Koranlesen

«Ich habe kein Problem mit einer Frau als Vorbeterin»

[…]

«Unser Verein ist weder liberal noch konservativ. Das sind politisch konnotierte Begriffe. Wir verstehen uns als Gottergebene, was Muslime auf Arabisch heisst», sagt Adigüzel. Damit meint er: Gott zu folgen – aber Traditionen neu zu interpretieren.

[…]

Eine Anmerkung zum Text:

Den Begriff „Vorzeige-Muslim“ hat die Redaktion von SRF Kultur gewählt und trotz Korrektur-Vorschlag beibehalten. Das ist keine Umschreibung, die Kerem Adıgüzel wählen würde. Auch mit dem Ausdruck „fortschrittlicher Islam“ haben wir unsere Probleme, da wir im Prinzip einen Rückschritt machen, nämlich zurück zur Lesung, zum Koran. Der Koran selbst ist fortschrittlich, nicht unsere Lesart.

Lesen auf: SRF Kultur: Fortschrittlicher Islam – Ich habe kein Problem mit einer Frau als Vorbeterin

Sura Yasin für die Toten und das Koranlesen als Sport

Ich suche Zuflucht bei meinem Herrn vor dem verworfenen Teufel,
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen,

Die Sura Yasin ist die 36. im Koran. Bei unseren Koranlesungen wurde ich einmal von einer türkischen Schwester gefragt, woher dass es komme, dass ihrer Erfahrung nach besonders Sura Yasin dermaßen oft rezitiert wird und auch wieso sie ebenso für die Toten rezitiert wird bei Begräbnissen und dergleichen. Die Antwort ist einfach: aus den zweifelhaften Quellen der Ahadith entspringt die abergläubische Vorstellung, dass das bloße Rezitieren gewisser Suren Heil, Glück, gar Gesundheit oder Reichtum bringe. Ahadith über den Thronvers (ayatul kursi) bis hin zu den Ahadith über die sogenannten Schutzsuren verstärken den Aberglauben der blinden Folger dieser Ahadith. In dieser Arbeit sollen einige recht abenteuerliche Ahadith aufgezeigt werden, deren Authentizität von den Hadith-Anhängern angenommen wird, deren Inhalte jedoch bar jeglicher koranischer wie auch vernünftiger Grundlage sind.

Es ist mittlerweile dermaßen zur Gewohnheit geworden, blind und ohne Verständnis Koranpassagen auf Arabisch nachzuplappern, dass Bücher, die Duas (Bittgebete) enthalten einen erstaunlichen Absatz finden. Ein Beispiel sei hier erwähnt: Dalaa’il al-Khayraat, welches dermaßen schluderig ist, weil es viele schwache (da’if) und erfundene Ahadith beinhaltet, dass bereits sunnitische Gelehrte gegen dieses Buch vorgehen. Bücher wie diese sagen dem frommen Muslim, welche Suren und Duas er zu sagen habe nach diesem oder jenem Gebet. Das Aufsagen von Duas wurde regelrecht zum Sport. Und es gibt auch bereits Apps auf dem App-Markt, die einen Zähler anbieten, um auch ja nicht zu vergessen, wie oft man bereits diese oder jene Dua rezitiert hat – ohne sie zu verstehen, weil sie ja auf Arabisch rezitiert werden muss! Der Teufel hat wahrlich eine gute Arbeit geleistet, Millionen von Muslimen von den Inhalten des Koran zu entfernen und sie angeleitet zu blinden, naiven Schafen zu werden, die diesen Büchern alles glauben und wie eine Zählmaschine Inhalte sinnlos von sich geben. Das Koranlesen ist zum Sport mutiert. So überrascht es auch nicht, dass es Koranmeisterschafen gibt, bei der auf die schönste Art und Weise der Koranrezitation Acht gegeben wird! Sehr selten verstehen die Rezitatoren, was sie da von sich geben.

Jedoch bleibt es nicht nur beim Sport, sondern haben berühmte Suren auch schon unterschiedliche Namen erhalten. Die wohl bekanntesten fünf möchte ich hier nennen:

Bekannte Dua-Suren:

  1. Sura ALHAMDU
  2. Sura INNAFATAHNA
  3. Sura ALLAHUS SAMAD
  4. Sura AMMA YATAS’ALUN
  5. Ayat Karimah („Lailaha illa anta Subhanaka inna Kunto minazzalimeen“)

Originalname:

  1. Al-Fâtihah (die Eröffnende), erste Sura des Koran
  2. Al-Fath (der Sieg), Sura 48 im Koran
  3. Al-Ikhlaas (die Reinheit), Sura 112 im Koran
  4. Al-Naba’ (die Ankündigung), Sura 78 im Koran
  5. Sura 21 (die Propheten), Vers 87

Es gibt noch zahlreiche weitere Umbenennungen, welche meist einfach den ersten Vers der jeweiligen Sura als Namen übernehmen.

 

Beispiele zum Aberglauben aus den Ahadith

Oder: So viel Gutes für so wenig tun

Es wird geglaubt, dass der Vers „Qul huwa Allahu ahad“ (Sage: Gott ist Einer.) aus Sura 112 bereits für sich einem Drittel des Koran gleiche (Al-Bukhary, 4627; Al-Musnad, 10965; Hasan, Al-Tirmidhi 2896; Hasan Sahih, Al-Tirmidhi 2899). Aber nicht nur dieser eine Vers ist ein Drittel des Koran, sondern auch „Allahu ahad, as-samad“ zu sagen würde einem koranischen Drittel gleichkommen (Al-Bukhary, 4628). Hierbei gibt es auch Differenzen des Verständnisses, denn die Gelehrten können sich nicht einigen, ob dieser Hadith die gesamte Sura 112 meine, die ein Drittel des Koran sei, oder ob wirklich nur dieser Ausspruch einem koranischen Drittel entspräche. Welche Tragödie! Es gibt auch andere Verse, die laut Ahadith an sich bereits besser als 1000 Verse seien. Es ist ein Wahnsinn zu erkennen in diesen Büchern, wobei einzelne Verse aus dem Buche Gottes herausgenommen und in einen Wettbewerb gesteckt werden, welcher nun eine größere Anzahl an Versen übertrumpfe! Dies ist alles ein Zeichen davon, dass man dem Irrglauben folgt, dass das bloße Rezitieren des Koran bereits eine gute Tat darstelle. Durch die Ahadith will man es sich natürlich leichter machen, den ganzen Koran zu rezitieren wäre ja doch zu anstrengend! Vom Verstehen reden wir noch gar nicht einmal.

In Al-Bukhary 4630 steht, dass der Prophet gepflegt haben soll beim Zubettgehen in seine Hände zu blasen und die letzten drei Suren des Koran zu rezitieren, um danach mit seinen Händen seinen ganzen Körper abzuwischen. Dies würde er insgesamt dreimal verrichten. Insbesondere das in die Hände blasen ist in weiten Teilen der Türkei bei älteren Generationen verbreitet. Sie glauben innigst daran, dass damit schlechte Einflüsse „weggeblasen“ werden!

Abu Huraira, der bekannt ist für die zahlreichen irrsinnigen und abergläubischen Ahadith und der von Umar geschlagen wurde, weil er Lügen verbreitete, genießt trotz alledem Ansehen bei den meisten sunnitischen Gelehrten, die blind die Gelehrten aus dem achten und neunten Jahrhundert nachmachen. Denn dieser überlieferte, dass der Prophet einem Mann das Paradies zusprach (als ob er stellvertretend für Gott entscheiden könne!), allein weil er die Sura 112 rezitierte!

Abu Huraira berichtete, dass der Prophet einen Mann Qul huwa Allahu ahad rezitieren hörte und sagte: „Es ist sein Recht.“ Sie fragten: „O Gesandter Gottes, was ist sein Recht?“ Er sagte: „Paradies ist sein Recht.“ – Berichtet durch Ahmad, 7669

Wer diese Sura 112 insgesamt zehn Mal rezitiere, so würde Gott dieser Person ein Haus im Paradies bauen (siehe Sahih al-Jaami’ al-Sagheer, 6472)!

Zur „Ayat Karimah“ gibt es natürlich auch eigene Überlieferungen, die besagen, dass Gott dem Betenden, der diesen Vers rezitiert, auf jeden Fall antwortete (Al-Tirmidhi, 3427 und Sahih al-Jaami’, 3383). In einer anderen Überlieferung wird der Inhalt des Verses aus seinem Kontext gelöst und ihm wird gar garantierte, Stress reduzierende Wirkung nachgesagt. (Al-Haakim; Sahih al-Jaami’, 2605).

Allahs Gesandter habe gesagt: „Steigert Freitags tagsüber und in der Nacht die Anzahl von Salawât auf mich. Wer das tut, für den werde ich Zeuge und Fürsprecher am Tage der Auferstehung sein.“ – Anas und Bayhaqi; aus Mukhtaar al-Ahadith an-Nabawiyya, S. 27 von Ahmad Al-Hâschimî

In diesem jeglicher Vernunft beraubten Hadith gibt es gleich zwei grobe und einen kleineren Fehler. Erstens wird die Mythologie der Fürsprache als ein Teil der Religion vermittelt. Zweitens gründen diese sogenannten „Salawat“ auf keinerlei koranischer Basis. Siehe hierzu: Koran, Hadith und Islam. Drittens widerspricht es der Vernunft. Wie sollte Mohammed, der verstorben ist und uns nun weder hören noch sehen kann, keinerlei Möglichkeit hat uns zu schaden oder uns zu nützen, am Jüngsten Tag wissen, wer diesen Hadith überhaupt befolgt hat? Der einzige Allwissende ist Gott der Schöpfer. Vielmehr ist doch im Koran zu sehen, dass der Prophet erst am Jüngsten Tag bemerken wird aufgrund der Urteile Gottes, dass sein Volk den Koran verlassen hat:

25:30 Und der Gesandte wird sprechen: „O mein Herr, mein Volk hat wirklich diesen Koran verlassen!“

Wir sollten uns nicht auf die Hilfe vergänglicher Menschen verlassen, auch nicht auf die der Propheten. Denn im Koran steht geschrieben:

9:80 Bitte um Vergebung für sie, oder bitte nicht um Vergebung für sie. Wenn du auch siebzigmal um Vergebung für sie bittest, Gott wird ihnen niemals vergeben.

28:56 Du kannst nicht rechtleiten, wen du gern möchtest. Gott ist es, der rechtleitet, wen Er will. Er weiß besser, wer der Rechtleitung folgt.

Hiermit wird wieder einmal klar und deutlich, wie sehr die Ahadith dem Koran widersprechen können. Dies auch dann, wenn sie in erster Linie dem Koran nicht zu widersprechen scheinen. Aus diesem Grund ist es ratsam, sich von den Ahadith fern zu halten. Denn selbst wenn sie von den Gelehrten als „sahih“, also authentisch eingestuft werden, widersprechen sie oft dem Koran. Und der Prophet würde nie etwas gegen Gottes Buch predigen, weshalb er von diesen Aussprüchen losgesagt werden muss. Den Namen des Propheten nicht mehr mit diesen Ahadith in Verbindung zu bringen, ist ein Akt der wertschätzenden und achtsamen Liebe ihm gegenüber. Denn die Ahadith sind eine Quelle der Zweifel und eine Religion kann nicht auf Zweifel gestützt werden.

Es gibt noch zahlreiche weitere Ahadith, die diesen und ähnlichen Irrsinn und Aberglauben verbreiten. So ist das Lesen der letzten zehn Verse Sura Al-Kahf (18. Sura), wohlgemerkt nicht die gesamte Sura, plötzlich wie ein Schutzamulett gegen den Antichristen (berichtet durch Al-Tabarânî in „Al-Mu´dscham Al-Ausat“, von Al-Albânî in „Al-Dschâmi´“ als authentisch befunden; siehe auch Muslim 1766). Je nach Hadith sind es aber plötzlich nur die ersten drei Verse dieser Sura, deren Rezitation vor der Versuchung des Antichristen bewahre (durch Abu Darda überliefert, Hasan Sahih, Al-Tirmidhi 2886).

Es sei nur am Rande erwähnt, dass die Idee des Antichristen im Koran nirgends vorkommt und eine Erfindung der Hadith-Literatur darstellt. Bei genauerem Hinsehen wird es auch klar, dass ehemalige christliche Konvertite die Idee des rückkehrenden Jesus in den Islam eingeführt haben, weil sie von ihren alten Vorstellungen schwer loslassen konnten.

Bezüglich derselben Sura meinen Al-Baihaqy (3/249) und Al-Hâkim (2/399), die natürlich durch Al-Albânî (Sahih al-Dschami‘, 6470) ebenfalls als authentisch eingestuft wurden, dass bloßes Lesen der Sura Al-Kahf an einem Freitag einen Menschen bis zum nächsten Freitag erleuchtete! So ist bei jungen und älteren Muslimen zu sehen, die ihren Verstand ausgeschaltet haben, dass sie möglichst schnell diese Sura lesen wollen.

Mit all diesem Aberglauben wird das Koranlesen zum Sport, im Wettrennen danach, wer welche Sura am meisten gelesen hat, weil er damit irgendwelche Punkte sammeln könnte (sogenannte Hasanât), die ihm am Jüngsten Tag gutgeschrieben würden. In gewissen Kreisen erhofft man sich gar Reichtum durch alleiniges Lesen der Sura Al-Wâqi’a in einer Nacht, um niemals von Armut getroffen zu werden – der Aberglauben ist dermaßen gefestigt, dass sie auch als Sura des Reichtums bekannt ist! (Siehe Ibn Asakir und Ibn Sunni 620)

Mögen wir Zuflucht bei Gott suchen vor solch unsinnigem Aberglauben, der vom Teufel kommt!

Englische Übersetzung der Ahadith

From Qutaadah ibn al-Nu’maan (may Allaah be pleased with him) who said that a man stayed up to worship Allaah at the time of the Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) just before dawn and recited “Qul huwa Allaahu ahad,” but did not recite anything else. In the morning, the man came to the Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) and told him about this, thinking that perhaps he was not doing enough. The Messenger of Allaah (peace and blessings of Allaah be upon him) said: “By the One in Whose hand is my soul, it is equivalent to one-third of the Qur’aan.” (al-Bukhaari, 4627).

Ahmad reported from Abu Sa’eed al-Khudri that a man said, “O Messenger of Allaah, I have a neighbour who prays at night and he only ever recites ‘Qul huwa Allaahu ahad’” – as if he did not think much of this. The Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) said: “By the One in Whose hand is my soul, it is equivalent to one-third of the Qur’aan.” (al-Musnad, 10965)

Abu Sa’eed al-Khudri (may Allaah be pleased with him) said: “The Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) said to his Companions: ‘Could any one of you not recite one third of the Qur’aan in one night?’ They found the idea too difficult, and said, ‘Who among us could do that, O Messenger of Allaah?’ He said, ‘Allaahu’l-ahad, al- samad [i.e., Soorat al-Ikhlaas] is one third of the Qur’aan.’” (Reported by al-Bukhaari, 4628)

‘Aa’ishah reported that when the Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) went to bed, he would cup his hands together, blow into them and recite into them Qul huwa Allaahu ahad [Soorat al-Ikhlaas], Qul a’oodhu bi Rabbi’l-falaq [Soorat al-Falaq] and Qul a’oodhu bi Rabbi’l-naas [Soorat al-Naas] (these are the last 3 soorahs of the Qur’aan – Translator). Then he would wipe as much of his body as he could with his hands, starting with his head and face, and the front of his body. He would do this three times. (Reported by al-Bukhaari, 4630)

Abu Hurayrah reported that the Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) heard a man reciting Qul huwa Allaahu ahad, and said, “It is his right.’ They asked, ‘O Messenger of Allaah, what is his right?’ He said, ‘Paradise is his right.’ (Reported by Imaam Ahmad, 7669)

The Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) said: “Whoever recites Qul huwa Allaahu ahad ten times, Allaah will build for him a house in Paradise.” (Saheeh al-Jaami’ al-Sagheer, 6472).

Sa’d said: “The Messenger of Allaah (peace and blessings of Allaah be upon him) said: ‘The call of Dhoo’l-Noon [Yoonus/Jonah], which he recited when he was in the belly of the fish, ‘La ilaaha illa anta subhaanaka innee kuntu min al-zaalimeen. There is no Muslim who recites this in any situation, but Allaah will respond to him.” (Reported by al-Tirmidhi, 3427, and classed as saheeh in Saheeh al-Jaami’, 3383).

The Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) said: “Shall I not tell you of something which, if some of the misery and distress of this world befalls a man and he recites it, he will be relieved of his stress. It is the du’aa’ of Dhoo’l-Noon: ‘La ilaaha illa anta subhaanaka innee kuntu min al-zaalimeen.’” (Reported by al-Haakim; Saheeh al-Jaami’, 2605).

‘Irbaadh bin Saariyah (R.A.) narrates that the Prophet (S.A.W.) used to recite the Musabbihaat, i.e. Surah Hadeed, Surah Hashar, Surah Saff, Surah Jumu’ah and Surah Taghaabun before sleeping and he stated that: “Indeed amongst them is a verse that is more virtuous than a thousand verses. (Abu Dawood, Vol. 2, Page 333, Tirmidhi, Vol. 2, Page 178) The verse referred to in the above Hadith is “Huwal Awwalu wal Aakhiru waz Zaahiru wal Baatinu wa Huwa bi kulli Shayin ‘Aleem. (Tafseerul Qur’anil ‘Azeem, Vol. 4, Page 385)

Stichwortartig möchte ich hier noch weiteren Aberglauben anführen, ohne diese weiter zu kommentieren. Ziel ist, dass die Muslime wissen, woher diese oder jene Praxis herkommt, damit man weiß, dass solch ein Aberglaube rein gar nichts mit der auf Vernunft und Hingabe basierten Religion Gottes zu tun hat.

Abu Huraira überlieferte, dass Satan nicht in ein Haus trete, wo die zweite Sura des Koran, „die Kuh“ genannt, rezitiert werde. (Hassan Sahih, Al-Tirmidhi 2877)

Wer morgens die ersten drei Verse von Ha-mim, al-Mumin sowie den Thronvers (2:255) rezitiere, wäre dadurch bis zum Abend geschützt und wer sie abends rezitiert, natürlich bis zum Morgen geschützt. (Gharib, Al-Tirmidhi 2879)

Abu Huraira überlieferte, dass wer nachts die beiden letzten Verse von al-Baqara (die Kuh) rezitiere, durch sie schon bewahrt (kafatahu) sei. (Hasan Sahih, Al-Tirmidhi 2881)

Abu Huraira berichtete, dass die ersten 30 Verse der Sura Al-Mulk dafür sorgten, dass man solange Fürsprache erhält, bis einem vergeben wird. (Hasan, Al-Tirmidhi 2891; Fath al Qadir 5/257, Sahihul Jamiea 1/680, Tabrani in Al-Awsat & Ibn Mardawaith)

Anas ibn Malik sagte: Wer „Wenn … erbebt“ rezitiert (Sura az-zilzal, das Erdbeben), ist das gleich der Hälfte des Koran, und wer „Sag, oh ihr Ungläubigen“ (Sura al-kafirun) rezitiert, so ist das gleich einem Viertel des Koran und wer „Sag Allah ist Einer“ (Sura Al-Ikhlas) rezitiert, so ist das gleich einem Drittel des Koran. (Hasan, Al-Tirmidhi 2893)

Die Sura Al-Mulk sei der Schutz vor dem Plager im Grab. (Sahihul Jamiea 1/680, Hakim 2/498 & Nasai)

Ich möchte nicht nur kritisch die Ahadith zitieren, denn es kann durchaus sein, dass man auf Ahadith stösst, deren Inhalt auf unabhängiger Basis davon, ob der Prophet sie nun gesprochen haben soll oder nicht, eine mögliche Variante darstellen können, wie wir vorgehen. Es gibt ein Bittgebet (Du’a), das man sprechen kann, wenn man die Gräber besucht. Dabei sollte man stets im Hinterkopf haben, dass diese Bittgebete dafür da sind, dass unsere Herzen Ruhe finden mögen und bei Gott nichts bewirken können, wenn Gott die entsprechende Person verurteilen will. In arabischer Lautschrift lautet das Bittgebet wie folgt:

As-Salamu ‘ala Ahli d-Diyari min al-Mu’minina wal-Muslimina yarhamu-llahu l- Mustaqdimiina minna wa l-Musta’khirina wa innaa in scha’-Allahu bikum Laahiqun.«

Deutsche Übersetzung: Der Frieden sei mit den Leuten der Unterkünfte (dieser Gräber), die von den Gläubigen und den Gottergebenen sind. Möge Gott sich jener erbarmen, die uns vorausgegangen sind, und jener, die uns folgen werden. Und gewiss werden wir so Gott will euch nachfolgen.“ (aus Sahih Muslim, Bd. 2, S. 461f., Nr. 2127)

Hierbei sollte aber betont werden, dass dies weder als islamische Pflicht noch überhaupt als islamisch verstanden werden darf. Nirgends im Koran wird uns gesagt, was wir sagen müssten oder sollten. Es wird aber auch nicht verboten. Lediglich das Beten und Stehen an den Gräbern jener, die gegen Gott vorgingen und die Gottergebenen verraten haben, werden uns verboten (9:83-84).

Sura Yasin, die Ahadith und die Toten

Die Sura Yasin betreffend gibt es ebenso viele Ahadith, die zwar schwach sind, dies aber die Menschen nicht davon abhält, ihren Inhalten als absolute Wahrheit zu folgen. Diese Sura wird aufgrund der Ahadith auch als „Herz des Koran“ beschrieben (Musnad, 5:26 nach türkischer Ausgabe; siehe auch Gharib, Al-Tirmidhi 2887, dieser Hadith wird von Al-Albany als erfunden klassifiziert), was aber nirgends im Koran erwähnt wird. Wer die Sura Yasin rezitiere, hätte damit gleich zehnmal den Koran rezitiert! (Maqal, Tirmidhi 2812/A & Dhahabi)

Bezüglich der Sura Yasin gibt es ebenso etliche Ahadith, die ähnlichen Aberglauben verbreiten. So würden sowohl weltliche als auch spirituelle Bedürfnisse erfüllt werden, wenn man diese Sura früh genug rezitiert, nämlich am „frühen Teil des Tages“:

The Hadith mentioned by ‘Ataa bin Abi Rabaah (R.A.) states that the Prophet (S.A.W.) said: “Whosoever recites Surah Yasin in the early part of the day his needs will be fulfilled.” (Mishkaat, Page 189)

It is stated in Mirqaat, Sharah Mishkaat under the commentary of the above Hadith that ones worldly needs and the needs pertaining to the Deen and the Hereafter will be fulfilled. (Mirqaat, Sharah Mishkaat, Vol. 4, Page 681)

Insbesondere erreicht der Aberglaube bezüglich Yasin einen weiteren Gipfel, wenn es das Lesen dieser Sura an den Grabstätten anbelangt:

„Diejenigen, welche am Freitag die Ruhestätte ihrer Mutter oder ihres Vaters besuchen und aus der Sure Yasin vorlesen, vergibt Allah dem Inhaber des Grabs.“ – Ibni Mace- Tercemesi, 4:274 nach türkischer Ausgabe

„Derjenige, welcher jeden Freitag die Begräbnisstätte seiner Eltern besucht und aus der Sure Yasin vorliest, werden nach der Anzahl der Ayet (Qur`anverse) und Buchstaben die Sünden vergeben.“ – (Aus dem Türkischen): Ianetu’talibin, 2/162-1418/1997; Hadis: Kenzu’l-Ummal, h. No:45486

„Lest die Yasin auf eure Toten!“ – Abû Dâwûd und An-Nasâ’iyy in ‚Amali l-Yawm Wa l-Laylah, auch Ibn Maadschah und Ahmad Ibn Hanbal, Al-Hakim und Ibn Hibbân.

„Yasin ist das Herz des Qur’an und die Person die, die Akzeptanz von Allah und das Jenseits beabsichtigt, rezitiert sie nicht, außer dass sie dadurch die Vergebung erhält, so rezitiert sie auf eure Toten.“ – überliefert von Ahmad Ibn Hanbal in seinem Musnad.

„Abdullah Ibn Umar sagte, dass er den Gesandten von Allah sagen gehört habe: Wenn einer von euch stirbt, so eilt mit ihm zu seinem Grab und lest an seiner Kopfseite die Al-Fâtihah und an seiner Fußseite das Ende der Al-Baqarah an seinem Grab.“ – At-Tabaraaniyy in seinem Buch Al-Mu’djim Al-Kabiir und der Hadithgelehrte Ibn Hadjar sagte darüber in seiner Erläuterung von Al-Bukhaariy im 3. Band auf Seite 184: „At-Tabarâniyyu überlieferte dieses mit einer Hassan (starken) Überlieferungskette“.

„Es ist bei den Gelehrten beliebt den Qur’an am Grab zu rezitieren.“ – An-Nawawiyy

Es sei über den Propheten gesagt worden, dass er gesagt habe: „Wer auch immer nachts die Surah Yasin rezitiert, um Gottes Wohlgefallen zu erlangen, Allah wird ihm vergeben.“ – Ibn Hibban, Darimi 3283/A, Abu Yala, Tabarani, Bayhaqi und Ibn Mardawaih

Von Anas ibn Malik berichtet: „Wenn jemand einen Friedhof betritt und Sura Yasin rezitiert, der erleichtert sie ihnen (d.h. die Qualen) an diesem Tag, und der erhält so viel Lohn gutgeschrieben, wie die Anzahl der Toten auf dem Friedhof.“ – Al-Albani sagte in al-Da’ifah (1246): „Der Hadith ist mawdu‘ (erfunden). Er wurde von al-Tha’labi in seinem Tafsir (3/161/2) überliefert.“

Ein weiterer Hadith hierzu: Ma’qal ibn Yassar berichtete im Namen des Propheten: „Rezitiert Yasin bei euren sterbenden Angehörigen.“ – Überliefert von Abu Dawud (3121), Ibn Majah (1448), Ahmad und Nasa’i – Al-Albani sagte hierzu in Ahkam al-Jana’iz, S. 11: „Was das Rezitieren der Sura Yasin bei den (gerade) Sterbenden betrifft und ihn in Gebetsrichtung (Qibla) zu drehen, so gibt es diesbezüglich keinen einzigen authentischen Hadith.“ Hakim meinte zu diesem Hadith jedoch, dass er streng authentisch sei (sahih). Dies ist typisch für die Welt der Hadith-Literatur, der eine Gelehrte hält den Hadith für erfunden, wobei ein anderer denselben Hadith als authentisch erachtet. Für den einfachen Gottergebenen, der einfach nur seine Religion kennen und leben möchte, erscheint es unmöglich, selbst zu entscheiden, was zu tun ist. Doch die Lösung ist einfach und klar: Gottes Buch der Koran ist vollständig detailliert und beinhaltet alles, was wir brauchen.

Das geistlose Rezitieren der Sura Yasin und anderer Suren ist zu einem Sport mutiert unter den sunnitisch und schiitisch geprägten Muslimen. Millionen von Muslimen rezitieren heute die Sura Yasin an den Grabstätten, weil es ihnen so beigebracht wurde. Doch gerade diese Sura Yasin, welche praktisch den Toten gewidmet wurde, beinhaltet den einzigen Vers, der uns mitteilt, dass der Koran für die Lebenden gesandt wurde! Welche Ironie! Zusätzlich ist zu sagen, dass das Rezitieren der Sura Yasin für die Toten geschieht, die aber nichts mehr hören können!

36:69 Und wir lehrten ihn nicht das Dichten und dies gebührt ihm nicht! Er ist doch nichts anderes außer Ermahnung und ein klarer Koran,
36:70 damit er diejenigen warnt, die lebendig sind, und das Gesagte über die Ableugner sich verwirklicht.

Die Menschen, die ihren Verstand nicht gebrauchen, die nicht zu den Lebendigen gehören wollen, indem sie die Botschaft des Koran missachten, obwohl sie darin lesen, werden im Koran als Esel bezeichnet, die Bücher auf ihrem Rücken tragen (62:5).

2:44 Befehlt ihr den Menschen die Aufrichtigkeit und vergesst euch selbst, wo ihr doch die Schrift vortragt. Seid ihr nicht vernünftig?

Befolgen wir Gottes Anweisungen im Buch, um zu den Lebendigen zu gehören, die zur Quelle allen Lebens gelangen wollen: zu Gott, dem Schöpfer.

Gepriesen sei der Herr in Seiner Weisheit und Allmacht. Ich wünsche uns allen die Rechtleitung von Gott und verbleibe

in Frieden