlich erst nach der Lektüre des Buches gänzlich verständlich, was der Untertitel des Buches meint, wenn vom «Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrechte» die Rede ist. Die Reformdenker meinen mit dem «Dschihad» das Bemühen, sich auf den aktiven Weg zu Gott zu machen und dass Demokratie, Freiheit und Frauenrechte islamisch motivierte Voraussetzungen dafür sein können.

Und Gott weiss es besser

Die Autorin zeigt gleich zu Beginn auf, dass es das Anliegen der modernen Reformtheorien ist, nicht nur eine einzige Lesart als gültig zu erklären. Dies lässt sich nicht besser darstellen als am islamischen Ausspruch «allāhu ʾaʿlam», Arabisch für «Gott weiss es besser». Denn «letztlich weiss doch nur Gott» ganz genau, was mit seinen Worten gemeint ist. Menschen versuchen lediglich aus verschiedenen Blickwinkeln der Bedeutung näher zu kommen.

Amirpur beginnt damit, dass ihrer Meinung nach der Reformislam seinen Ursprung bei al-Afghani und Raschid Rida hat, die glaubten, «der ‹reine› und ‹unverfälschte› Islam» habe «alle Antworten auf die Fragen der Moderne». Diese Haltung wurde später von Salafisten wieder aufgegriffen und politisiert.

Das Buch schwächelt zu Beginn leicht, wenn eine Persönlichkeit wie ʿAbd ar-Rāziq, der ebenso wie Rida ein Schüler Muhammad Abduhs war, als geistiger Vater des islamischen Säkularismus betrachtet werden kann und das Kalifat als schädlich ansah, im Kapitel Säkularismus und Islamismus zu kurz erwähnt wird. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Ridas Ideen politisch breitere Wirkung entfalteten, insbesondere beim Gründer der Muslimbrüder Hasan al-Bannā.

Sechs menschliche Blickwinkel

Nachdem wichtige Begriffe wie «Reformislam» oder «islamischer Feminismus» erläutert werden, durchleuchtet Amirpur sechs Persönlichkeiten näher. Sie beginnt mit Nasr Hamid Abu Zaid, der von einer «dialektischen Beziehung zwischen dem Korantext und seinen Adressaten» ausgeht. Des Öfteren wird der historische Kontext betont, den es zu berücksichtigen gelte. Dieser erhält beim anschliessenden Portrait von Fazlur Rahman am meisten Gewicht. Hier entsteht der Eindruck, dass die Autorin besonders um eine möglichst deskriptive Vorgehensweise bemüht ist und selten bis gar nicht eigene Gedanken einfliessen lässt.

Auch scheint der Ansatz des historisch-kritischen Kontexts unkritisch wiedergegeben zu werden. Denn dieser ist mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln, die meistens qualitativ schwach sind, schwer zu rekonstruieren. Deshalb bleibt die Frage offen, wie denn dieser Kontext ermittelt werden soll, wenn man sich beispielsweise auf den Gelehrten al-Wāhidī (st. 1075) beruft und höchstens zehn Prozent des Korans mit Offenbarungsanlässen (asbāb an-nuzūl), die uns den vermutlichen historischen Grund für die Verkündung eines Koranverses erklären sollen, beschrieben werden können. Solcherart Fragen bleiben glücklicherweise nur vereinzelt offen am Ende des Buches.

Zwei kluge Frauen werden näher betrachtet, Amina Wadud und Asma Barlas, die beide mit ihren theologischen Arbeiten teilweise neue Lesarten entwickelten. Zum Beispiel gelangt Asma Barlas mit ihrem «Foundationalism» zur Ansicht, dass Geschlechtergerechtigkeit im Koran verwurzelt ist. Besonders dieser Teil des Buches ist spannend, werden hier doch konkrete, theologische Ansätze für eine feminin motivierte Befreiungstheologie geliefert, wodurch Musliminnen aus patriarchalischen Strukturen vor allem koranisch begründet ausbrechen können.

Buchdeckel Den Islam neu DenkenEine Gemeinsamkeit aller sunnitischen Denkerinnen und Denker ist die kritische Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Überlieferungen, den «Hadithen», die nachträglich dem Propheten als Aussprüche zugeschrieben wurden. Hier ist man sich einig, dass man vor allem zuerst koranisch argumentieren müsse. Besonders Asma Barlas formuliert dies deutlich, da es «mehr Probleme für Frauen schafft, als dass es welche löst, wenn man die Sunna und die Hadithe heranzieht, um den Koran zu interpretieren.»

Ein Buch für Muslime wie Nichtmuslime

Nicht-arabische Menschen haben es in dieser Diskussion nicht leicht, sich Gehör zu verschaffen. Auch Abu Zaid ist sich dessen bewusst, betont aber, dass neue Ansätze gerade von Nicht-Arabern kämen. Amirpur zitiert ihn wie folgt: «Das Neue kommt von der Peripherie». Insofern sind die schiitisch-iranisch geprägten Fragestellungen, mit denen sich Abdolkarim Soroush und Mohammad Mojtahed Shabestari beschäftigten, auch allgemein bedeutsam für die muslimische Theologie. Dabei wirkt es zunächst überraschend, dass protestantische deutsche Denker wie Karl Barth oder Paul Tillich den Schiiten Shabestari in seiner Lehre, die für einen spirituellen und gegen einen «Rechtsislam» steht, beeinflussten.

Es ist Amirpur als grosses Verdienst anzurechnen, dass man durch ihr Buch die prägnant zusammengefassten Ansichten von weit mehr als sechs Denkerinnen und Denkern kennenlernen kann. Die darin vorgestellten Ideen verbreiten sich immer weiter in der islamischen Welt, weshalb es wichtig ist, diese Entwicklungen zu kennen und zu verfolgen. Denn wenn auch die Verbreitung voranzuschreiten scheint, so müssen die muslimischen wie nicht-muslimischen Gebildeten hierzulande wissen, wer unter ihnen besonders auf unsere Solidarität und Unterstützung angewiesen ist.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf saiten.ch.

Die erfundene Religion und die Koranische Religion – Kapitel 33: Ist Vielfalt die Antwort?

Was, wenn nicht die Traditionen, war die treibende Kraft hinter dem Wunsch, die Propheten wegen der selbstgefertigten Idole zu töten?

2:170 Und wenn ihnen gesagt wird: „Folgt dem, was Gott hinabsandte“, sagen sie: „Nein! Wir folgen nur dem Weg unserer Väter.“ Wenn nun aber ihre Väter nichts verstanden haben und nicht rechtgeleitet waren?

Wir verstehen vom obigen Vers, dass die Leute von der Ahnenerbschaft der Traditionen besessen waren, die sie trotz den klaren Verfügungen des Korans nicht aufgeben konnten. Der Koran sprach den Menschen an, seine Vernunft zu gebrauchen und nicht dem zu folgen, was er von seinen Vorvätern erhalten hat.

 

Propheten sind Reformisten

Die Geschichte der Religionen ist der Zusammenstoß zwischen dem Intellekt und den Traditionen. Jeder Prophet hat die Mission, radikale Veränderungen in seiner Gesellschaft zu bewirken. Er überbringt die Botschaften, die er von Gott erhält, und die Gläubigen befolgen Gottes Gebote im Lichte der Eingebung der Vernunft. Dadurch beseitigt er die Bräuche und Traditionen, die sich mit der offenbarten Botschaft widersprechen. Die Ableugner beschuldigen den Propheten des Verrats und der Untreue gegenüber den Ahnentraditionen, jegliches rationales Denken und jegliche Logik abweisend. Um eine Neuheit zu widerlegen, brauchen sie nichts außer Zerwürfnis zwischen dem, was offenbart ist, und ihren jeweiligen Praktiken. Verblendete Nachahmung der Wege der Vorväter ist das Motto dieser Leute. Noah wurde auf die folgende Weise angesprochen:

23:24 … Wir haben von unseren Vorfahren noch nie etwas derartiges gehört.

Der Prophet Hud wurde wie folgt abgefragt:

7:70 Sie sprachen: „Bist du zu uns gekommen, damit wir Gott allein verehren und den Kult unserer Väter verlassen?“

Und dem Propheten Salih wurde die folgende Frage gestellt:

11:62 Verbietest du uns denn, zu verehren, was unsere Väter verehrt haben?

Das folgende wurde dem Propheten Schuaib vorgetragen:

11:87 Sie sagten: „Schu’aib! Befiehlt dir dein Gebet, dass wir die Verehrung dessen verlassen, was unsere Väter verehrten?“

Und sie sagten zu Abraham:

26:74 Sie sagten: „Nein, aber wir fanden unsere Väter das tun (was wir tun).

Moses erhielt die folgende Antwort:

28:36 Wir haben von unseren Vorfahren nie dergleichen gehört.

Der Prophet Mohammed erhielt die folgende Bezeichnung:

34:43 „Dieser ist doch nichts anderes als ein Mann, der euch vom Weg abbringen will, wie eure Vorfahren zu verehren pflegten.“

Glorreiche Vorfahren

Der Koran sagt, dass die Wahrheit nur durch Vernunft und basisbezogen auf Gottes Buch erreicht werden kann. Die Verteidiger des traditionalistischen Islam, Gegner von dieser Koranischen These, tun ihr äußerstes, um diese Annahme auszuradieren – sie lenken die rationalen und logischen Tendenzen der naiven Leute zur Akzeptanz der sektiererischen Vorschriften ab, um sie in fest verankerte Traditionen umzuwandeln. Die Anhänger dieser Traditionen, die Gottes Offenbarung mit der menschengemachten Religion ersetzt haben, argumentieren mit der Begründung, dass die Mehrheit der Gläubigen in der Nacheiferung ihrer Ahnen gehandelt haben und dass ihre Vorväter in ihren Praktiken nicht irregegangen sein können, also müssen sie auf Grund dessen ordnungsgemäß befolgt werden.

31:20 Und doch debattiert manch einer ohne Wissen, Rechtleitung oder einleuchtendes Buch über Gott.
31:21 Wenn ihnen gesagt wird: „Folgt dem, was Gott herabgesandt hat!“ sagen sie: „Wir folgen den Wegen, auf denen wir unsere Väter fanden.“

Wir bemerken in den obigen Versen, dass die Wege unserer Vorfahren zur Zeit des Propheten der Offenbarung Gottes entgegengesetzt waren, in gänzlicher Missachtung der Koranischen Verse, welche sie mit einer endlosen Anzahl an fabrizierten Quellen zu ersetzen versuchten, die sich dem Verstand als solches widersetzen.

Verfolge nicht das, wovon du kein Wissen hast

38:29 Dies ist ein gesegnetes Buch, das Wir zu dir hinabgesandt haben, damit sie über seine Zeichen nachdenken und damit sich Menschen des Verstandes durch ihn ermahnen lassen.

17:36 Und verfolge nicht das, wovon du keine Kenntnis hast. Das Ohr, das Auge und das Herz – sie alle sollen zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Vertreter des sektiererischen und traditionellen Islam haben immerzu mit der Nutzlosigkeit und dem Nachteil von Intelligenz und Verstand in der Religion argumentiert. Ihnen entsprechend widerspricht die Vernunft der Religion. Kein Wunder, dass es so ist, da zahlreiche erfundene Absurditäten und Ungereimtheiten unmöglich der Vernunft gewachsen sein können.

Die Massen sind dazu geführt worden, einem Dilemma gegenüber zu stehen: entweder werden sie die Vernunft ablehnen und die Religion akzeptieren oder sie werden sich an ihrer Denkfähigkeit festklammern und die Religion ablehnen. Der Koran verkündet, dass der die Existenz Gottes beglaubigende Beweis durch deduktive Beweisführung erlangt werden kann. Jedoch beschränkt der Koran die Verwendung des Verstands nicht auf den Beweis der Existenz Gottes. Die Schlussfolgerung durch den Gebrauch des eigenen Verstandes zu erkennen, dass Gott existiert, ist der Nachweis, dass der Koran dem Intellekt Gewicht verleiht und, dass Gott dem Menschen die Fähigkeit verschafft, Beweise zu ermitteln, wenn er seinen Verstand einsetzt.

Vielzahl unter den Hindus

Eine in eine hinduistische Familie geborene Person wird glauben, dass eine unendliche Anzahl an Gottheiten vorhanden sind, in den Kühen ringsherum inkarniert. Es erscheint sehr natürlich für sie, genauso wie ihre Vorväter zu denken. Ein Kind, das in eine praktizierende christliche Familie hineingeboren wird, wird es nur natürlich empfinden, zu denken, dass Christus der inkarnierte Gott ist, wie es vom Katholizismus und von der Orthodoxie gepredigt wird. Der/Die traditionalistische MuslimA stehen mit Fug und Recht gegen solche Auffassungen und zitieren zum Beweis die folgenden Verse des Koran:

6:116 Wenn du der Mehrzahl derer auf Erden gehorchst, werden sie dich wegführen von Gottes Weg. Sie gehen nur Vermutungen nach und raten nur.

12:106 Und die meisten von ihnen glauben nicht an Gott, ohne (Ihm) andere Partner beizugesellen.

Wie aus diesen Versen gesehen werden kann, mag die Anpassung an die Mehrheit meistens verursachen, dass die Leute vom rechten Pfad abschweifen. Es war öfters der Fall gewesen, dass Minderheiten in ihren Beurteilungen Recht hatten. Gott hat uns nicht erlaubt, die Wahrheit durch Zuflucht bei der Mehrheit herauszufinden, sondern hat uns ermutigt, unseren Verstand zu gebrauchen. Sie können in der Art und Weise eines/einer traditionalistischen Muslims/Muslima sehen, nach welcher er/sie versucht, die von einem Hindu oder einem Christen begangenen Fehler aufzuzeigen, wie er/sie Diskurse wie die obige und durch Verweise auf diese und andere Verse liefert. Wenn traditionsgebundene Sekten, welche die richtigen Kriterien verwenden, um die Hindus und Christen zu beraten, auf den im Koran gepredigten Islam zurückberufen werden, ziehen sie es vor, Zuflucht hinter ihrem Status als Partisane der Mehrheit zu suchen, getreu ihrer historischen Vergangenheit. Nichtsdestotrotz wissen die Traditionalisten, wie diejenigen zu mahnen sind, die irregeführt wurden und Christus als den Sohn Gottes oder das Kalb als die Zuflucht der Gottheiten angenommen haben. Sie waren dieselben Leute, die hinter ihnen mit der Unterstützung der Mehrheit aufgekommen sind, um sich an ihren alten Bräuchen und Traditionen festzuklammern.

Der Wahrheit zuliebe

Individuen sind gezwungen, ihre Religion zu verteidigen und müssen nicht fürchten, verstoßen zu werden. Propheten, die in ihren Glauben feststanden und für ihre Sache litten, während sie versuchten, ihre Botschaften zu verbreiten, sind gute Beispiele. Sehr viele Leute befürchten, exkommuniziert zu werden, und ziehen es vor, sich an dem etablierten Glauben und den Traditionen festzuklammern. Wenn diese Leute den so genannten Anhängern vergleichsweise nahe stehen, umso schlimmer.

39:36 Genügt Gott für Seinen Anhänger nicht? Und doch möchten sie dich mit jenen außer Ihm in Furcht versetzen.

Die erfundene Religion und die Koranische Religion – Kapitel 3: Nicht Reform, sondern Rückkehr zum Koran

Die Primitivität, die Hässlichkeit und die Widersprüche, die im Namen des Islam gezeigt werden, machen es unverzichtbar, klarzustellen, wo wir stehen und was getan werden soll, um die Menschen, die vom wahren, im Koran beschriebenen Pfad abgekommen sind, wieder auf den rechten Weg zurückzuführen.

Mohammad Ikbal, beunruhigt über die Ansicht der Stand der Dinge, hatte folgende Bemerkung in den 1920ern gemacht:

Wenn wir dazu entschlossen sind, den Islam als ein System mit hochgestellten Werten zu beschreiben, sind wir zuallererst dazu verpflichtet, anzuerkennen, das wir nicht die echten Repräsentanten des Islam sind.

 

Muhammad Abduh hatte die gleiche Wahrheit vor ihm mit den folgenden Worten ausgedrückt:

Wenn das Wort ‚Islam‘ in den Köpfen mit Problemen, Dilemmas und Widersprüchen verbunden wird, so liegt dies nicht am Islam selber, sondern an den Muslimen. Solange die Bücher, die an der Al-Azhar gelehrt werden, und ähnliche Publizierungen Autorität ausüben, sehe ich keine Zukunft für diese Gemeinschaft. Der Lebenshauch, der erforderlich ist, um die Öffentlichkeit wachzurütteln, wohnt bereits dem Koran inne. Alles, was außerhalb des Korans verbleibt, ist nichts anderes als eine Behinderung, die das Verstehen und Erfahren des Koran verhindert.

 

Der berühmte, türkische Poet Mehmet Akif Ersoy hatte folgendes über die Notlage des Islam, der von den Interpretern in totaler Missachtung der Koranischen Vorschriften korrumpiert wurde, zu sagen:

Wenn es der Koran ist, das mit dem Wort ‚Islam‘ verstanden wird, so müssen wir in einer Position sein, um anzuerkennen, dass es nichts so etwas wie den Islam gibt, da der Koran in den Himmel zurückbefordert wurde und der Islam auf der Erde heutzutage jeglichen Kontakt damit verloren hat.

 

Ein amerikanischer Professor arabischer Abstammung, Ismail Faruki, interpretiert die Situation wie folgt:

Der Islam wird weder durch die Lebensweise und das Verhalten der Muslime repräsentiert, noch durch irgendeinen Zeitraum in der Geschichte des Islam, noch durch ein geschriebenes Buch über den Islam. Islam ist der Koran.

 

Dies ist keine populistische Bewegung

Die Mehrheit der Öffentlichkeit, unter denen die Anzahl der Denker beträchtlich ist, wollen den Islam in seiner ursprünglichen Tracht und von seinem heutigen korrumpierten Zustand befreit sehen. Dies ist keine populistische Bewegung. In anderen Worten wird hier nichts behauptet, nur um den Islam in den Augen der großen Massen attraktiv zu gestalten. Der Ursprung davon liegt in den Widersprüchen zwischen dem Koran, der einzigen Quelle des Islam, und den eigentlichen Praktiken, die durch die Jahre hindurch entwickelt wurden. Das Ziel ist es nicht, den Islam in einer neuen Form zu gestalten, die der allgemeinen Öffentlichkeit attraktiv erscheinen soll, sondern den wahren Islam wie er von Gott offenbart wurde, wieder einzusetzen. Die im Koran vorgelegene Religion ist für die Menschheit in der Tat befriedigender, in der Liebe und Toleranz einen größeren Anteil haben. Dies ist der Grund, wieso der Islam generell geschätzt wird. Das Hauptziel ist es nicht, der Öffentlichkeit zu gefallen, sondern es ist eine der Konsequenzen.

Eine Bewegung, deren Ausgangspunkt das bloße Ansehen der breiten Masse ist, wäre dazu geneigt, die religiösen Praktiken umzugestalten, damit sie ihnen attraktiv erscheint und in dieser Gestaltung würden kulturelle Züge und politische Strukturen teilhaben. Die Renaissance und die Reformbewegung im Erwachen der Französischen Revolution können als Beispiele genannt werden. Was auch immer subjektiv – menschlich – ist, kann nicht als Religion definiert werden.

 

Es gab eine Zeit, in der keine Sekten existierten

Zu Lebzeiten des Propheten und der Vier Kalifen gab es keine weitere, religiöse Quelle als den Koran (siehe Kapitel 11). Es gab keine Mitglieder bestimmter Sekten. Sie praktizierten, was der Koran ihnen vorschrieb und waren dort gemäß ihren eigenen Abschätzungen, Bräuchen und Konventionen frei, wenn keine Vorschrift im Koran zu finden war. Keine Meinungen wurden erzählt im Namen von Schulen wie Sunniten, Hanafi, Schafi, Schiiten, Alawi oder Dschafari. Sie nannten sich einfach Muslime. Und dies genügte ihnen. Sogar die Ungebildetsten der Beduine zu Lebzeiten des Propheten praktizierten den Islam gemäß ihren eigenen Interpretationen und waren Muslime. Das ist, was wir heute beabsichtigen: einfach ein Muslim zu sein, ohne einer bestimmten Sekte angehören zu müssen und nach den Diktaten des Korans zu leben, die sich nie ändern und die keine Widersprüche enthalten und logisch und rational sind, so wie Gott sie festlegte. Ein Gott, eine Religion und ein Buch wird die Verwirrung aufklären, an der die Massen im Moment leiden. Das Ziel ist es, ausschließlich dem Koran anzuhängen und die Anerkennung aller anderen Quellen als Quelle des Islam abzulehnen. Den Spielraum zu interpretieren, den der Koran in einem bestimmten Rahmen festlegt, ist nicht unser Ziel. Wenn wir jedoch den freien Handlungsraum, über den der Koran abgeneigt ist, als eine Stelle erfassen, wo wir unseren eigenen Entscheidungen überlassen sind, so können wir den echten Weg finden und die Fehler, die wir im Namen der Religion getan haben, korrigieren. Die Korrumpierungen wurden hauptsächlich in Themen gemacht, in denen der Koran keine ausdrückliche Vorschriften angibt (siehe Kapitel 39).

Wenn wir dies erkennen, müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass es Gottes Wille ist. Dies könnte durch die formulierten Ansichten aus Kapitel 2 unseres Buches über die Exklusivität des Koran festgestellt werden. Wir werden weitere Verse über die Selbstgenügsamkeit des Koran zitieren, um unsere Behauptung zu untermauern. Wir sollten sogleich die Tatsache ins Bewusstsein rufen, dass das, was dem Islam bis jetzt zugeschrieben wurde, eine Mischung aus islamfremden Elementen gewesen ist, ein Gemisch aus Ahadith und Traditionen und persönlichen Meinungen, die schließlich die Tracht der Religion übernommen hatten, in der Wahrheiten und Falschheiten unzertrennlich vermischt wurden. Wären die Ahadith eine Quelle des Islam so wie der Koran, so würde daraus folgen, dass er hoffnungslos verschmutzt wurde. Klarzustellen, dass die dem Propheten zugeschriebenen Aussprüche nicht eine Religionsquelle bilden können, würde sowohl den Islam als auch den Propheten von irrelevanten Autorisationen befreien. Wir werden in den kommenden Seiten sehen, dass die Ahadith in vielen Fällen mit dem Koran in Konflikt stehen, selbst-widersprüchlich und unlogisch sind und dass sie einen ergänzenden Charakter besitzen. Wenn Sie erkennen, dass der Prophet selbst und die Vier Kalifen nicht sehen wollten, wie Ahadith niedergeschrieben wurden (siehe Kapitel 4, 10 und 11), dann werden Sie ein weiteres Mal die hintergründige Argumentation begreifen, und den Weg aufklären, der zum Koran führt.

 

Lasst uns den Islam vom Monopol der idolisierten Herren befreien

Nachdem der Islam von fremden Elementen gesäubert und der einzigen Exklusivität des Koran anvertraut wurde, müssen wir den Islam von der Dominanz der unantastbaren „Herren“ befreien. Sofern dies nicht erreicht wurde, können wir nicht eine Wiederannäherung zwischen Sunniten, Alewiten, Schiiten und Hanafi, Schafi oder den Dschafari erwarten. (Wir müssen klarstellen, dass wir Sunniten in dem Sinne sind, dass wir an den Propheten glauben und Schiiten und Alewiten in dem Sinne, dass wir Ali, den Schwiegersohn des Propheten, lieben. Doch wir sind nicht in Sorge über die linguistischen Bedeutungen dieser, sondern mit den soziologischen Bedeutungen, die sie durch die Geschichte hindurch angenommen haben, und den strukturellen Gebilden, die sich ergeben haben, voll mit Elementen, die dem Koran fremd sind.)

 

33:67 Sie werden sagen: „Unser Herr! Wir haben unseren Führern und Ältesten gehorcht, und da führten sie uns vom Weg ab.“

 

Die Anhänger des Sunnitenzweiges im Islam müssen davon ablassen, Abu Hanifa, Imam Schafi, Imam Maliki und Imam Hanbali zu verehren. Sie müssen mit solchen Aussagen wie „Abu Hanifa war ein großer Mann; so groß, dass er Gott in seinem Traum 99 Mal gesehen hat“ aufhören. Zusammen mit den oben erwähnten Imame muss der Weg, der zur Wahrheit des Koran führt, von den traditionalistischen Bukhary, Muslim, Tirmidhi, Abu Dawud etc. befreit werden. Die Schiiten müssen damit aufhören, zu erklären: „Unsere Imame sind schuldlos, sie können sich nie irren“ und sich von Eigenschaften trennen, die dem Propheten und dem Koran übertragen werden können. Sie müssen vom Glauben ablassen, dass eine weitere Quelle außerhalb des Koran und ein weiterer religiöser Führer als der Prophet existiert. Sie sollten wissen, dass ein Nachkomme des Propheten nicht automatisch Heiligkeit besitzt. Dass Abrahams Vater und die Frau Lots vom geraden Weg abgekommen sind, wird im Koran erwähnt. Wenn wir in Betracht ziehen, dass jemand, der mit dem Propheten nahe verwandt ist, sogar zu Lebzeiten des Propheten verdammt wird, so ist es unbegreiflich, Überlegenheit einem entfernten Verwandten zuzuschreiben, und dadurch zu vergessen, dass das von Gott gesandte Buch als eine Führung, eine Göttliche Gunst und Barmherzigkeit anzusehen ist (16:89). Wir müssen bemerken, dass es etwas gibt, das Sekten auszeichnet: Die Fähigkeit, die Fehler der Anderen zu sehen. Beispielsweise erheben die Sunniten berechtigterweise Kritik über den blinden Gehorsam der Schiiten gegenüber ihren Imame, während sie ihre eigenen Imame Hanafi, Schafi, Hanbali und Maliki für tadellos erklären und vergessen, dass sie eher durch deren Instruktionen leben, statt durch die Vorgaben des Koran. Während sie eine bindende Pflicht der Religion gemäß einer gegebenen Sekte ausführen, so stellt sich sehr oft heraus, dass der eben ausgeführte Akt gemäß einer anderen Sekte ungesetzlich ist. Doch die von Gott gesandte Religion ist ein und einzig. Das sich aus all diesen Sekten abzeichnende Ergebnis ist Pluralität der Konzepte und Praktiken (siehe Kapitel 14 über Sekten). Das Auge, das geschickt die Idolisierung der Imame erkennt, wird bei einer ähnlichen Praxis aber blind; das Auge scheint unfähig zu sein, sich selber zu sehen. Während es die Anderen des Unverständnisses beschuldigt, schmückt es sich als die einzig akzeptierte Konfession. Wenn Sie den Aussagen bestimmter Individuen folgen, was macht Sie dann von ihren Geschwistern unterschiedlich? Die Person, die wir verehren, ist die weiseste Person und die Anderen sind nur Sektierer? Was ist das exakte Kriterium, mit dem diese Leute klassifiziert werden können? Hätten sie den Koran als die einzige Autorität akzeptiert, hätten sie keine weiteren Führungen gesucht. Ihre Kontroversen lassen sie diese Wahrheit vergessen.

 

Religiosität & atheistischer Fanatismus

Der Koran, die rezitierte Offenbarung, enthält alle Botschaften, die unser Schöpfer uns im Namen der Religion übermitteln will. Es ist Gottes Offenbarung, die jegliche Eventualitäten miteinbezieht. Veränderungen treten im Leben auf, dies ist unbestreitbar; aber fähig zu sein, für jede Möglichkeit zu sorgen, ist ein in der Struktur der Gottes Offenbarung innewohnendes Wunder. Diese Tatsache verhindert die Nötigkeit einer Reform. Es gibt jedoch zwei Gemeinschaften, die ihre Berechtigungen von der vorherrschenden Pseudo-Religion ableiten: die fanatischen Atheisten und die strammen Verteidiger von verdorbenen Praktiken falsch benannter Religionen. Während die Letzteren strikt die eben erwähnten verdorbenen Praktiken ausleben, versuchen die Ersteren alles mögliche, um die Letzteren vom Pfad des Heils abzubringen, in dem versucht wird, die vorherrschenden Praktiken als falsche Begründungen zu kritisieren. Andererseits umklammern die religiösen Fanatiker ihre falschen Überzeugungen nur noch fester, und verdammen diejenigen, die außerhalb ihrer Weltvorstellung leben, als Brennholz für das Höllenfeuer. Obwohl sich ihre Praktiken unterscheiden, bestehen beide Systeme auf dem gleichen Kapital fort. Dies sind die zwei Hauptgemeinschaften, die abgeneigt sind, zum Koran zurückzukehren. Der Ungläubige, von seinen Möglichkeiten beraubt, die es ihm als Mittel erlaubten die Religion zu attackieren, wird nirgends hingelangen. Die religiösen Fanatiker werden wütend darüber sein, von ihrem konventionellen Drum und Dran losgerissen zu werden, und werden in den Mechanismen der Exkommunikation und Hass Zuflucht nehmen. Wir sollten nicht über die Tatsache überrascht sein, dass die Exkommunizierenden Universitätsprofessoren sind; dass die Sekten und Orden große Massen von Unterstützern finden und dass diese Ideologien ihr so genanntes intellektuelles Medium haben. Wir haben vom Koran gelernt, dass, wenn eine neue Idee auftaucht, der Einwand zuallererst von den prominenten Persönlichkeiten der etablierten Ordnungen erhoben wird. Die Professoren, die strammen Verteidiger konservativer Praktiken, die Scheichs, die ihre Ordnungen im etablierten System aufgebaut haben, werden in der vordersten Front derjenigen sein, die den Islam aus dem Koran attackieren, aus Angst, ihre Autorität und ihr Charisma zu verlieren, die sie durch viele Jahre hindurch aufgebaut haben. Wenn wir uns daran erinnern, dass diejenigen, die nach dem Leben Jesus Christus trachteten, prominente Rabbis waren, so sollen wir nicht über die Tatsache verwirrt sein, dass diejenigen, die gegen den Islam des Korans argumentieren, die selbst ernannten, religiösen Persönlichkeiten sind. Der schlimmste Feind der Religion ist der Ausbeuter der Religion. Die Mehrheit der Muslime können dies in der Inquisition illustriert sehen, die Menschen im Akt der Konfession exkommunizierte. Dasselbe Auge, das dies sieht, wird blind über sein eigenes Fehlverhalten in der Erfindung einer neuen Religion, die es beabsichtigt, diejenige aus dem Koran zu ersetzen. Der Islam unterlag ebenfalls dem grausamen Umgang wie bereits auch während des vom Christlichen Klerus eingeführten Krieges, im Versuch, die Religion zu monopolisieren. So wie die ‚Wunder‘ der Heiligen und Klerikern legendär geworden sind, so wurden auch die Heiligkeitsmacht und die angebliche Vision Gottes in den Träumen der Scheichs und Imame zu Erfordernissen ihres Glaubens.

Es hängt von uns ab, dass wir zum Koran zurückkehren und es vermeiden, durch die persönlichen Ansichten der arabisch-umayyadischen Souveränität korrupt zu werden. Dadurch wird ein neuer Zusammenhang zwischen dem Menschen und der entfremdeten Religion vom Menschen entstehen. Die Lösung ist nicht eine Reform, sondern die Ablehnung von dem, was dem Koran fremd ist. Diese Bewegung ist auch kein Versuch, die Sekten wiederzuvereinigen. Die Wiedervereinigung von gefälschten Ideologien wäre sowieso absurd. Die Religion ist einzigartig und alle anderen Hinzufügungen sind irrelevant. Der Koran, der die Sekten überragt, muss als die einzige und einzelne Quelle wiedereingeführt werden. Die Umayyaden und Abbasiden versuchten dem Islam Reformen aufzuzwingen, in dem sie Eigenschaften wie Hanafi und Schafi zu ihren Konzeptionen des Islam erklärten, in dem sie das von Gott erhaltene zu menschlichem Werk umformten. Die Sache, die heute getan werden sollte, ist nicht die Religion Gottes zu reformieren, sondern die Pseudo-Religionen zu reformieren; in anderen Worten eine Restrukturierung. Dies bedeutet zur Essenz zurückzukehren und nicht eine Reformation.