Meinungen

Thema des Monats Mai 2013: alrahman

Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Der Frieden sei mit euch liebe Leserinnen und liebe Leser, und Gottes Barmherzigkeit wie sein Segen!

So Gott will werden wir jeden Monat auf unserer Webpräsenz ein ausgewähltes Thema unseren Lesern zum Kommentieren anbieten. Damit möchten wir unseren Lesern die Möglichkeit geben, Einblicke zu erhalten, wie unterschiedlich die Menschen zum selben Thema denken können.

Ähnlich einer Pinnwand, an der wir unsere Gedanken „pinnen“ können, soll hier stichwortartig oder auch in eins bis zwei Sätzen der eigene Gedanke verewigt werden. Einfach am besten spontan antworten!

Das Thema des Monats Mai 2013: Das Wort „alrahman“ – der Gnädige

Einfachheit

6:12 Sprich: Wem gehört, was in den Himmeln und auf der Erde ist? Sprich: (Es gehört) Gott. Vorgeschrieben hat Er sich selbst die Barmherzigkeit.

Die Barmherzigkeit ist dermaßen fundamental, dass sie alles umfasst. Genauso ist es deshalb denen, die diese Barmherzigkeit erhalten haben, eine unumgängliche Pflicht, ihre Seelen dadurch zu reinigen, indem sie andere auch teilhaben lassen an der Barmherzigkeit (7:156). Die Wörter „rahmân“ wie auch „rahmah“ leiten sich von ‚rahima‘ ab, das sich auf die pflegende und liebende Fürsorge einer Gebärmutter vor der Geburt und einer Mutter nach der Geburt für ein Kind bezieht. Genauso wie das geborene Kind aus einer Quelle entstammt, braucht auch das gesamte Universum eine Quelle: Gott. Aber es braucht auch einen Grund, wieso diese Quelle Existenz ermöglicht, also rahmah. Ohne die liebende und pflegende Fürsorge Gottes würden wir in dieser Welt nichts erreichen (55:1-4). Der fehlbare Mensch bedarf Seiner Barmherzigkeit.

67:19 Haben sie nicht die Vögel über sich gesehen, wie sie Ihre Flügel ausbreiten und sie dann einziehen? Kein Anderer als der Gnädige hält sie zurück. Wahrlich, Er durchschaut alle Dinge.


Womit verbinden Sie das Wort „Gnade“ oder „Der Gnädige“, was ist Ihr erster Gedanke?
Teilen Sie uns Ihre Meinung unten im Kommentarbereich doch mit!


„Scharia-Mania“ in der arabischen Welt

Umbruch in ÄgyptenÜber die letzten Jahre erlebten wir einen gewaltigen Umbruch in der arabisch-islamischen Welt. Was von vielen Experten als reiner Kampf für freiheitliche Werte gedeutet wurde, war tatsächlich weit mehr als nur dieser. Es war auch ein Kampf für bessere Lebensverhältnisse. Tunesien, das Land, welches im Winter 2010 der Ausgangspunkt für eine länderübergreifende Protestwelle war, resultierte aus Protesten und Streiks gegen Korruption und Massenarbeitslosigkeit. Während man eine stärkere Hinwendung zu Demokratisierung nach westlichem Vorbild erwartete, stieg die Nachfrage nach islamistischen Parteien, die mit der Einführung der „Scharia“ liebäugelten. Bald darauf begann weltweit eine große Diskussion rund um diesen Begriff und der Frage nach der Kompatibilität des Islam mit einer Demokratie, die eine Trennung von Staat und Religion beinhaltet. Zudem stieg auch die Angst innerhalb westlicher Gesellschaften vor einer Islamisierung ihres Landes und generell vor Muslimen, die die Scharia befürworteten.

 

Das Problem der Begrifflichkeit

Der Begriff „Scharia“ (arab.) bedeutet übersetzt lediglich: „Weg zur Tränke“ und ist das religiöse Gesetz des Islam, welches auf den Koran, die Sunna (Praxis des Propheten) und Hadith (Aussprüche des Propheten Muhammad) basiert. Sie umfasst hauptsächlich:

  • Die ibadah (gottesdienstliche Handlungen)
  • Die mu’amalat (gegenseitige Beziehungen)
  • Die ‚uqubat (Strafkodex). Sie machen im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung nur einen minimalen Anteil an dem Gesetz aus

Also wird unter dem Begriff „Scharia“ die gesamte islamische Lehre verstanden. Eine Lehre, mittels der die Menschen zum Ziel ihres Daseins geführt werden sollen.

Die Scharia wurde von Rechtsgelehrten des Mittelalters erst lange nach dem Tod des Propheten Muhammad angepasst an ihrer eigenen Umwelt entwickelt. Sie war schon immer Gegenstand kontrovers geführter Diskussionen, da es kein in allen Einzelheiten feststehendes Gesetz für die Muslime darstellt. Daher kann man nicht von der einen Scharia sprechen, denn es existieren von Marokko bis Indonesien unterschiedlichste Auslegungen einzelner islamischer Gruppen und ihrer jeweiligen Gelehrten.

Die Forderung einiger Gelehrter kann nicht ernst genommen werden, dass das religiöse Gesetz in ihren Einzelheiten feststünde und Punkt für Punkt in unsere heutige Zeit übernommen werden sollte. Der Islam erhebt den Anspruch für alle Völker und alle Zeiten zu gelten. Somit kann sie auch in Einzelheiten einer Weiterführung und moderner Interpretationen unterliegen. Über den zweiten Kalifen Umar wird überliefert, dass er seinerzeit – wohl angemerkt – die Maximalstrafe des Handabhackens für Gewohnheitsdiebe zeitweilig ganz außer Kraft, als im Lande eine Hungersnot herrschte. Demzufolge müssen Recht und Rechtsprechung immer weiterentwickelt werden, um den jeweiligen Gesellschaften gerecht zu werden; allein die koranischen Glaubensgrundsätze bleiben unveränderlich. Demgemäß gibt es beispielsweise Auslegungen, wonach die Strafe für Gewohnheitsdiebe als fernhalten von etwas oder unterbinden einer kriminellen Handlung verstanden wird.
 

Scharia in der Praxis – In der prophetischen Tradition?

Nur KoranIn der Gegenwart gibt es neben zwei Ländern: Mauretanien und Saudi-Arabien, die die Scharia vollständig eingeführt haben und Länder wie: Iran, Afghanistan, Bangladesch, Sudan usw., die bestimmte Teile der Scharia, wie etwa den Strafkodex in ihre Rechtsprechung eingearbeitet haben. Man hat in diesen Ländern erkannt, dass Menschen mittels ihrer Religion kontrollierbarer sind. Herrscher dieser Länder haben es einfacher, wenn Menschen gleich denken, gleich handeln und dadurch zu ihren persönlichen Marionetten werden. Um die eigene Herrschaft zu legitimieren versucht man sich nach außen hin als „islamisch“ zu zeigen, indem man dem Volk eine harte Handhabe nach ihren eigenen Scharia-Gesetzen präsentiert und vorgibt die Vertretung Gottes auf Erden zu sein. Aus solchen Ländern hört man traurigerweise nicht selten über Menschenrechtsverletzungen, Einschränkung von den Grundfreiheiten des Menschen, ungerechte Macht- und Ressourcenverteilung, verbreitete Korruption, Unterdrückung von religiösen Minderheiten etc. In der Praxis wird oft missachtet, dass die „Scharia“ die Muslime dazu auffordert jeden Menschen unabhängig von Volkszugehörigkeit und Überzeugung respektieren soll. Als der Prophet Muhammad zum Anführer in Arabien ernannt wurde, war eine seiner primären Bedingungen, dass Nichtmuslime – seien sie Juden, Christen, Muslime oder Götzendiener, ihren Gottesdienst durchführen konnten und ihr Leben ohne jegliche Unterdrückung verbringen konnten. Während heutzutage Nichtmuslime in „islamischen“ Ländern wie Saudi-Arabien oder Pakistan unvorstellbare Qualen erleiden müssen, war ihr Lebensstandard zu Zeiten des Propheten Muhammad oft viel höher als der, der Muslime. Als das Oberhaupt von Medina hat der Prophet nicht die „Scharia“ als Konstitution festgelegt, sondern die „Charta von Medina“, die den jüdischen und christlichen Stämmen die jeweiligen Grundfreiheiten einräumte. Denn im Koran heißt es auch , dass wenn Allah seinen Willen erzwungen hätte, alle auf dieser Erde geglaubt hätten. Wie kann der Muslim denn etwas fordern, was dem Willen Gottes widerspricht? (10:99)

Es kann also nicht im Sinne des Islams sein, wenn ein „islamischer“ Staat Menschen an der Ausübung oder nicht Ausübung ihres Glaubens hindert. Selbst wenn man die frühe islamische Gemeinschaft unter der Führung Propheten Muhammad betrachtet, wird ersichtlich, dass Gott den Muslimen erst die Erlaubnis sich zu verteidigen nach ca. 13 Jahren der Verfolgung erteilte und dies nur auf Basis der Wiederherstellung der Glaubensfreiheit. Die wilde Jagd nach den „Ungläubigen“ wird nicht gepredigt. So wird im Koran erwähnt, dass denjenigen die Erlaubnis erteilt wurde sich zu verteidigen, die bekämpft und vertrieben wurden. Hätte Allah diese Erlaubnis nicht erteilt, dann wären Klöster, Kirchen, Synagogen und Moscheen niedergerissen worden, heißt es in einem Koranvers (22:39-40). Man beachte hierbei einmal die Reihenfolge, in der die Gebetsstätten der Religionen ihre Erwähnung finden, wobei die Moschee als letzte in der Reihe angeführt wird. Der Islam kann folglich als ein Verfechter der Religionsfreiheit betrachtet werden.

 

Der verfälschte Strafkodex und „islamische“ Staaten

Bedauerlicherweise haben sich über die letzten Jahrhunderte zahlreiche Mythen in die verschiedenen Interpretationen der Scharia eingeschlichen und in der Praxis durchgesetzt. Unter anderem:

  • Steinigung bei Ehebruch: Es gibt keine Stelle im Koran, die von der Steinigung spricht. Trotz dessen entscheiden sich “islamische Gelehrte” für diese diese alttestamentarische Bestrafungspraktik.
  • Todesstrafe beim Abfall vom Glauben: Zahlreiche Verse des Korans von einem absoluten Verbot von Zwang in Glaubensdingen sprechen und die Religionsfreiheit betonen (18:29, 4:13, 2:256).
  • Todesstrafe oder Geldstrafe bei Gotteslästerung: Der Koran hingegen spricht in solchen Fällen, in denen Muslime viel Verletzendes zu hören bekommen von Geduld, redlichem Handeln und fester Entschlossenheit (3:186).

Die Wissenschaftler Hossein Askari und Scheherazade S. Rehman stellten einen sogenannten „Economic Islamicity Index“ auf, der im „Global Economy Journal“ im Jahre 2010 veröffentlicht wurde (http://redir.ec/Islamicity). Darin untersuchten sie die Frage: „Wie islamisch sind ‚islamische‘ Länder der Gegenwart?“ Zu dieser Forschung zogen sie etwa 113 messbare Variablen hinzu. Diese Variablen waren grundlegende Prinzipien, die islamische Quellen hergeben und im wirtschaftlichen Bereich messbare Faktoren sind, die unmittelbar mit sozialen und politischen Rahmenbedingungen zusammenhängen. Nach der Analyse von 208 Ländern wurde folgende Rangliste angefertigt:

1. Irland
2. Dänemark
3. Luxemburg
4. Schweden
5. Großbritannien

11. Österreich

16. USA

23. Schweiz

26. Deutschland
27. Israel

33. Malaysia [das erste auftauchende mehrheitlich muslimische Land]

42. Kuwait [das erste „islamische“ Land, das Teile der Scharia anwendet]

71. Türkei

Das religiöse Gesetz als Staatsrecht – Ein Friedensspender?

Es ist wenig bekannt, dass der Islam überhaupt kein bestimmtes Konzept eines „islamischen“ Staates vorschreibt. Der Islam entstand zu einer Zeit, wo es noch keine Staaten gab. Der Staatsbegriff in seinem modernen Sinne entstand erst an der Wende zum 19. Jahrhundert. Wir sprechen jedoch im Hinblick auf den Islam von einem Entstehungszeitraum der sich im 7. Jahrhundert abspielt. In der damaligen Gesellschaft finden wir eher Stämme vor, die sich zu Stammesverbänden zusammenschließen und erst durch den Propheten ein Verwaltungssystem in einer einfachen Form erhalten. Es entsteht demnach entsprechend der gegebenen Umstände ein einheitliches Gebilde, indem sowohl der Anführer, seine Gefährten, die religiösen Prediger, die Soldaten und die verschiedenen Amtsträger eine einzige Gruppe bilden. Etwas, das zumindest für die heutige Zeit kaum realisierbar wäre.

Was die Quellen des Islam für die Führung eines Bundes festlegen sind lediglich Richtlinien, die man auf die heutige Staatsführung anwenden könnte. Der Islam plädiert für eine säkulare Form der Regierung. Eine Form, die auf absoluter Gerechtigkeit basiert. Der Koran lehrt den Muslimen, dass in allen staatlichen Angelegenheiten: in der Verwaltung des Landes, in der Wirtschaft, in den Beziehungen zu anderen Staaten usw., dieses Prinzip befolgt werden muss. So wird in einem Vers betont, dass Allah den Menschen beauftragt jenen die Treuhandschaft zu übergeben, die ihrer würdig sind. Ferner sollen diese Menschen zwischen ihren Untertanen nach Gerechtigkeit richten (4:58-59).

Dies hat zur Folge, dass ohne die Unterscheidung zwischen Weltanschauung, Religion, Rasse oder ethnischer Zugehörigkeit Gerechtigkeit ausgeübt werden muss. Stellt dieses Prinzip nicht den wesentlichen Kern des Säkularismus dar? Der Koran geht noch viel weiter, indem er für solch eine Gerechtigkeit plädiert, die Gutes tun ohne die Erwartung einer Gegenleistung beinhaltet (16:90-91).

Da der Islam also in seinem Kern eine säkulare Form der Regierung beinhaltet, braucht er keinen zusätzlichen, von den westlichen Gesellschaften abgeleiteten Säkularismus. Es ist einzig und allein das Gefühl der Rückständigkeit von Muslimen gegenüber dem „Anderen“, die sie in die Arme einer religiösen Herrschaft, eines „Gottesstaates“ treibt und die Religion in zeremonieller Frömmigkeit verwandelt, indem der Gottesglaube, die Einhaltung der islamischen Riten, die Strafen den Charakter einer reinen Zurschaustellung annehmen.

Islamabad - national assemblyHeutzutage geht es in Ländern der islamischen Welt im Gegensatz zur Zeit des Propheten Muhammad um keine Regierung, die Gott vertritt, eine islamische Gemeinschaft moralisch erzieht und gleichzeitig eine begrenzte Anzahl von religiösen Bekenntnissen unter ihren Schutz nimmt. Vielmehr gilt es – vor dem Hintergrund der Zerstreut- und Zerstrittenheit der islamischen Gemeinschaft – einen Staat, basierend auf dem Gemeinwohl und dem Gemeininteresse zu errichten, die unzähligen religiösen Bekenntnissen und Weltanschauung ihre Sicherheiten bietet. Würde man hingegen die Einmischung der Religion in den Staat zulassen, welch ein Chaos würde herrschen, wenn es neben politischen Konflikten auch zu religiös-politischen Konflikten kommen würde. Beispiele bekommen wir doch heute nur zu genüge aus den sogenannten „islamischen“ Ländern zu sehen und zu hören.

Das erste Problem wäre, dass in der breiten politischen Landschaft eines politisch-religiösen Systems sich alle Parteien auf Gott berufen würden, auch wenn sie absolut gegensätzliche Meinungen vertreten würden. Wäre das nicht ein chaotisches Wirrwarr?

 

Die säkulare Staatsform – Herrschaft der Gottlosen?

Man bedenke bei entstanden Konflikten zwischen den Islamgelehrten und den Repräsentanten des Volkes die Situation eines Andersgläubigen in einem Staat, der ihm das muslimische Recht aufdrängt. Ein Recht, indem er möglicherweise nach einer spezifischen Interpretation als Bürger zweiten, dritten oder vierten Ranges betrachtet werden würde und bei der Gesetzgebung überhaupt kein Mitspracherecht hätte. Damit ist es nicht getan, die Sache ist noch viel komplizierter. Der Islam besitzt ein Buch, das von Gott offenbart wurde, und die muslimischen Gelehrten sagen zudem, dass sie alleine das Recht hätten, dieses Buch auszulegen. Würde dies der vom Islam geforderten Gerechtigkeit gerecht werden?

Man solle sich einmal vorstellen, was beispielsweise in Deutschland geschähe, wenn man die Trennung von Staat und Religion aufheben würde und ein im Kompromiss zwischen Katholiken und Protestanten entstandene Gesetz der christlichen Mehrheit der muslimischen Minderheit aufzwängen würde. Was wäre die Reaktion der Muslime in Deutschland? Also wäre es auch im Sinne des Islams und seines Propheten, der gesagt haben soll: „Und wünsche für die Menschen das, was du für dich selbst wünschst, so bist du ein Muslim.“

Den Kapitalfehler, den religiöse Fanatiker begehen, ist der, dass sie Säkularismus mit Gottlosigkeit gleichsetzen. Ist das aber eine kluge Schlussfolgerung? Keines Falls, denn durch die Trennung von Staat und Religion wird der Verwaltungsapparat eines Staates nicht automatisch zu einem religionsfreien Raum. Der Staat wird nach wie vor von Menschen geführt, die einer Religion oder einer Weltanschauung angehören. Die Neutralität des Staates bedeutet auch, dass der Staat nicht für Laizismus in der französischen Tradition oder für den Atheismus Partei ergreifen darf. Indes muss der Staat ermöglichen, dass alle Menschen aus ihren jeweiligen Überzeugungen in dieser Gesellschaft wirken können; und dies nicht nur privat, sondern auch öffentlich.

Griechische AntikeFanatiker müssen verstehen, dass es bestimmte Dinge auf der Welt gibt, die keine Religion haben. Sie sind säkular. Ob es ein Christ, Muslim oder ein Jude ist, der Getreide auf richtige Weise anpflanzt, so wird man am Ende auch etwas ernten können. Ähnlich ist es auch in der Verwaltung eines Staates, die den Motor der Gesellschaft darstellt. Ist es da nicht gleichgültig, wer diesen antreibt, solange Gerechtigkeit ausgeübt wird?

In einem Seminar zum Thema: Griechen und Perser, das ich im vergangenen Wintersemester besuchte, erlebte ich an einer der letzten Unterrichtseinheiten folgendes: Wir hatten gerade über die religiöse Überzeugung der Perser gesprochen und kamen nun auf die andere Seite, nämlich die Griechen zu sprechen. Unsere Dozentin erzählte uns gerade etwas über den Glauben der Griechen an Orakel und Götter, der für die Herrschenden sowie für das Volk von höchster Bedeutung war. Prompt meldete sich eine Kommilitonin zu Wort und deutete darauf hin, dass im antiken Griechenland Demokratie herrschte. Die Dozentin entgegnete: „Diese ‚Demokratie‘ war natürlich nicht vergleichbar mit der heutigen Praxis…aber was hat es  mit dem Sachverhalt zu tun?“ Die Kommilitonin erwiderte: „Ja, aber ich dachte, dass sie demokratisch waren und daher Atheisten…“

 

Die Anwendung der Scharia – Geeignete Rahmenbedingung?

Im Koran heißt es sogar, dass im Falle einer Feindseligkeit gegenüber einem anderen Volk die gläubigen Muslime nicht anders denn gerecht handeln sollten (5:9). Dass der Islam alles verbietet, was diesem Gerechtigkeitsgebot zuwiderlaufen würde, wird am Beispiel des Propheten Muhammad in Medina deutlich. In keinem Fall hat er eine Partei, die sich nicht zum Islam bekannte, das islamische Gesetz aufgezwungen, wenn sie damit nicht einverstanden war. Die Scharia galt in der Praxis des Propheten ausschließlich verpflichtend für die Muslime. Aber wie sieht es in der Gegenwart aus? Erfüllen muslimische Gesellschaften überhaupt die Voraussetzung für eine göttliche Gesetzgebung?

So wie heutige sogenannte „islamische“ Staaten handeln, wenn sie die Scharia in einer Gesellschaft implementieren, ist vergleichbar mit jemandem der einen Kirschbaum in mitten einer Wüste pflanzt und darauf wartet, dass dieser Früchte trägt. Durch das Klima in der Wüste können doch keine Kirschen wachsen!

Bevor also ein islamisches Gesetz eingeführt werden kann, müsste der moralische Standard in der Gesellschaft angehoben werden. Wie kann dies geschehen? Die Antwort ist: Durch ein Buch, das von Gott geschickt wird, um die Menschen zu erziehen. Während diese Menschen erzogen werden, entwickeln sich die geeigneten sozialen Umstände in der Gesellschaft. Man kann nur mit Gerechtigkeit zwischen Menschen richten, wenn die Rechtsprechung als passend zum Verhalten der Gesellschaft bezeichnet werden kann. Eine Gesetzgebung, die aus islamischen Grundsätzen abgeleitet ist, muss also bestimmte Rahmenbedingung erfüllen. Solange die bei bestimmten Delikten verlangten vier rechtschaffene Zeugen Betrüger und Heuchler sind, kann ein solches Rechtssystem nicht funktionieren. Solange innerhalb eines Landes ungerechte Verteilung der Ressourcen vorherrscht und eine Vielzahl der Bevölkerung Hunger erleiden, wie kann dann davon ausgegangen werden, dass Menschen nicht dazu gezwungen werden kriminelle Handlungen zu begehen. Die „islamischen“ Staaten verdienen die Scharia nicht, da sie mit ihrem spirituellen Kern nicht umgehen können, die Bedingungen der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Erwartungen an die moralische Erziehung nicht erfüllen können.

Die Ahlus sunnah ertränkt sich gerne in Widersprüche

Während Ahlu-l-quran, die Leute des Koran, den Koran als die einzige Religionsquelle sehen, betrachtet die Ahlus sunnah, die Leute der Sunna, nebst dem Koran Dutzende Hadith-Bücher ebenso als Religionsquelle(n). Gleiches gilt für die Ahlu-sch-Schiah und allen anderen Gruppierungen, die irgendeine weitere Quelle neben dem Koran heranziehen.

Wir leben in einer Zeit, in der die zeitgenössischen Persönlichkeiten, die bei den Menschen als “große Religionsgelehrte” gefeiert werden, mit den Ahadith nicht zufrieden sind wegen ihrer zahlenmäßigen Vielfalt und den Widersprüchen, die sie mit der Vernunft, dem Koran oder auch schon untereinander erzeugen. Aus diesem Grunde findet man heutzutage viele von ihnen auf dem Weg der Aussortierung dieser Ahadith. So gab das türkische Ministerium für religiöse Angelegenheiten bekannt, dass eine Gruppe von Gelehrten die Sammlung der Ahadith revidieren würde.

Wenn nun aber einige dieser Ahadith durch die Aussortierung im Müll landen, wird die Religion der Ahlu-s-sunnah nicht lückenhaft sein?

Die Gläubigen glauben an sämtliche von Gott herabgesandte Bücher, so auch an die Torah und das Evangelium. Der Grund, wieso die Gottergebenen dem Koran folgen und an ihm festhalten wollen, liegt im Versprechen Gottes, den Koran zu schützen. Ebenso in der inneren Widerspruchsfreiheit und in der Unterstützung seiner Botschaft durch wissenschaftliche und mathematische Zeichen. Nicht zuletzt liegt es auch an der Unsicherheit eines zum Beispiel beliebigen Verses aus den vier Evangelien als Gottes Wort. Selbst wenn dieser eine Vers keinen Widerspruch erzeugte, könnten wir nicht sicher sein, ob er zu 100% vom Schöpfer kommt. Der Koran ist das einzige Buch, welches sich durch die bereits erwähnten Zeichen in seiner Gesamtheit unter allen Büchern besonders hervortut.

Wenn nun die Leute der Sunna neben dem Koran weitere Partnerquellen wie die Ahadith akzeptieren, wieso begegnen sie diesen Gerüchten über die angeblichen Aussprüche unseres geliebten Propheten nicht mit derselben Unsicherheit? Wo doch offensichtlich zu sehen ist, dass die Ahadith untereinander widersprüchlich sind, sie teils gar dem Koran widersprechen, und dass einige von den Ahadith selbst laut den “Hadith-Experten” erfunden seien. Wie können wir es als Gläubige wagen, Gerüchte über den Propheten über das Evangelium, woran wir als Gottes Offenbarung glauben müssen, zu stellen?

Es mögen einige der Leute der Sunna hervortreten und meinen, dass der Unterschied darin bestünde, dass sich die Hadith-Sammler durch “besondere Charaktereigenschaften” hervorgetan hätten, sich “in jahrelangem Studium” befindend “größte Mühen und Strapazen” erlitten hätten, um “sicherzugehen”, dass nur die wahrhaftigsten Aussprüche in die Sammlungen gelangten. Diese Scheinargumente halten aber einer näheren Überprüfung einfach nicht stand.

Einer von ihnen meinte nichtsdestotrotz auch, dass wenn ein Hadith in Sahih Bukhari und Sahih Muslim als authentisch eingestuft wurde, er zweifellos als Prophetenwort zu sehen sei, da sich gerade diese zwei Persönlichkeiten unter allen Sammlern besonders hervorgetan hätten.

Ist es nicht so, falls beispielsweise in den Tausenden Ahadith aus Sahih Bukhari ein erfundener Hadith entdeckt wird, die Sammlung von Bukhari in Gefahr gerät? Die Standardfrage, die sich jeder aus den Leuten der Sunna stellen sollte: sowohl in Sahih Muslim wie auch in Sahih Bukhari finden sich als authentisch autorisierte Ahadith, welche die Steinigung als Gesetz Gottes beschreiben – im Namen unseres gütigen, liebevollen und sanftmütigen Propheten und im Namen unserer Hochreligion der Gottergebenheit (Islam)! Die Standardreaktion gibt zu erkennen, dass Widersprüche zum Koran abgelehnt werden müssten. Anders gesagt ist also ein nach ihrer eigenen Lehre autorisiertes Wort des Propheten abzulehnen, als ob der Prophet Gott widerspräche! Es gibt einige, die ihre Vernunft und die von Gott geschenkte Barmherzigkeit im Herzen vollkommen abgeschaltet und verdrängt haben, die aus Verzweiflung über den offensichtlichen Widerspruch die Ahadith verteidigen wollen und somit die antikoranische Steinigung als Gesetz akzeptieren. Wie viel Leiden und welch ein Ausmaß an Grauen wurden schon durch die angeblichen Worte unseres Propheten erlitten und erfahren!

Wohin denn nun?

Die Frage ist: wie kann ein Mensch heute herausfinden, welcher Hadith eine Lüge und welcher Wahrheit ist? Würden die Scheichs und Absolventen der Al-Azhar Universität der Kürzung der Ahadith zustimmen, die vom türkischen Religionsministerium vorgenommen wird? Wenn ja, weshalb? Wenn nein, wieso nicht? Wem sollen wir vertrauen? Sind nicht alle ausgewiesene Religionsgelehrte, die Wissen haben sollten? Wieso sieht der Islam in der Türkei zum Beispiel in rein religiösen Ritualen wie das Gebet anders aus als in Tunesien?

Die gemäßigten aus den Leuten der Sunna meinen, dass man einen Hadith akzeptieren sollte, solange er dem Koran nicht widerspricht. Wieso akzeptieren diese dann nicht die Aussprüche von Jesus in den vier Evangelien genauso, wo ihnen doch im Koran befohlen wird, keinen Unterschied zwischen den Gesandten zu machen? Sie ziehen es aber stattdessen vor, den Evangelien gegenüber misstrauisch zu bleiben, aus dem der Koran Zitate anführt!

Es ist für die Menschen zu schwer, die ihre Vernunft nicht einschalten, die vom Weg des Unsinns nicht abkommen können und die zu stolz sind, zu den wahren Folgern des Koran zu gehören. Sie steuern sich selbst in die Widersprüche hinein. Statt am Koran festzuhalten, die Ahadith vollständig aus ihrem Leben als Partner neben Gottes Wort zu verbannen und lediglich den Gesetzen, Geboten und Verboten des Koran zu folgen, ziehen sie es vor, Büchern Glauben zu schenken und ihnen zu folgen, die von ihnen verlangen Muscheln nicht zu essen, von Saiteninstrumenten fern zu bleiben, schwarze Hunde zu töten, Gold und Seide zu verbieten, Ehefrauen nicht weiter weg als 90 km alleine gehen zu lassen und einigen weiteren ähnlichen Irrsinn zu praktizieren.

Sie sagen, dass der Islam Geschlechtertrennung kennen würde, aber benutzen öffentliche Verkehrsmittel, wo keine Geschlechtertrennung vorhanden ist.
Sie sagen, dass das Einschalten des Verstandes eine Pflicht im Islam sei, doch gebieten im nächsten Atemzug, nicht zu hinterfragen und niemals zu zweifeln und sich die Antworten von einem Gelehrten geben (“vorkauen”) zu lassen.
Sie sagen, dass der Islam nichts anderes als Frieden bedeutete, folgen aber Hadith-Büchern, welche unsere jüdischen Geschwister versteckt oder offen als Unheilstifter beschreiben.
Sie sagen, dass die Einheit Gottes der zentrale Kern der Religion und Ihm andere Partner beizugesellen nichts anderes als Shirk sei. Sie fühlen sich auch sehr wohl dabei die Menschen zu kritisieren, die an die Dreifaltigkeit glauben wollen. Doch selbst haben sie keinerlei Mühe, neben Gottes Wort, dem Koran, weitere Partner wie Bukhari oder auch Tirmidhi beizugesellen, die nie eine Autorität von Gott erhalten haben und nur Namen sind, die unsere Vorväter uns beibrachten.
Sie sagen, der Koran stünde über alle anderen islamischen Quellen, doch nehmen stillschweigend in Kauf, dass gewisse Ahadith Koranverse für ungültig erklären!

Eigentlich folgen sie keinem irrsinnigen Hadith. Sie ähneln vielmehr den Mönchen, die das Mönchstum erfanden aber nicht einmal ihrer eigenen Lehre richtig folgten. Die Leute der Sunna lieben den Widerspruch.
Sei es doch auch nur ein kleiner.
Sie können nicht loslassen – ein Rausch, der sie im Griff hat.
Und die meisten wissen und sehen es nicht.

Wenn ihre Herzen nur wüssten!

Das Leben: ein Labyrinth, manchmal auch ein Irrgarten

Ich denke, wir können unseren Lebensweg durchaus mit einem Labyrinth vergleichen und manchmal vielleicht sogar mit einem Irrgarten.

Ein Labyrinth ist ein verschlungener Weg, der aber letztendlich immer zum Ziel führt, da sich der Weg nicht verzweigt. Allerdings auch nicht auf direkter Strecke, sondern auf verschlungenem Pfad, der manchmal näher an der Mitte, dem Ziel, ist und dann plötzlich wieder weit weg führt, bis ganz an den äußeren Rand.

Ein Irrgarten dagegen besteht aus vielen Wegen, die sich verzweigen und die auch in Sackgassen enden können. Wenn wir dann in solch eine Sackgasse geraten, bleibt nur das Zurückgehen an die Wegkreuzung und einen anderen Weg zu einzuschlagen, bis wir nach kürzerer oder längerer Zeit irgendwann an das Ziel gelangen. Das Leben ist ein beständiges Weitergehen und wie in einem Labyrinth mal näher am Ziel und dann wieder weiter weg. Wir wissen nie genau, wie weit wir schon fortgeschritten sind, denn wir überblicken den Weg ja nur bis zur nächsten Kurve. Aber ist das Leben ein Labyrinth, dann können wir sicher sein, dass der Weg auf jeden Fall an das Ziel führen wird.
Manchmal gleicht unser Weg aber auch einem Irrgarten. Wir geraten in eine Sackgasse und kommen nicht weiter. Dann ist es wichtig, nicht zu verharren und aufzugeben, sondern den Mut zu haben, wieder ein Stück zurückzugehen, neu aufzubrechen und einen neuen Weg zu wagen.

Aber was beiden gleich ist, ist das Losgehen. Sich auf den Weg zu machen und immer weiter zu gehen ist die Bedingung, um irgendwann das Ziel zu erreichen. Jeder muss selbst gehen, niemand kann den Weg für einen anderen gehen.

In einer Redewendung heißt es: “Der Weg ist das Ziel”. Wir sollten deshalb auch die Umwege nicht als verlorene Zeit betrachten, sondern als wichtigen Teil unseres Lebenswegs. Denn das, was uns oft erst sinnlos erscheint, weil wir nicht den ganzen Weg überblicken können, wird sich beim Weitergehen und mit der Zeit vielleicht als sinnvolles Muster zeigen. So sind Umwege auch dazu da, uns Zeit zu geben und Dinge zu erkennen, die wir vorher nicht gesehen haben. Auf dem Weg sammeln wir Erfahrungen, können wir auch uns selbst kennen lernen, vielleicht auch einmal verlieren, aber auch wiederfinden. So ist jeder Schritt den wir gehen, auch ein Schritt zur Selbsterkenntnis und zum Erkennen des großen Ganzen.

Deshalb sollten wir nicht ängstlich verharren oder mutlos werden, wenn das Leben uns wieder einmal auf einen Umweg führt, oder wir auch manchmal zurückgehen müssen. Wir sollten vielmehr darauf vertrauen, dass alles seinen Sinn hat und dass jeder Schritt den wir gehen auch ein Schritt ist, der uns irgendwann zum Ziel führt.

Folgendes Zitat zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass wir uns vertrauensvoll auf den Weg machen können, in der Gewissheit, dass Gott uns führt:

“Das Leben gleicht einer kurvenreichen Strecke. Man sieht immer nur bis zur nächsten Straßenbiegung. Aber es genügt, dass Gott die ganze Strecke übersieht.” – Anton Kner

Psalm 18, Vers 31
Gottes Wege sind vollkommen, die Worte des HERRN sind durchläutert. Er ist ein Schild allen, die ihm vertrauen.

Koran 16, Vers 74
… Gott weiß, ihr aber wisst nicht Bescheid.

Ein Land mit 75 Millionen potentiellen Hodschas

Die Türken sind wahrhaftig ein sehr interessantes Völkchen. So manches Mal kann ich nicht anders als über die meisten meiner Landesgenossen zu schmunzeln oder den Kopf zu schütteln.

Es ist kein Geheimnis, dass die Türken ein in der Mehrheit sunnitisch-muslimisches Volk sind. Nicht nur das, sie sind auch im allgemeinen „potentielle Anwärter“ als Theologen, als Hodschas, die den Glauben dem Anschein nach am besten kennen. Ich bin persönlich der Meinung, dass man als Muslim auf jeden Fall den Koran ernst nehmen und ihn auch lesen sollte. Ansonsten sollte man sich nicht als Muslim bezeichnen. Wenn man von Nichtmuslimen nach Begründungen für diese oder jene Regel gefragt wird, sollte man mit Koranversen antworten können – am besten aus dem Stand heraus. Jedoch machte ich auch die Erfahrung, dass gerade dieses Können oft in meinem Gegenüber ein mulmiges Gefühl erzeugt. Es ist am Gesicht abzulesen, was gedacht wird: der treibt es doch zu weit in seiner Religion!

Im Anschluss entstehen dann Gespräche, die sich immerzu wiederholen. Es spielt lediglich eine Rolle, mit wem man es zu tun hat. Ob es beispielsweise ein Alevit oder Sunnit ist. Man bräuchte gar kein Buch, Gott zeige einem den Weg schon. Man müsse nicht zu festgelegten Zeiten beten, wichtig ist dass man zu der Zeit betet, in der es einem schlecht geht. Man könne zu jeder Zeit beten. Wozu Gebete zu bestimmten Zeiten? Gott verlange von uns dies und das, aber nicht jenes und dieses. Glaube allein reiche doch aus. Oder auch das andere Extrem: nicht nur die Gebete sind Pflicht, man hat auch die Toilette mit dem rechten Fuß zu betreten und beim Gähnen den Mund mit der Hand abzudecken, damit der Teufel nicht rein kann. Den Koran solle man wie etwas behandeln, dass man fast nicht berühren könne. Es sei „mehr als ein Buch“ (aber darin lesen, nie im Leben!).

Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Glaube, der nicht durch Vernunft und empirische Hinweise unterstützt wird, vollkommenes Wunschdenken ist. Man macht sich einfach selbst etwas vor.

Das Gebet ist für die Gläubigen eine für bestimmte Zeiten festgesetzte Vorschrift. 4:103

Meinen die Menschen etwa, sie würden in Ruhe gelassen, wenn sie nur sagen: „Wir glauben!“ ohne geprüft zu werden? 29:2

Und sagt nicht von dem, was eure Zungen lügnerisch behaupten: »Dies ist erlaubt, und dies ist verboten«, um gegen Gott Lügen zu erdichten. Denen, die gegen Gott Lügen erdichten, wird es nicht wohl ergehen. 16:116

Ich selbst halte die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf für heilig. Ich möchte nicht dazwischen treten. Aber ich scheue auch nicht meine Meinung zu sagen. Doch meistens weiß ich, dass ein Diskutieren nichts bringt und deshalb lasse ich der Seele meines Gegenübers freien Lauf. Ich möchte niemanden ändern und selbst werde ich durch solche Dinge auch nicht geändert. Ich freue mich lediglich darüber, dass manchmal gewisse Inhalte des Koran wiederholt werden. Eine kleine Erinnerung und Ermahnung für mich.

Manchmal, aber wirklich nur manchmal kommen neue Punkte hinzu in diesen Gesprächen. Kein Mensch ist perfekt und so hat jeder seine Unzulänglichkeiten und Eigenschaften im Charakter, die nicht positiv sind. So ist es also auch mal geschehen, dass meine menschlichen Fehler der Religion zugeschrieben wurden. Ich sei nur deshalb so in meinen Fehlern wegen der Religion. Es gibt wirklich Menschen, die in der Religion eine Zuflucht suchen. Zuflucht vor ihren Problemen und ihren Unzulänglichkeiten. Für mich persönlich ist aber die Religion schon immer ein Weg gewesen, mein Inneres zu verbessern. Den Umgang mit meinen Menschen freundlicher und friedlicher zu gestalten. Auf die Menschen zuzugehen und Verständnis zu zeigen. Wenn ich so zurück blicke, habe ich die meisten meiner Fehler mit Gottes Hilfe dank Seinen Weisungen in Seiner Schrift ausradieren können. Seine Religion war für mich eine Heilung. Aber auch, weil ich wusste, dass ich die Fehler anpacken muss und nicht träge auf Gottes Hilfe warten soll. Oder anders gesagt: “Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass Gott sich darum kümmert.”

O ihr Menschen, zu euch ist nunmehr eine Ermahnung von eurem Herrn gekommen und eine Heilung für euer Inneres, eine Rechtleitung und Barmherzigkeit für die Gläubigen. 10:57

Wir senden im Koran Offenbarungen hinunter, die für die Gläubigen eine Heilung und Barmherzigkeit sind. Aber die Frevler haben dadurch nur noch mehr Schaden. 17:82

… Gott verändert nicht den Zustand eines Volkes, bis sie selbst ihren eigenen Zustand verändern. … 13:11

Religion als der Sündenbock. Eigentlich ein altbekanntes Spiel. In solchen Momenten frage ich mich immer wieder, was die Rechtleitung genau bedeutet, von der im Koran immer wieder die Rede ist. Denn um Religion als Sündenbock bezeichnen zu können, wo man sogar selbst eigentlich dem Papiere nach Anhänger derselben Religion ist, muss man etwas missverstanden haben. Der Satz „Gott leitet recht, wen er will, und führt in die Irre, wen er will.“ kommt nicht nur einige Male vor. Der Satz wird oft wiederholt. Die Antwort hatte ich – Gott sei gepriesen – diesen Freitag gelesen, bei der Lektüre des Koran (ja, ich gehöre wirklich zu denen, die tatsächlich im Koran lesen):

Wem Gott das Herz für die Hingabe (Islam) weitet, der wandert in einem Licht von seinem Herrn. So wehe denen, deren Herzen gegen die Ermahnung Gottes verhärtet sind! Sie befinden sich in einem offenkundigen Irrtum. 39:22

Gott hat den besten Hadith (Botschaft) herab gesandt: ein Buch mit einheitlichen, sich wiederholenden Versen, vor dem die Haut derer, die ihren Herrn respektieren, erschauert. Dann werden ihre Haut und ihr Herz weich und neigen sich dem Gedenken Gottes zu. Das ist die Rechtleitung Gottes. Er leitet damit recht, wen Er will. Und wen Gott irreführt, der hat niemanden, der ihn rechtleiten könnte. 39:23

Natürlich haben die Menschen in vielen Dingen auch Recht. Ein mechanisch ausgeführtes Gebet bringt einem selbst nichts. Ein Gebet, das man inhaltlich nicht versteht, hat keinen Sinn. Ein Gebet, das nicht in Demut und im Bewusstsein des Kontakts mit Gott geschieht, ist ein verlorenes Gebet. Es ist tatsächlich so, dass diese Dinge bei den meisten Menschen zutreffen. Moscheen sind oft voll von Menschen, die eigentlich eher ein schlechtes Licht auf sich selbst werfen. Deshalb mag ich persönlich Moscheen nicht sehr. Da ist es besser, man bleibt zuhause und macht andere Dinge. Kümmert sich lieber um seine Familie. Gott hat unsere Gebete nicht nötig. Wir sind es, die Gott nötig haben. Denn „die Gebete ändern nicht Gott, sondern den Betenden“. Und gerade deswegen haben wir auch die Pflichten einzuhalten, die Gott uns auferlegt. Weil sie besser für uns sind, wenn wir nur wüssten.

Es ist weniger das Problem, dass diese Menschen zu leichtsinnig mit ihrer Religion umgehen, sondern mehr, dass die Kritik, die sie anbringen, bereits der Koran auf bessere Art und Weise macht.

Stell dich niemals in ihr (zum Gebet) hin! Eine Gebetsstätte, die vom ersten Tag an auf die Rechtschaffenheit gegründet worden ist, hat wahrlich ein größeres Anrecht darauf, dass du dich in ihr hinstellst. In ihr sind Leute, die es lieben, sich zu reinigen. Und Gott liebt die sich Reinigenden. 9:108

Und gedenke deines Herrn in deinem Inneren in Demut und Furcht und ohne lautes Aussprechen, am Morgen und am Abend. Und sei nicht einer von denen, die (dies) unbeachtet lassen. 7:205

Und ruft euren Herrn in Demut und im Verborgenen an. Er liebt die nicht, die Übertretungen begehen. 7:55

Sprich: Mein Herr würde sich nicht um euch kümmern, würdet ihr nicht (zu Ihm) rufen. Ihr habt doch (alles) für Lüge erklärt, und nun wird es unabwendbar. 25:77

Unter den Menschen gibt es den einen oder den anderen, der über Gott ohne Wissen, Rechtleitung und ein erleuchtendes Buch debattiert. 22:8

Wohl ergeht es den Gläubigen, 23:1
die in ihrem Gebet demütig sind, 23:2
und die sich von unbedachter Rede abwenden, 23:3

Seht, ihr liebt sie, sie aber lieben euch nicht. Ihr glaubt an das gesamte Buch. Wenn sie euch treffen, sagen sie: »Wir glauben.« Wenn sie allein sind, beißen sie sich gegen euch die Fingerspitzen vor Groll. Sprich: Sterbt an eurem Groll. Gott weiß über das innere Geheimnis Bescheid. 3:119

… Glaubt ihr denn nur an einen Teil des Buches und verleugnet den anderen? Die Vergeltung für diejenigen unter euch, die dies tun, ist nichts als Schande im diesseitigen Leben, und am Tag der Auferstehung werden sie der härtesten Pein zugeführt werden. Und Gott lässt nicht unbeachtet, was ihr tut. 2:85

O ihr Menschen, ihr seid es, die Gottes bedürftig sind. Und Gott ist der, der auf niemanden angewiesen und des Lobes würdig ist. 35:15

Nehmen wir uns das Buch Gottes als Gottergebene (Muslime) zu Herzen und seien wir nicht wie die früheren Juden, welche die Inhalte der Thora missachteten. Seien wir nicht wie Esel, die einfach nur aus Tradition Bücher auf ihrem Rücken tragen, und seien wir nicht wie die 75 Millionen potientiellen Hodschas, die alles besser wissen, aber nichts wissen, sondern nehmen wir das Buch in die Hand und lesen darin!

Das Gleichnis derer, denen die Thora auferlegt wurde, und die ihr dann nicht nachlebten, ist wie das Gleichnis eines Esels, der Bücher trägt. Übel steht es um Leute, die Allahs Zeichen leugnen. Und Allah weist dem Volk der Frevler nicht den Weg. 62:5

Mein Feind das „Ich“

Ich suche Zuflucht bei Gott vor dem verworfenen Satan
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Einen Moment, wieso suche ich Zuflucht vor dem verworfenen Satan? Hab ich den Satz soeben überhaupt bewusst gefühlt, gelesen und verstanden? Was hat der Satan mit meinen Gedanken zu tun? Was macht den Satan aus, so dass er der Verworfene ist und ich ihn als meinen Feind sehen sollte? Was ist sein Wesen? In diesem Artikel geht es zusammengefasst um Folgendes:

 

Unser größter Feind ist unser eigenes Selbstbild. Das sogenannte „Ich“.

 

Weil man dieses „Ich“ nicht messen, sehen, hören, schmecken oder riechen kann, ist er unser bester Täuscher. Denn „den ärgsten Feind findet man dort, wo man ihn zuletzt erwartet.“ Das Problem ist, dass sich dort das „Ich“ versteckt. Nämlich in uns selbst. Es verkauft seine Gedanken und seine Gefühle als die unsrigen. Sie halten es für sich! Und der größte Betrug ist, dass es uns vorgaukelt: „Ich bin du!“

Wie fühlt es sich jetzt an, wenn Sie als tief gläubiger Mensch den folgenden Satz lesen und versuchen zu glauben: Man fand heraus, dass es auf keinen Fall eine Gottheit in irgendeiner Form geben kann?
Wie fühlt es sich jetzt an, wenn Sie als überzeugter Atheist den folgenden Satz lesen und annehmen müssten: Gottes Existenz ist unweigerlich zu akzeptieren!

 

Erste Regel des Gewerbes: Beschütze deine Anlage.

 

Das Selbstbild des „Ich“ ist im Moment gefährdet. Menschen müssen ihr eigenes „Ich“ notgedrungen verteidigen. Sie könnten dafür lügen, betrügen, stehlen, gar morden. Sie werden alles Notwendige tun für den Schutz dessen, was man „die Schranken des Ichs“ nennen könnte.

 

Wie der Abonnent, wenn er die Zeitung überflogen hat, für einen Augenblick die Illusion genießt, er wisse nun in der Welt für vierundzwanzig Stunden Bescheid und es sei im Grunde nichts passiert, als was kluge Redakteure schon in der Donnerstagsnummer teilweise vorausgesagt hätten, ganz ebenso malt und lügt sich jeder von uns jeden Tag und jede Stunde den Urwald der Geheimnisse in einen hübschen Garten oder in eine flache, übersichtliche Landkarte um, der Moralist mit Hilfe seiner Maximen, der Religiöse mit Hilfe seines Glaubens, der Ingenieur mit Hilfe seiner Rechenschieber, der Maler mit Hilfe seiner Palette und der Dichter mit Hilfe seiner Vorbilder und Ideale.
– Aus „Geheimnisse“ von Hermann Hesse, 1947

 

Unser Verstand versteht nur mühsam, dass es noch etwas „hinter ihm“ gibt. Etwas von „scheinbar größerem Wert und von größerer Macht, die Wahrheit zu verleugnen, als es selbst“. Die Leute sperren sich selbst in vollkommener Ahnungslosigkeit ein und wissen nicht, dass es ein „Ich“ gibt. Sie kennen den Unterschied nicht. Sie sehen auch nicht, dass das „Ich“ Feindbilder erschafft und erfindet, weil es uns etwas vorgaukelt. Für gewöhnlich glauben wir diesen Bildern und sehen sie dann als reale Feinde, womit wir sie dann zu einer echten Gefahr machen. Das heisst, dass das „Ich“ uns einen Feind erschafft, wir diesem Feindbild glauben und dann auch als „Feind des ‚Ich'“ wahrnehmen, obwohl es eine Konstruktion des „Ich“ ist!

Das „Ich“ hilft uns ausgesprochen intensiv dabei, scheinbar plausible Begründungen für unser Denken zu finden. Im Anschluss verschafft es uns dieses gute Gefühl der Bequemlichkeit bei diesem Gedanken. Daran erkennen wir, dass all unsere Feinde unsere eigene Erfindung sind. Das „Ich“ meldet sich sofort: Bedeutet das jetzt, dass wenn mir ein Amokläufer begegnet und mich erschießt, dass ich mir ihn nur selbst erschaffen habe? Wenn eine Frau vergewaltigt wird, ist sie dann selbst schuld? Ich lade Sie ein darüber nachzudenken, ob in diesem Kontext diese Art von Feindbild gedacht ist, oder ob sich ihr „Ich“ nur weigert, die Wahrheit dahinter zu sehen, sich selbst zu entlarven. Welche Bilder kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie im obigen Kontext „Feind“ lesen?

In Religionen ist das „Ich“ in der Figur des Satans manifestiert. Natürlich realisiert niemand, wie klug das „Ich“ ist, denn es lässt den Satan zu, und man kann die Schuld von sich weisen. Egal was das „Ich“ in Ihrem Kopf sagt, einen „äußeren Feind“ gibt es nicht. Feindbilder sind nicht natürlich gegeben, sondern müssen erst erschaffen werden. Vielmehr ist es das „Ich“, das uns als Feind im Weg steht, denn es projiziert sich selbst als sein eigener Feind.

Der Satan steht für das Abgleiten vom Weg des Lichts – die Versuchung der Bequemlichkeit und dem „Ich“ zu erliegen, statt sich auf Gott zu konzentrieren. Es ist kein Zufall, dass der Schöpfer und Ewige uns mitteilt, dass wir aus Seinem Heiligen Atem gemacht sind. Deshalb suchte ich eingangs mit mir höchstmöglicher Aufmerksamkeit Zuflucht vor dem Satan. Damit mein Herz und meine Seele möglichst rein und fern vom „Ich“ sind. Damit meine Seele zurück zu Gott findet. Selbst bei banalen alltäglichen Dingen.

Der Satan ist keine Person oder kein fixes Wesen außerhalb von uns. Er flüstert uns Dinge ein, indem er uns vorgaukelt unsere Seele zu sein. Er steht für den Mangel an Gutem in uns; er ist unsere schlechte Seite, die schlecht zu uns redet. Der Satan unterliegt jedoch der Kontrolle Gottes, wenn wir also mit reinem Herzen an Gott und an Seine Barmherzigkeit glauben, müssen wir den Satan nicht fürchten und haben Gewissheit, dass das „Ich“ bzw. der Satan uns nichts einreden wird. Atheisten entgeht in dieser Hinsicht ein enormes Potential. Noch schlimmer ist es aber als Gläubiger zu leben, der das „Ich“ nicht als Gegner versteht. Diese haben oft ein dunkleres Licht als viele Atheisten. Ihre Selbsttäuschung ist nämlich schlimmer. Sie haben es überhaupt nicht begriffen, dass sich der Satan insbesondere dort pudelwohl fühlt, wo man ihn sich am wenigsten vorstellt. Einige haben das Spiel mit dem Satan begriffen, aber unterschätzen es gewaltig. Auch diese werden wohl ihr Licht nicht gepflegt haben können. Man könnte an dieser Stelle sogar noch einen Unterschied zwischen dem „Ich“ und dem Satan vornehmen, allerdings würde das die Situation noch unnötig verkomplizieren. Seien Sie Ihr eigener Gegner!

 

„Man wird nur schlauer, wenn man gegen schlauere Gegner spielt.“

 

Ein Beispiel eines solchen Gläubigen: Gottes Wort als Dekoration oder Talisman bei sich zu haben in Form eines kleinen Büchleins oder ähnlichem (etwa als Aufhänger an der Wand) aber seine innere Botschaft zu missachten, ist zu vergleichen mit einem Esel, der auf seinem Rücken Bücher trägt. Der Satan hat in dieser Hinsicht bei Millionen von „Muslimen“ ganze Arbeit geleistet. Das „Ich“ gaukelt uns vor, dass man Angst vor den Reaktionen der Anderen haben müsse, wenn man die Botschaft ernst nimmt. Es gaukelt uns manchmal gar vor, dass es ausreiche, seiner inneren Intuition zu folgen und den Glauben einfach nur im Herzen zu tragen. Es gaukelt uns vor, dass Wissen nicht immer nötig sei, das bisher Gelernte täte es auch. Es gaukelt uns vor, dass die Mehrheit eher Recht hat. Es gaukelt uns vor, dass Ideen, Traditionen und Rituale Gültigkeit besitzen, weil sie Jahrhunderte überlebt haben.

 

Viele Feindseligkeiten, besonders im Bereich des Denkens, gehen auf Nichtverstehen zurück und auf Unklarheiten, die aus der verbreiteten Neigung resultieren, die eigenen Vorstellungen als dasselbe zu begreifen wie das, was man wirklich vor sich hat. Diese Unklarheit sowie das von ihr hervorgerufene Unverständnis, die Feindseligkeit und die Ablehnung nehmen noch zu, wenn die eigenen Vorstellungen alt und fest verankert sind, da sie durch ihr Alter geadelt sind und ihnen so eine Legitimität zukommt, die unantastbar ist und der man nicht zu nahe treten darf, da sie einen Aspekt von Heiligkeit besitzt.
– Aus „Gottes Menschenwort“ von Nasr Hamid Abu Zaid

 

Das „Ich“ schmeichelt und erschreckt, schüchtert ein und ermutigt.
Der Satan schmeichelt und erschreckt, schüchtert ein und ermutigt.

Das „Ich“ hilft uns ausgesprochen intensiv dabei, scheinbar plausible Begründungen für unser Denken zu finden. Im Anschluss verschafft es uns dieses gute Gefühl der Bequemlichkeit bei diesem Gedanken. Wieso ist es dermaßen schwierig, Gewohnheiten abzulegen? (Natürlich hat die biologische Seite einen beträchtlichen Anteil daran. Nicht minder zu bewerten ist der psychologische.) Wieso ist es dermaßen kräftezehrend, neue Ideen zu verstehen. Insbesondere solche, die unserem eigenen Weltbild widersprechen? Wir alle sollten uns fragen, wo wir nicht bereit sind uns auf etwas einzulassen und warum. Ist es so, dass wir wirklich keine Lust dazu verspüren oder ist es so, dass wir es aus Vorurteilen und Mangel an Wissen tun? Es ist auch schwierig zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat. Wieso eigentlich?

Ein weiteres Beispiel: Sprechen Sie Menschen im Alltag an? Wenn nicht, wieso? Wenn ja, wieso? Es gibt natürlich keine absoluten Antworten auf diese Fragen. Ich möchte in diesem Fall die einfachere Seite durchleuchten. Das Nicht-Ansprechen. Dabei lassen sich oft Muster erkennen, die eigentlich nur Abbilder des „Ich“ sind. Was ist, wenn man schlecht auffällt? Was ist wenn das Gesagte als anstoßend empfunden wird? Was ist, wenn mein Gegenüber keine Zeit hat oder nicht reden will oder kann? „Sprich nicht zu Fremden“, hat meine Mutter mir immer gesagt…

Dies ist eine brutale Form des „Kopf zerbrechen“. Das „Ich“ sucht nach Wegen, um das bisherige Leben aufrecht zu erhalten und es findet viele Gründe dafür, wieso es „gut“ so sei. Unser Hirn nimmt diese Gedanken auf, speichert sie und die entsprechende Situation als Beispielerlebnis ab und wartet auf die nächste Ladung an „Ich“- oder sonstigen Gedanken. Damit lassen Sie Verhaltensweisen zu, die Ihr „Ich“ Ihnen vorgaukelt. Aber dennoch ist es nicht Sie! Sie können diese Art von Gedanken leicht behandeln und abwerfen, indem Sie therapeutisch vorgehen und sich selbst die schlimmste Situation vorstellen, die auftreten könnte. Ein böser Blick, Sie werden ignoriert oder der Mensch wendet sich von Ihnen ab und wechselt seinen Platz. Ist das schlimm? Oder machen wir es uns selber schlimm? Wenn sich nun ein Mensch nicht darum kümmert, ob er abgelehnt wird oder nicht, so wird er auch die Ablehnung verkraften können. Erst unser „Ich“ redet uns eine gewisse Vorstellung ein und wir verinnerlichen die Gedanken zunehmend.

Die Wichtigkeit des Jetzt besteht darin zu erkennen, wann man unbemerkt zum Opfer des „Ich“ wurde, damit man wieder zum Gegner werden kann. Nicht umsonst heißt es in den heiligen Schriften, dass man nur sich selbst wahrhaftig tadeln und bessern kann. Wenn Sie auf die Frage des Ansprechens in beiden Fällen wahrheitsgetreu antworten können, dass Sie Menschen ansprechen oder es sein lassen, wenn Sie es wahrhaftig wollen, dann haben Sie den Einfluss des „Ich“ gut eingedämmt. Das wahrhaftige Wollen könnte man so umschreiben, dass man sich nicht allzu viele Gedanken darum macht, sondern es einfach tut. Wenn Sie eine lange Liste von Begründungen für die eine oder andere Frage bereit halten, dann hat Sie das „Ich“ noch nicht losgelassen.

Hinterfragen Sie Ihre Gedanken, Meinungen und Verhaltensweisen! Probieren Sie Neues aus ohne Angst zu haben, was andere von Ihnen denken könnten, wenn Sie es für rein und richtig halten! Gehen Sie auf Entdeckungssuche nach sich selbst, nach Ihrer wahren und reinen Seele!

 

Auch noch der geistigste und gebildetste Mensch sieht die Welt und sich selbst beständig durch die Brille sehr naiver, vereinfachender und umlügender Formeln an – am meisten aber sich selbst! Denn es ist ein, wie es scheint, eingeborenes und völlig zwanghaft wirkendes Bedürfnis aller Menschen, dass jeder sein Ich als eine Einheit sich vorstelle… Wenn nun also ein Mensch schon dazu vorschreitet, die eingebildete Einheit des Ichs zur Zweiheit auszudehnen, so ist er schon beinahe ein Genie, jedenfalls aber eine seltene und interessante Ausnahme. In Wirklichkeit aber ist kein Ich, auch nicht das naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, von Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten.
– Aus „Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse

 

Das „Ich“ ist unglaublich klug. Es passt sich jeder Situation neu an und nimmt Formen an, die fast, wirklich nur fast nicht zu entdecken sind. Man kann religiös gesehen sich sehr weit entwickelt haben, was die Eliminierung des „Ich“ angeht. Man kann ein angesehener Akademiker sein, der sich nicht von eingefahrenen Ideen abschrecken lässt, die das „Ich“ akzeptiert und vehement verteidigt. Als Künstler kann man in seiner Kunst zum Pionier werden, weil man das Spiel gegen das „Ich“ gewonnen hat. Doch wehe es sind Bereiche, denen wir uns noch zu wenig gewidmet haben! Das „Ich“ hat immer einen gewissen Vorsprung und ist besonders dann aktiv, wenn wir unsere Seele nicht pflegen. Das „Ich“ ist ein äußerst guter Spieler. Es ist ein Experte darin, unsere Seele zum Opfer zu machen. Vor allem bei noch nicht weit entwickelten Bereichen unserer Seele.

Wie Sie aber auch sehen gibt es durchaus gute Möglichkeiten, diesem „Ich“ auf die Schliche zu kommen. Hinterfragen Sie Ihre eigenen Gedanken. Seien Sie unverfälscht ehrlich zu Ihrer Seele. Probieren Sie etwas Neues aus. Werfen Sie Gedanken über Bord, die Ihnen eine bestimmte Sicht einreden wollen.

Die Wichtigkeit des Jetzt besteht darin zu erkennen, wann man unbemerkt zum Opfer des „Ich“ wurde, damit man wieder zum Gegner werden kann. Nicht umsonst heißt es in den heiligen Schriften, dass man nur sich selbst wahrhaftig tadeln und bessern kann. Dieser erste Schritt kann aber auf unterschiedliche Art und Weise schmerzhaft sein. Die Freude und das Aufgehen im Moment werden dafür umso intensiver sein.

 

Alles, was von Wert ist, setzt manchmal voraus, dass wir kurzfristig irgendeine Form des Schmerzes hinnehmen, um langfristig Freude zu gewinnen.

 

In gewissen Religionen wird der Zustand der vollkommenen Eliminierung des „Ich“ als Nirwana oder als Erleuchtung beschrieben. Die Wurzel der arabischen Worte Muslim (Ergebener), Islam (Ergebung) und Salaam (Frieden) beinhaltet unter anderem nicht von ungefähr die Bedeutung von „in tadellosem Zustand, perfekt sein“. Es geht um den Zustand vollkommener Liebe und Barmherzigkeit. Liebe, die keine Erwartungen in sich trägt. Man liebt nicht aus einer Position der Schwäche, sondern einfach weil es richtig ist. Man erhofft sich nichts. Auch diesem Zustand kann man sich in gewisser Weise annähern, denn jeder Mensch trägt den Hauch Gottes in sich. Er weiß also bereits Bescheid um seine Verbindung, nur wurde sie zurück gedrängt in die unterbewusste Ebene, wo sie bei vielen Menschen leider verkümmert. Dies ist der Einfluss des „Ich“.

Wir strahlen das aus, woran wir tief im Inneren glauben. Das Licht, das ein Mensch ausstrahlt, kann man nicht kontrollieren. Man kann es vielleicht sehr gut überspielen, aber authentische Menschen wissen, was einen Menschen wirklich ausmacht. Denn diese haben aufgrund ihrer Verbindung zu ihrer eigenen Seele erkannt, wie man das Licht eines Menschen sieht. Dazu gibt es keine Lernanleitung, sie können es einfach.

Festgefahrene Glaubenssätze sind kein Halt im Leben, im Gegenteil, durch sie argumentieren wir gegen uns selbst! Unser „Ich“ gibt schnelle Antworten auf die Fragen, die wir stellen. Wenn ich beispielsweise nach Gründen suche, warum ich bei meinen Mitmenschen nicht gut ankomme, so werden diese gefunden. Wir machen uns selbst zum Feind, wir belügen uns selbst an. Das „Ich“ findet tausend Gründe, warum das so ist. Dadurch geschieht es auch oft, dass wir unserem „Ich“ ein schädliches Vertrauen schenken.

Durchbrechen Sie diesen Teufelskreis!
(Denken Sie für sich selbst einen Moment darüber nach, was der „Teufel“ im Wort „Teufelskreis“ wirklich bedeutet.)

Ein wirksames Mittel gegen das „Ich“ ist es, im JETZT zu leben. Dies ist zwar keine absolute Lösung, aber durch das Leben im JETZT werden Sie aufmerksamer. Aufmerksamer gegenüber Ihrer Seele und gegenüber den Seelen anderer Mitmenschen. Ob Sie dann damit etwas anfangen wollen, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Sie können dieses „im JETZT leben“ trainieren, indem Sie jeden Morgen fünf Minuten versuchen, sich auf Ihren Atem zu konzentrieren. Es geht dabei nicht primär um die Konzentration auf den Atem, sondern darum im JETZT zu sein. Sie können auch andere Tätigkeiten wählen wie das bewusste Hören der Natur, das Fühlen des Windes, das Riechen vom Essen, Beobachten von Menschen am Bahnhof etc. Grübeln Sie nicht nach, gehen Sie im Moment auf. Werden Sie EINS mit Ihrer Umgebung. Dann wird es Ihnen einfacher fallen, zu lieben.

Ein verwirklichtes Wesen kann gar nicht anders als ein Segen für die Welt sein. Sein Dasein allein ist schon das höchste Gut.

 

„Die Ursache Ihres Leids liegt nicht im Leben draußen, sondern in Ihnen als Ihr Ego. Sie legen sich selbst Begrenzungen auf und machen dann vergebliche Anstrengungen, sie zu überwinden.“
– Ramana Maharshi, Sei, was du bist!”

Sinn des Konzepts ‚Jenseits‘

Theologische Bewertung des Jenseits aus philosophischer Sicht

Ich suche Zuflucht beim Herrn vor dem verstoßenen Satan,
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Frieden sei mit Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser!

Symbolik und wörtliche Bedeutungen spielen im Verständnis, in der Hermeneutik einer Schrift eine wichtige Rolle. So werden sowohl im Koran als auch in der Bibel des Öfteren Gleichnisse angeführt, die, wie der Name schon sagt, keine wörtliche, sondern metaphorische(Fn1) oder allegorische(Fn2) Beschreibungen einer Aussage sind. Wenn man beginnt, über die allegorischen oder metaphorischen Verse in der Schrift nachzudenken, werden einige Probleme ersichtlich. Mir stellte sich z. B. die Frage, wieso Gott menschliche Attribute wie Liebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit etc. auf sich selbst bezieht.

So heißt es beispielsweise im Koran:

 

17:110 Sprich: Ruft Gott oder ruft den Erbarmer an. Welchen ihr auch anruft, Ihm gehören die schönsten Namen. Und sei nicht laut beim Gebet, und auch nicht leise dabei. Suche einen Weg dazwischen.

 

Das deutsche Wort ‚Jenseits‘ entspricht im Koran dem arabischen Wort „aakhera“, was wörtlich „letzte“ bedeutet, im Sinne einer endgültig letzten Endstation auf der Reise unseres Lebens. Im Folgenden jedoch werde ich ohne Einschränkung der Bedeutung das deutsche Wort verwenden.

Die wohl bekannteste, falsche Vorstellung über das Jenseits, ist die fälschlich dem Propheten Mohammed zugeschriebene Aussage, dass im Paradies 72 Jungfrauen für den Märtyrer warten. Es wird leider von Hadith-Anhängern und oberflächlich informierten Menschen geglaubt, dass dies ein Bestandteil der islamischen Glaubenslehre sei. Es ist offensichtlich, dass diese nicht im Koran enthaltene Vorstellung eine männlich bedingte Interpretation ist. Leider haben Vorstellungen wie diese das Verständnis von den Koranversen, die über das Jenseits berichten, verzerrt(Fn3). Sowohl das Paradies (Garten; arabisch Dschennah) als auch die Hölle (ar. Dschahannam, verbunden mit Nar „Feuer“) werden im Koran als Allegorien angeführt. Es wäre deshalb unlogisch, den Garten und das Feuer im Jenseits mit unseren Kenntnissen gleichzusetzen. Ein Beispiel für die Unlogik der Annahme, dass das Jenseits mit unseren Kenntnissen über diese Welt realistisch beschrieben werden könnte, ist der folgende Koranvers:

 

17:60 Und Wir sprachen zu dir: „Dein Herr umfasst die Menschen.“ Und Wir haben das Traumgesicht, das Wir dich sehen ließen, nur als eine Prüfung für die Menschen gemacht und ebenso den im Koran verfluchten Baum. Und Wir warnen sie. Doch das steigert nur ihre Widersetzlichkeit.

37:62-66 Ist dies besser als Bewirtung oder der Baum Zaqqum? Wir haben ihn zu einer Prüfung für die Ungerechten gemacht. Er ist ein Baum, der aus dem Grunde der Hölle empor wächst. Seine Früchte sind wie Satansköpfe. Sie sollen davon essen und (ihre) Bäuche damit füllen.

 

Edip Yüksel kommentiert den Vers 17:60 wie folgt:

Kuran’ı almak için Muhammed peygamber’in seyahatine değiniliyor olabilir (17:1 ve 53:1-18). Cehennem ateşi içinde biten Zakkum ağacına değiniliyor (37:62-66). „Cehennem ateşi“ ifadesini mecazi olarak anlamak istemeyenler, „ateşin içinde ağaç mı yetişir?“ diyerek inkarlarında fanatikleştiler. Tanrı, ikiyüzlülere ve inkar etmek isteyenlere özellikle bahane verir (2:26; 3:7; 17:82; 74:31).

Übersetzung:
[Der Vers] könnte sich auf die Reise beziehen, bei der der Prophet Mohammed den Koran erhielt (17:1 und 53:1-18). [Ebenso] bezieht sich [der Vers] auf den Zakkum-Baum, der im Höllenfeuer gedeiht (37:62-66). Jene, die die Formulierung „Höllenfeuer“ nicht allegorisch verstehen wollen, wurden in ihrer Ableugnung zu Fanatikern, indem sie „wie kann ein Baum im Feuer gedeihen?“ fragten. Gott gibt insbesondere den Heuchlern und denen, die ableugnen wollen, die Möglichkeit für Ausreden (2:26; 3:7; 17:82; 74:31)

 

Zu den wichtigsten Glaubensgrundsätzen des Koranischen Islam gehört der zweifellose Glaube ans Jenseits (vgl. 2:62, 5:69). Der auf den ersten Blick erscheinende Sinn dieser betonten Wichtigkeit liegt darin, dass das Jenseits Gerechtigkeit bringen wird. Jenseits als Hoffnung auf etwas Besseres, auf eine Belohnung. Leider wird das Konzept des Jenseits in vielen Moscheen in einer sehr einseitigen Sicht repräsentiert. Beispielsweise hörte ich in einer auf Türkisch gehaltenen Freitagspredigt in einer Zürcher Moschee ständig von der „Hölle“ und dem brennenden Feuer, welche die „Ungläubigen“ (meist als „Nichtmuslime“ gleichgesetzt) heimsuchen werde. Die meisten der Zuhörer, alle ausnahmslos männlich, waren zweifellos Türken. Ich sah, wie einige Köpfe nickten und dachte darüber nach, wie viele der Zuhörer wohl den Koran je selbst gelesen haben, so, dass sie ihn auch selber verstehen. Die meisten der „Argumente“, die in der Predigt gehalten wurden, hätte ich mit einigen wenigen Koranversen widerlegt (beispielsweise die Annahme der meisten Sunniten, alles aus ihrer Sicht Nichtmuslimische komme ins Feuer: 2:94, 2:111), doch ich war nicht auf eine Diskussion aus und es wäre bestimmt amüsant gewesen, zu sehen, was in einem Raum vollgefüllt mit Sunniten mit dem Widersprechenden passieren würde. Gott sei Dank, dass Er mir die Vernunft gegeben hat, zu schweigen!

Es gibt Gott sei aller unendlicher Dank viele Wege, die zu Ihm, dem Einen Gott führen und all diese Wege sind nicht zu werten!

 

17:63-65 Gott sprach: „Fort mit dir (Satan)! Und wer von ihnen dir folgt, fürwahr, die Hölle soll euer aller Lohn sein, ein verdienter Lohn. Und scheuche mit deiner Stimme auf, wen (auch immer) von ihnen du kannst, setze ihnen zu mit allen deinen Heerscharen und Ross, nimm an ihrem Vermögen und ihren Kindern (als Partner) teil und mach ihnen Versprechungen! Der Satan macht ihnen nur trügerische Versprechungen. Über Meine Diener hast du keine Macht. Sie verlassen sich auf Gott allein.“ Dein Herr genügt ihnen als Beschützer.

 

Viele der von Menschen ausgehenden Höllendrohungen, die an andere Menschen gerichtet sind, werden offensichtlich aus dem Grunde angeführt, dass sie meinen, nur das sei gerecht. Es ist ihre eigene Interpretation der Gerechtigkeit: die Anderen, die „Schlechten“. Dabei entstehen oft typische Rachegedanken wie „Wirst schon sehen, was du davon hast“ oder „Du wirst in der Hölle schmoren! Mir wird es dann besser gehen als dir“, die wir dann Gott „unterschieben“. Dabei übersehen Menschen oft, dass niemand den Anderen genau kennt, und tun all dies, ohne zu wissen, was Seine Gerechtigkeit ist. Denn Gott rechnet anders: würde er Gerechtigkeit vor Gnade walten lassen, gäbe es niemanden von uns mehr (35:45, 16:61). Wir denken, dass diese Beobachtung bei gewöhnlichen Menschen zutreffen kann. Politische Führerpersonen oder Gelehrte (studierte Personen) wissen auch, dass Angst die Bereitschaft bei Menschen verstärkt, alles zu tun, um sich wieder in Sicherheit zu wiegen. Dazu gehört auch die Befolgung von Anweisungen, welche den eigenen moralischen und ethischen Maßstäben widersprechen (wie wir später sehen werden, so Gott will).

Jenseits und die Göttliche Gerechtigkeit und Wahrheit sind laut Koran eng miteinander verbunden. Wenn wir eine oberflächliche Betrachtung der Realität vornehmen, sehen wir uns mit einer leider sehr traurigen (überprüfbaren) Wahrheit konfrontiert: der Mensch und die Gerechtigkeit tun sich schwer miteinander: Korruption, Kriege zu Profitzwecken (wie z.B. die Lüge des „Krieges für die Demokratie im Nahen Osten“ der Bush-Administration), (Ehren-)Mord, Menschenhandel, Scharlatanerie, Betrug, Egoismus (Eigennützigkeit) mit schadender Konsequenz, Umweltverschmutzung, Ausrottung gewisser Tierarten, grausame bzw. brutale Behandlung von Menschen (Steinigung, Handabhacken), Vergewaltigungen, Manipulation von Menschen, Feindseligkeiten, Passivität gegenüber Ungerechtigkeiten… die Liste scheint täglich zu wachsen. Dies alles geschieht durch die Hand des Menschen. Wer versucht, etwas gegen nur eine von den Ungerechtigkeiten zu unternehmen, wird zu Beginn der „Kampfansage“ in relativ kurzer Zeit demotiviert sein, aufgrund der unglaublich vielen Ungerechtigkeiten allein in diesem Aspekt.

Keine Frage, es gibt Gott sei Dank viele rechtschaffene, gutherzige Menschen. Doch bekannte Studien haben aufgezeigt, dass Menschen sich des Öfteren selbst falsch einschätzen.

 

Das Stanford Prison Experiment

ZimbardoVielleicht kennen Sie den deutschen Film „Das Experiment“, die teilweise unrealistische Verfilmung eines wirklich stattgefundenen Experiments an der Universität von Stanford. Bei diesem Experiment von Philip Zimbardo (Bild rechts) erklärten sich 24 Studenten aus Palo Alto bereit, 14 Tage lang in einer Art Gefängnisanstalt zu verbringen. Die eine Hälfte sollte dabei die Rolle des Wärters übernehmen, die andere Hälfte die der Häftlinge. Die Motivation des Experimentes klingt simpel: Um die Einflüsse der Gefangenschaft zu untersuchen. Die „Wärter“ erhielten militärisch wirkende Uniformen, Sonnenbrillen, Trillerpfeifen und Schlagstöcke, und die „Gefangenen“ Kittel mit Nummern – fortan ihre Identität.

Die Lage schien entspannt und locker zu sein. Doug Karlson, einer der „Häftlinge“, schrieb: „Das Ganze ist lächerlich – nur ein Spiel, nichts weiter. Die 14 Tage schaffe ich locker!“ Die einzige Regel für die Wärter: körperliche Strafe oder Gewalt ist untersagt.

Das Scheingefängnis war kameraüberwacht und versteckte Mikrophone waren angebracht. In der ersten Nacht wurden die Gefangenen mit den Trillerpfeifen zum Appell geweckt. Schnell stellte sich heraus, dass die Wärter gerne Liegestütze als Bestrafung einsetzten. Das Experiment gerät bereits nach 36 Stunden außer Kontrolle, als der erste Gefangene – D. Karlson – seine Entlassung verlangte, nachdem er einen Nervenzusammenbruch erlitt. Am dritten Tag: Die Wärter verschärften ihre Behandlung der Gefangenen und zwangen einige, allein mit ihren Händen (ohne irgendwelche Hilfsmittel) Toiletten zu putzen. Mehrere Appelle fanden statt und Liegestütze wurden abverlangt. Zwei weitere Gefangene wurden entlassen, da sie unter dem Druck zusammenbrachen. Am vierten Tag kam ein katholischer Priester und machte die Gefangenen darauf aufmerksam, dass sie das Recht auf einen Anwalt hätten, da sie ja im Gefängnis saßen. Noch am selben Tag verlor ein weiterer Gefangener die Fassung und fing an zu weinen. Noch während seines Entlassungsgesprächs musste dieser zuhören, wie die restlichen Gefangenen, von einem Wärter dazu aufgefordert, im Chor sprachen „Gefangener 819 ist ein böser Typ“. Als erste Reaktion wollte er wieder zurück in seine Zelle, um allen zu beweisen, dass er doch durchhalten werde und konnte erst von Zimbardo zur Vernunft gebracht und entlassen werden.

Am Abend des fünften Tages kamen die Angehörigen der Gefangenen zu Besuch. Einige der Eltern berichteten, dass ein katholischer Priester angerufen und ihnen geraten hatte, ihrem Sohn einen Anwalt zu verschaffen, damit dieser auf Kaution freigelassen werden konnte. Zimbardo folgte dieser Aufforderung und ließ einen Anwalt mit jedem Gefangenen sprechen. Zu diesem Zeitpunkt wurde Zimbardo klar, dass er das Experiment beenden musste, weil es kein Experiment mehr war. Die Gefangenen wurden in der Nacht entlassen.(Fn4)

Die Ergebnisse: Bei nicht-sadistischen Menschen wurde sadistisches Verhalten hervorgerufen. Psychische Folter, um die „Gefangenen“ zu quälen, wurde ganz offen eingesetzt (Gefangener 819 ist böse). „Nicht die Persönlichkeit des Menschen entscheidet, ob er grausam handelt, sondern die Umstände“, lautet die Folgerung Zimbardos. Weiter sagt er: „Wir gleichen unseren Charakter immer weiter jener Rolle an, die wir übernehmen, sobald wir die Aufgabe ausführen.“ Einfacher ausgedrückt: Der junge Student verinnerlicht seine Rolle als Wärter, der für Ordnung und Ruhe sorgen soll. Die Rolle ist nicht mehr nur eine Rolle, sondern real.(Fn5)

Zimbardo fordert heute noch ein Überdenken des Aufbaus von Gefängnissen, da seine Studie gezeigt habe, wie leicht Gefängnis anfällig für Gewalt- und Machtmissbrauch ist.

Dieses Experiment erklärt aber immer noch nicht zufriedenstellend, weshalb dermaßen viele Menschen beispielsweise während der Nazi-Regime-Zeit bereit waren, sich in den Dienst der Tötungsmaschinerie der Nazis zu stellen! Lag es an einem grundsätzlichen Charakterfehler dieser Menschen oder gibt es Situationen und Umstände, unter denen möglicherweise jeder in der Lage wäre, andere Menschen zu foltern und sogar zu töten?

 

Das Milgram Experiment

Milgram Der amerikanische Sozialpsychologe Stanley Milgram untersuchte in einem Experiment den Obrigkeitsgehorsam von Menschen. Dieses Experiment ging in die Geschichte ein; interessant und faszinierend, beängstigend und erschreckend, entsetzend und erstaunlich zugleich. Ich habe versucht, das Experiment so kurz wie möglich zusammenzufassen:

Dem Probanden wird in einem manipulierten Los die Rolle des Lehrers zugeteilt. Dass der Schüler in Wahrheit ein Schauspieler ist, wird verschwiegen. Der Schüler wird an einem Stuhl angebunden, wonach ihm Elektroden angeschlossen werden. Den Versuchspersonen wird ein „Schockgenerator“ mit 30 aufsteigend angeordneten Kippschaltern gezeigt, die je um 15 Volt von 15 bis 450 Volt steigen. Zusätzlich waren zu je vier Schaltern die Aufschriften „Leichter Schock“, „Mäßiger Schock“, „Mittlerer Schock“, „Kräftiger Schock, „Schwerer Schock“, „Sehr schwerer Schock“ sowie „Gefahr: Bedrohlicher Schock“ angebracht, die letzten beiden Schalter trugen die Aufschrift „XXX“. Der Versuchsleiter sagt aus, dass die Schocks zwar äußerst schmerzhaft sein können, allerdings nicht zu dauerhaften Gewebeschäden führten.

Der „Test“ besteht darin, dass der Schüler gewisse Fragen gestellt bekommt, die er möglichst korrekt beantworten soll. Die Aufgabe des Lehrers ist nun, dem Schüler bei einer falschen Antwort einen Elektroschock zu verpassen und bei der nächsten falschen Antwort den nächsten Schalter zu betätigen (15 Volt höher). (Natürlich erhält der Schauspieler in Wahrheit keinen wirklichen Schock, er täuscht ihn lediglich vor.) Beim fünften Schock angelangt (75 V), beginnt der Schüler zu stöhnen und zu klagen. Bei 150 Volt möchte der Schüler das Experiment abbrechen und bei 180 Volt schreit er, dass der Schmerz nicht mehr aushaltbar sei. Beim Betätigen des mit „Gefahr: Extremer Stromstoß“ gekennzeichneten Knopfes hört er das Opfer im Nebenraum an die Wand hämmern. Der Schüler fleht regelrecht darum und wiederholt mehrere Male: „Lasst mich raus! Lasst mich raus! Lasst mich raus!“ Die Tonbandaufnahme dazu:

 

Der Versuchsleiter erklärt dem Probanden, dass keine Antwort eine falsche sei und fordert den Lehrer auf weiterzumachen.

Es gab verschiedenste Reaktionen der Versuchspersonen, jedoch gehorchten sie im Allgemeinen den Anweisungen des Versuchsleiters. Auffällig war, dass die Probanden häufig versuchten, ihr Opfer so wenig wie möglich wahrzunehmen und ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Versuchsleiter zu richten. Dieses Ereignis bezeichnete Milgram als „Einstimmung auf die Autorität“. Einige lachten aufgrund ihrer Verlegenheit sogar, als das Opfer aufschrie.

Manche der Probanden verlangten zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt die Versicherung, dass sie nicht haftbar gemacht werden können bzw. dass die Verantwortung vollständig beim Versuchsleiter sei. Mehr als 62 Prozent gingen bis zum Ende der Skala (450 Volt), auch wenn einige Versuchspersonen durch vier sich steigernde Aufforderungen des Versuchsleiters (Bitte fahren Sie fort! – Bitte machen Sie weiter! – Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen! – Sie müssen unbedingt weitermachen! – Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!) dazu gedrängt werden mussten.

Nach Ende des Experiments fand mit jeder Versuchsperson ein aufklärendes Gespräch statt. Milgrams Experiment wurde vielfach und in verschiedenen Variationen wiederholt und in allen Fällen ließ sich ein bedeutsames Maß an Gehorsam feststellen. Überall reagierten die Menschen, Mann oder Frau, ähnlich wie in Milgrams Versuch. In Nachbefragungen gaben 83,5 Prozent der gehorsamen Versuchspersonen und 83,3 Prozent der Ungehorsamen an, sie seien froh, an dem Experiment teilgenommen zu haben.

Die fundamentalste Erkenntnis der Untersuchung sei, dass ganz gewöhnliche Menschen, die nur ihre Aufgabe erfüllten und keinerlei persönliche Feindschaft empfänden, zu Handlungen in einem Vernichtungsprozess veranlasst werden könnten(Fn6). „Der Schlüssel zum Verhalten von Personen liegt nicht in einem aufgestauten Ärger oder in Aggression, sondern in ihrer Beziehung zur Autorität“, so Milgrams Urteil. Seine Studie zeigte, dass Menschen oftmals grausamer waren, als sie es sich selbst zuvor eingestanden hätten, wenn der an sich unspektakuläre Faktor hinzukam, dass sie ihre Verantwortung „abgeben“ konnten. Auch einige unter meinen Lesern glauben vielleicht, dass sie anders reagiert hätten. Doch die Studie zeigte, dass dem nicht so ist. Vielleicht hätte ich selbst auch bis 450 Volt weitergemacht. Gott bewahre!

Der kanadische Psychologe Albert Bandura sagt des Weiteren: „Gib einem Menschen eine Aufgabe, und er wird alles tun, egal wie grausam es ist.“ Erhalten wir eine Aufgabe zugeteilt, können wir die Verantwortung auf die „höhere Instanz“ abschieben. Einige von Ihnen werden so Gott will bereits wissen, worauf ich hinaus will.

 

Theologische Bewertung

2:170 Und wenn ihnen gesagt wird: „Folgt dem, was Gott hinabsandte“, sagen sie: „Nein! Wir folgen nur dem Weg unserer Väter.“ Wenn nun aber ihre Väter nichts verstanden haben und nicht rechtgeleitet waren?

6:116 Wenn du der Mehrzahl derer auf Erden gehorchst, werden sie dich wegführen von Gottes Weg. Sie gehen nur Vermutungen nach und raten nur.

26:74 Sie sagten: „Nein, aber wir fanden unsere Väter das tun (was wir tun).

32:34 und 28:36 Wir haben von unseren Vorfahren nie dergleichen gehört.

31:21 Wenn ihnen gesagt wird: „Folgt dem, was Gott herabgesandt hat!“ sagen sie: „Wir folgen den Wegen, auf denen wir unsere Väter fanden.“

53:39 Dass dem Menschen nichts anderes zuteil wird als das, wonach er strebt.

6:164 …und keine Seele wirkt, es sei denn gegen sich selbst, und keine lasttragende (Seele) soll die Last einer anderen tragen…

82:19 An jenem Tag wird keine Seele etwas für eine andere Seele zu tun vermögen; und der Befehl an jenem Tage steht einzig Gott zu.

 

Ich möchte diesen Artikel nicht mit Koranversen überfüllen, aber auch nicht die relevanten Verse vorenthalten. Deshalb gebe ich hier für die Interessierten und Neugierigen eine Liste von relevanten Koranversen an: 67:1-2, 18:7, 7:56, 23:115, 51:56, 13:26, 67:2, 21:34-35, 3:185-186, 2:155-157, 6:59, 94:5-6, 17:4, 2:286.

Ob Sie nun ein gläubiger Mensch sind oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Es ist zu leicht, die Verantwortung auf andere abzuschieben („er trieb mich dazu“, „wenn er nicht da wäre, hätte ich’s nicht gemacht“, „das haben doch unsere Vorväter auch so gemacht“, oder gar „eigentlich war er es“). Selbstbelügung, Ignoranz, „Missverständnisse und Trägheit verursachen mehr Irrungen in der Welt als List, Feindseligkeit und Bosheit. Wenigstens sind die letzteren gewiss seltener.“ Nach dem Gewissen zu handeln kann durchaus auch einmal bedeuten persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Zum Beispiel sich auch einmal gegen eine Mehrheit zu stellen, wenn etwas als falsch erkannt wurde. „Ein gutes Gewissen ist besser, selbst in einem schlechten Kerker“, meinte Ernst Wiechert. Wichtig ist auch, die Sensibilität gegenüber der Ungerechtigkeit zu bewahren. Die erste falsche oder schlechte Tat fällt vielleicht noch schwer, aber mit zunehmender Wiederholung – auch in verschiedenen Varianten der Tat – stumpfen wir für gewöhnlich ab. Wir sehen alles so, wie wir sehen wollen, bis wir es anders sehen müssen. Statt die schlechten Taten irgendwie zu rechtfertigen, sollten wir sie offen und direkt zugeben. Wir müssen uns also dazu zwingen, dass wir eine Sache anders betrachten müssen, als wir wollen. Ehrlichkeit, Geduld und Aufrichtigkeit sind dabei enorm wichtig. Ohne sie kann keine wirkliche Erkenntnis entstehen. Nur das, was aus Geduld und sorgfältiger Überlegung entsteht, kann reifen und zu etwas Fruchtbarem gedeihen!

Gott hat uns unseren Verstand und unser Herz geschenkt. Dieser gnadenreiche Wille Gottes zeigt, dass Er uns Freiheit und damit viel Verantwortung gegeben hat, vor allem für uns selbst. Unser Gewissen kann uns helfen, uns mit unseren Unzulänglichkeiten, Schwächen und Boshaftigkeiten auseinanderzusetzen, damit wir unser Herz reinigen können.

Doch nicht nur unser Gewissen, m. E. eine menschliche Kombination aus Verstand und Herz, sondern auch die Wissenschaft hilft uns bei der Reinigung der menschlichen Seele, indem sie mit aller Offenheit auch die unbequemen Wahrheiten offenlegt/entdeckt. Wir können von der Wissenschaft, dem Buch Gottes in der Natur, viel lernen und unser Weltbild erneuern.

 

Psalm 111:2-5 Groß sind die Werke des HERRN; wer sie erforscht, der hat Freude daran. Was er tut, das ist herrlich und prächtig, und seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich. Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige HERR. Er gibt Speise denen, die ihn fürchten; er gedenkt ewig an seinen Bund.

41:53-54 Bald werden Wir sie Unsere Zeichen sehen lassen überall auf Erden und an ihnen selbst, bis ihnen deutlich wird, dass es die Wahrheit ist. Genügt es denn nicht, dass dein Herr Zeuge ist über alle Dinge? Höret! Sie sind im Zweifel über die Begegnung mit ihrem Herrn. Siehe, Er umfasst alle Dinge.

13:11 … Gott verändert den Zustand eines Volkes nicht eher, bis die Menschen ihren Zustand selbst geändert haben.

35:18 Und kein Sünder kann die Last eines andern tragen; Und wenn eine schwerbeladene um ihrer Last willen ruft, soll nichts davon getragen werden, auch wenn es sich um einen Verwandten handelte. Du kannst die allein warnen, die Ehrfurcht vor ihrem Herrn auch im Geheimen (wenn sie allein sind) haben und das Kontaktgebet verrichten. Und wer sich reinigt, der reinigt sich nur zu seinem eigenen Vorteil. Und zu Gott soll die Heimkehr sein.

 

Der Sinn des Jenseits besteht darin, unser Gewissen anzusprechen. Wir sind keine perfekte Wesen und machen Fehler. Es ist wahrlich schwer, sich die eigenen Fehler einzugestehen. Nichtsdestotrotz sollten wir dies jeden Tag versuchen und hoffen, dass unsere Mitmenschen aktiv ins Geschehen eingreifen und uns gegebenfalls auf unsere Fehler aufmerksam machen (der „Dschihad“ mit uns selbst).

 

16:60 Diejenigen, die an das Jenseits nicht glauben, besitzen die Eigenschaft des Bösen. Gott besitzt die höchste Eigenschaft, und er ist der Mächtige, der Weise.

 

Dieser Vers spricht genau diesen Punkt an. Wer die Begegnung mit dem Herrn ableugnet oder sie ignoriert, vergisst auch das Konzept der Verantwortlichkeit eigener Taten. Das Konzept des Jenseits ist das Konzept der Verantwortlichkeit. Wer dies ignoriert, betrachtet sich selbst als – bewusst oder unbewusst – verantwortungslos und wird, wo er im Allgemeinen ein gutmütiger und friedlicher Mensch war, in den bestimmten Situationen zum Werkzeug der Maschinerie des Verderbens. Nur bei einer Verbundenheit mit Gott und Seinem Wort wird einem die eigene Verantwortlichkeit immer wieder aufs Neue vor Augen geführt. Deshalb:

Hinterfragen Sie alles und denken Sie daran, sobald eine einzige Stimme erhoben wird, folgen andere diesem Beispiel. Das liegt in der Natur des Menschen. Sie müssen nur den Mut haben, Gott zuliebe als Erste/r einzuschreiten! Bleiben Sie kritisch und hinterfragen Sie alles. Stellen Sie sich vor, dass Sie eines Tages vor Gott stehen und wegen Ihrer Taten zur Rechenschaft gezogen werden und Ausreden werden nicht gelten.

 

43:44 … und ihr werdet wahrlich zur Rechenschaft gezogen werden.

58:13 … Und Gott ist wohl kundig dessen, was ihr tut.

99:7-8 Wer ein gutes Werk im Gewicht eines Stäubchens verrichtet hat, wird es dann sehen. Und wer auch nur eines Stäubchens Gewicht Böses tut, der wird es dann schauen.

 


Fußnoten

1- Bei einer Metapher (griechisch, von metà phérein „anderswohin tragen“) wird ein Wort nicht in seiner wörtlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung gebraucht, wobei zwischen der wörtlich bezeichneten Sache und der übertragen gemeinten eine Affinität („Ähnlichkeit“) vorhanden ist.

2- Die Allegorie („etwas anders ausdrücken“) ist eine Form indirekter Aussage, bei der eine Sache (Ding, Person, Vorgang) aufgrund von Ähnlichkeits- und/oder Verwandtschaftsbeziehungen als Zeichen einer anderen Sache (Ding, Person, Vorgang, abstrakter Begriff) eingesetzt wird. (Quelle: Wiki)

3- Ein Beispiel für eine weitere verzerrte Vorstellung über das Jenseits aufgrund sunnitischer Interpretationen lautet wie folgt: „Die Hölle ist als Feuergrube gedacht, über die eine schmale Brücke in den Himmel führt. Alle Seelen der Toten müssen über diese Brücke gehen, lediglich die Verdammten fallen ins Feuer, wenn sie nicht durch die Gnade Gottes erlöst werden.“ Diese und auch weitere, „zu menschlich orientierte“ Vorstellungen entstammen aus den Hadith-Büchern, deren Inhalte zu Unrecht dem Propheten Mohammed untergejubelt werden. Das Höllenfeuer steht i. A. für die unsäglichen Schmerzen, die ein von Gott verurteilter Mensch in der Gottesferne erleiden wird.

4- Quellen und weitere Links zum Stanford Prison Experiment:

http://www.prisonexp.org/ (egl.)
Das Stanford-Gefängnis-Experiment: Eine Simulationsstudie über die Psychologie der Haft
Homepage
von Philip G. Zimbardo (egl.)
Stanford-Prison-Experiment (wiki)

5- Meiner Meinung nach ist Zimbardos Ergebnis nicht vollständig, dass die Versuchspersonen allein die Rolle verinnerlicht hätten. Sowohl die Natur als auch der momentane Zustand eines Menschen bestimmen aus meiner Sicht das menschliche Handeln. Das Leben ist verwobener und komplexer, als es scheint.

6- Milgram, Stanley (1982): Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität. Reinbek bei Hamburg, S. 22.
Quellen und weitere Links zum Milgram-Experiment:

Milgram-Experiment (Wiki)
Die Milgram-Experimente
Dr. Thomas Blass Presents: Stanley Milgram.com
Grausame Schule (egl.)

„Wie stark dieser Einfluss [Anm. d. A.: der Agens-Zustand] ist, belegt ein Versuch mit 22 Krankenschwestern, die während einer Vorbesprechung alle einstimmig angaben, unter keinen Umständen einen Patienten wissentlich zu schädigen. Wenige Tage später erhielten ebendiese Schwestern auf ihrer Station einen Anruf von einem Unbekannten, der sich als Arzt ausgab. Seine Forderung: Die Frauen sollten einem Patienten 20 Milligramm eines bestimmten Medikaments verabreichen. Dieses Medikament befand sich in einer Packung mit der ausdrücklichen Warnung, dass bereits zehn Milligramm die zulässige tägliche Höchstdosis darstellen – die doppelte Menge wäre damit tödlich. Obwohl keine der Schwestern den angeblichen Arzt kannte, zogen 21 von ihnen die Todesspritze, in Wirklichkeit ein Placebo, auf. Nur eine einzige weigerte sich, den Anweisungen zu folgen. Erschütternd? Nein – steigerungsfähig: Eine Auswertung von 75 Flugzeugunglücken zeigte, dass 25 Prozent der Unfälle hätten vermieden werden können. Warum? Weil die Piloten offensichtlich Fehlentscheidungen trafen. Dennoch stellte sich keiner der Co-Piloten gegen diese Entscheidungen – sie nahmen eher den Tod in Kauf.“ (Welt der Wunder, Ausgabe 10/07, Seite 70)

Wer bin ich, wer bist Du, wer sind wir?

Ich suche Zuflucht bei Gott vor dem verfluchten Teufel,
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Wer bin ich? – dass ich die leiseste Ahnung haben möchte, wer und wie der Eine, allmächtige Schöpfer ist.
Was bin ich? – für ein Geschöpf, das leugnet, obwohl Er ist.
Wann bin ich? – genau so geworden, dass ich im Tiefschlaf „des Lebens“ stecken geblieben bin.
Warum bin ich? – noch nicht auf dem Boden, niedergeworfen und flehend nach Erweckung.

 

Wer bist Du?

Um verstehen zu können, wer wir sind, müssen wir erst uns selbst beweisen, wer wir nicht sind. Wie wohl bemerkt sage ich nicht „müssen wir wissen, wer wir nicht sind“. Jeder Mensch, aber jeder, schleppt ein fast unzähmbares Ich mit sich, dessen Belangen nach mehr, Gelüste nach viel und Instinkte nach „nur überleben“ strebt. Das würde nur der Mensch leugnen der ausschließlich mitten drin lebt und nichts anderes kennt.

Das innerste, animalische Ich ist so tief in jedem begraben, dass man es fast nicht mehr unterscheiden kann von seinem Ganzen. Es ist sicher je nach Bildung und Erfahrung so gezähmt und so schlau geworden, dass es sich den jeweiligen sozialen Strukturen angepasst hat. Es hat sich sogar so gut mit dem Umfeld getarnt, dass „Es“ nach und nach sein Umfeld als Bezug genommen hat und richtig und falsch nur nach diesen Begebenheiten und Gegebenheiten erkennt, so dass es nur in extremen Situationen auftaucht. Jedoch werden wir in diesen extremen Situationen so vollständig von ihm überrumpelt und überrannt, dass wir keinen Blick drauf werfen und ihn dingfest machen können. Das „dingfest machen“ mögen manche ‚Selbstkritik‘ nennen. Ich will es Selbsterkenntnis nennen.

Wie können wir feststellen, wer wir im eigentlichen, abgetrennt von Körper und Umfeld, im innersten unseres Selbst sind?

Wie können wir wissen, dass nicht der innere Schweinehund, der Diener des Abtrünnigen, uns, sei es teilweise oder ganz, unter Kontrolle hat und immer und immer wieder das angeblich Gemütsame einflößt, ohne das Leben in Zusammenhang zu bringen mit dem Ganzen und dem Sinn?

Warum kann der Mensch nicht auf die einfachste Idee kommen, dass die Tatsache, dass er existiert, ein unheimlicher, schier unfassbarer, absoluter Beweis für das Eine, Ganze, Allmächtige ist?

Wie kann jeder einzelne von uns leugnen, dass er leugnet. Es gab und gibt im besten Fall, außer weniger Ausnahmen, nur den Menschen, der auf dem Weg ist zu erkennen, dass er leugnet und es langsam erkennt, wie er leugnet. Denn wenn wir nicht leugnen würden, dann könnten wir uns nicht mehr halten vor der innersten und unverfälschten Demut und Hingabe. Wir würden unser Leben im Flehen um Vergebung und tiefster Verneigung im Rücken und im Herzen verbringen. Essen und trinken würden wir nur, um atmen zu können und um den Atem zu schaffen, ihn zu preisen. Arbeiten würden wir, um dem Atem für das Preisen die Nahrung zu verschaffen. Schlafen würden wir nur, um den Schmerz des Getrenntseins zu vergessen und zurückzukehren, weil wir es sonst nicht mehr länger aushalten könnten, mit wachstem und schärfstem Bewusstsein von Ihm getrennt zu sein. Leben würden wir wollen nur um Seinetwillen. Die Wörter „Das Böse“, „Das Schlechte“, „falsch“ und „verkehrt“ würden für uns nicht existieren. Die Diskussion über den Allerschaffenden, Allmächtigen würde es nicht geben, wie es die Diskussion nicht gibt, ob wir atmen.

Was ist es, das uns behindert zu sehen und sehen zu wollen?

Friede sei über uns Menschen, die, verzeih uns mein allmächtiger Schöpfer, leider immer noch leugnen, und führe uns dessen Erkenntnis, damit wir anfangen – um Dich zu wissen.

Zeitpunkt der Stunde

aus „Kuran Çevirilerindeki Hatalar“ (Fehler in den Koranübersetzungen) von Edip Yüksel, übersetzt von Kerem A.

Vorbemerkung: dieser Artikel darf nur als Meinung von Edip Yüksel angesehen werden. Wir veröffentlichen seinen Artikel lediglich, um auf die fehlerhaften Übersetzungen hinzuweisen und um Informationen anzubieten. Auf keinen Fall sind die Betreiber oder andere Autoren der Seite pauschal mit den Inhalten des Textes einverstanden.

20:15 Die Stunde ist zweifellos im Kommen. Ich halte sie fast verborgen, damit jede Seele das erhält, was sie gewirkt hat.

Ekadu: fast/beinahe ich. Uhfiha: halte sie verborgen

Mit den obigen zwei Wörtern gibt Gott bekannt, dass Er das Ende der Welt – die Stunde – darlegt.

Der Koran gebraucht das Wort „Stunde“, um das Ende der Welt zu beschreiben. Das Wort „Qiyamat“ wird hingegen für das Auferstehen der Toten, d. h. für das Ereignis der Auferweckung gebraucht. Doch das Wort Qiyamat wurde im Türkischen falsch übernommen [Anm. des Übers.: Dieses Wort wird in der türkischen Sprache als „Weltuntergang“ verstanden]. Diese ghalat mashhur (verbreitete Falschheit) ist der Grund, wieso die türkischen Koranübersetzungen die Wörter „Stunde“ und „Qiyamat“, welche voneinander völlig verschiedene Begebenheiten bezeichnen, mit einem einzigen Wort „Qiyamat“ übersetzen. Dadurch haben sie Verwirrungen in den Koranübersetzungen ermöglicht.

Der Koran erwähnt nicht, dass Gott den Zeitpunkt der „Stunde“ nicht bekanntgeben wird; er sagt nur aus, dass die Kenntnis darüber bei Ihm ist. Gemäß Koran ist die einzige Informationsquelle über das Ende der Welt Gott. Abgesehen von Gott kann sie auf keine Weise in Erfahrung gebracht werden, weder mit einer astronomischen Berechnung noch mit einem Traum noch mit einer Prophezeiung.

Die Interpreter, die aus der in Vers Lokman 34 vorkommende Formulierung „innellahe indehu ilmus saati“, d. h. „das Wissen über die Stunde ist bei Gott“, die Bedeutung abgeleitet haben, dass Gott dieses Wissen niemandem geben wird, haben dies für verbindlich genommen, da sie unter der Wirkung der erfundenen Ahadith geblieben sind. Jedoch kommt dieselbe Äußerung „innellahe indehu ecrun azim“, d. h. „der große Lohn ist bei Gott“ in Vers 9:22 vor und es wird auch angekündigt, dass dieser große Lohn den Gläubigen zuteil wird (4:146).

Auf dieselbe Weise kann Gott, sofern Er will, den Zeitpunkt der „Stunde“, der bei Ihm ist, mittels Koran den Menschen bekanntgeben. Denn mit dem Vers 20:15 bemerkt Er, dass Er die „Stunde“ offen legt. Die Derivate des im Vers vorkommenden Wortes „ekadu“ kommen im Koran an 24 Stellen vor und bekunden an allen Stellen, dass das vorkommende Ereignis fast verwirklicht werden würde, aber schließlich nicht stattgefunden hat. Wenn Sie wünschen, können Sie folgende Verse betrachten: 2:71; 2:20; 7:150; 17:73,74; 68:51.

Die Interpreter und Übersetzer, die unter der Wirkung der Gerüchte der erfundenen Ahadith standen, welche besagten, dass der Zeitpunkt der Stunde nicht gewusst werden kann, bemühten sich darum, dem Vers 20:15 andere Bedeutungen zu geben. Während einige nach rechts zogen, haben manche nach links gezogen; während der Eine nach oben zog, zog der Andere nach unten. Dass sie sich bei einem überaus einfach zu verstehenden Vers in Uneinigkeit verloren und schwankten, ist ein exemplarisches Beispiel.

Diyanet Übersetzung: Damit alle das erhalten, was sie gewirkt haben, wird die Qiyamat, deren Zeitpunkt ich verberge, zweifellos kommen.

Die Diyanet Übersetzung überspringt das Wort „ekadu=beinahe ich“ im Vers und bringt ein völlig gegensätzliches Ergebnis hervor.

Süleyman Ateş: Die (Qiyamat) Stunde wird zweifellos kommen. Damit alle mit dem bestraft werden, dem sie (Wohltat oder Schlechtigkeit) hinterher sind, halte ich sie beinahe verborgen (ich werde es nicht sagen, dass sie kommt. Aber da dies den Menschen nützt sage ich, dass sie kommt, und warne die Menschen).

Süleyman Ateş verschiebt mit seiner letzten Satzklammer die Bedeutung, obwohl er außerhalb der Klammern richtig übersetzt. Im Koran behandeln die gestellten Fragen über die „Stunde“ stets über den Zeitpunkt der Stunde. Natürlich wurden diese Fragen von den Fragenden nicht gestellt, um zu lernen und zu glauben, sondern um herauszufordern.

Die Übersetzung des unter der Leitung von Dr. Ali Özek stehenden Gremiums: Der Zeitpunkt der Qiyamat wird zweifellos kommen. Damit alle die Gegenleistung von dem erhalten, wonach sie trachten, werde ich sie beinahe darlegen.

Das aus Ali Özek, Hayreddin Karaman, Ali Turgut, Mustafa Çağırıcı, Ibrahim Dönmez und Sadreddin Gümüş bestehende Gremium hat ein Wort im Vers in seiner Bedeutung ins Gegenteil gekehrt, damit sich [der Vers] nicht mit den erfundenen Ahadith widerspricht, und es hat mit einer Fußnote eine angeblich wissenschaftliche Rechtfertigung gefunden.

Die Übersetzung von Hikmet Neşriyatın: Die Qiyamat wird zweifellos ausbrechen. Damit alle das sehen, was sie gewirkt haben, hätte Ich sie beinahe vor mir selbst verborgen gehalten.

Hingegen wird in dieser Übersetzung, welche die Wörter „beinahe“ und „verbergen“ nicht einspart, die im koranischen Text nicht vorkommende Äußerung „vor mir selbst“ eingeschoben und die Bedeutung des Verses verzerrt. Diese Übersetzung, welche Gott als eine Person mit doppelten Persönlichkeiten vorstellt, hat wie auch immer die Phantasie, dass „Gott den Zeitpunkt der Qiyamat sogar vor sich selbst beinahe verborgen hält“ der klaren Bedeutung des Verses vorgezogen.

Ich hoffe, dass das Bild „des doppelte Persönlichkeit besitzenden, sich selbst nicht einmal vertrauenden Gottes“ in der mir vorliegenden vierten Auflage der Übersetzung des aus Hasan Karakaya, Kadir Kabakçı, Mehmet Süslü, Kerim Aytekin und Kenan Seyithanoğlu bestehenden, fünfköpfigen Gremiums, welches die Anerkennung und den Beifall von Emin Saraç genießt, bei der nächsten Auflage verbessert wird.

Ali Bulaç: Kein Zweifel, die Stunde der Qiyamat naht herbei. Damit jeder das Entgelt vom aufgebrachten Bestreben erhält, halte ich sie fast verborgen.

Ali Bulaç hat ohne den Versuch zu unternehmen, die Bedeutung zu verzerren, diesen Vers so übersetzt wie er ist. Dass er auch keine Intentionen hat, Klammern zu gebrauchen, ist bemerkenswert.

Osman Nebioğlu: Schau, die ‚Stunde‘ wird zweifellos kommen. Ich werde sie bald offen legen, damit alle die Gegenleistung von dem erhalten, was sie getan.

Auch wenn die obige Übersetzung von Osman Nebioğlu nicht Wort für Wort übersetzt wurde, so ist sie als Bedeutung des Textes angebracht.

 

Koran nennt den Zeitpunkt der Stunde

In einem Magazin namens „El-ilm vel iman“, das in 1985 in Tunesien veröffentlicht wurde, wurde der Text eines in Tunesien gehaltenen Vortrags von Dr. Rashad Khalifa (Fn1) veröffentlicht. Am Schluss des Textes kündigte Dr. Khalifa an, beim nächsten Vortrag den Zeitpunkt der „Stunde“ aus dem Koran abzuleiten. Obwohl ich mich sehr dafür interessierte, konnte ich die nächste Ausgabe des Magazins nicht erhalten. Ich habe im Koran eine Nachforschung angestellt. Ich habe ein Datum gefunden. Dies hab ich Rashad Khalifa weitergeleitet. Rashad hat mir zusammen mit einem Brief sein Artikel namens „The End of the World“ (Das Ende der Welt) geschickt. Unsere Ergebnisse waren dieselben. Mit dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen Dr. Rashad Khalifas Artikel, zusammengefasst und mit einigen Notizen versehen, vorlegen:

Den letzten Vers der 31. Sure legt er wie folgt dar:
Das Wissen über die Stunde (das Ende der Welt) ist bei Gott. Er sendet den Regen hinab und Er weiß, was in der Gebärmutter ist. Niemand weiß, was ihm morgen passieren wird und niemand weiß, an welchem Ort er sterben wird. Wahrlich, Gott ist der Allwissende und der Allkundige (31:34).

Das heißt, dass zwei Erkenntnisse verneint werden:

  1. Die Fähigkeit zu wissen, was uns morgen passieren wird
  2. Die Fähigkeit zu wissen, wo wir sterben werden

Drei Erkenntnisse werden jedoch nicht verneint:

  1. Das Wissen über die Stunde (das Ende der Welt)
  2. Das Wissen über den Regen
  3. Das Wissen über das Innere der Gebärmutter

Heute können wir mit der entwickelten Technologie den Regen vermuten. Auf dieselbe Weise können wir den physikalischen Zustand des Embryos und sein Geschlecht bereits Monate vor der Geburt mittels sonografischer oder genetischer Analysen wissen.

 

Die Zukunft kennt nur Gott

Bei Ihm sind die Schlüssel des Verborgenen (ghayb); keiner kennt sie als Er allein. Und Er weiß, was auf dem Lande ist und was im Meer. Und nicht ein Blatt fällt nieder, ohne dass Er es weiß. Kein Körnchen ist in der Finsternis der Erde und nichts Feuchtes und nichts Trockenes, das nicht in einem deutlichen Buch (verzeichnet) wäre (6:59).

Sprich: „Niemand in den Himmeln und auf Erden kennt das Ungesehene (ghayb), außer Gott. Und sie wissen nicht, wann sie auferweckt werden.“ (27:65)

Pferde, Maultiere und Esel erschuf Er für euch, damit ihr darauf reiten könnt und als Zierde. Und Er erschafft auch, was ihr (noch) nicht kennt. (16:8)

Vor einigen Jahrhunderten wusste niemand etwas über Automobile, Jet-Flugzeuge, Fernsehen oder Kommunikationssatelliten, nur Gott wusste davon. Zu den Anfangszeiten der Offenbarung des Koran hatte Gott allein gewusst, wann der Zeitpunkt des Weltendes ist.

Sie fragen nach der „Stunde“ (das Ende der Welt): wann sie denn eintreffe. Sprich: „Das Wissen darüber ist nur bei meinem HERRN. Keiner als Er kann den Zeitpunkt bekanntgeben. Schwer lastet sie auf den Himmeln und auf der Erde. Sie wird ganz plötzlich über euch kommen.“ Man fragt dich (nach ihr), wie wenn du über sie genau im Bilde wärst. Sprich: „Das Wissen darum ist bei Gott. Doch die meisten Menschen wissen es nicht.“ (7:187)

Die Leute fragen dich nach der Stunde. Sprich: „Das Wissen um sie ist bei Gott.“ Und wie kannst du wissen? Vielleicht ist die „Stunde“ nahe. (33:63)

Niemand einschließlich Mohammed kann vom Zeitpunkt der Stunde wissen, bevor Gott ihn nicht bekannt gibt. Dieselben Formulierungen werden auch in den Versen in Bezug auf die Wunder verwendet. Mohammed kann kein Wunder zeigen (6:35,109). Alle Wunder sind bei Gott (29:50). Gott hat Mohammed als Wunder den Koran gegeben (29:51). Ähnliche Formulierungen werden auch für „ghayb“ gebraucht. Mohammed kann den Ghayb nicht wissen (6:50; 7:188; 10:20; 27:65; 81:24). Den Ghayb kann nur Gott wissen und dieses Wissen kann nur mittels Offenbarung erlangt werden (3:44; 11:49; 12:102; 30:2; 72:27).

 

Die Welt wird ein unvermeidliches Ende erleben

Wir haben alles, was es auf der Erde gibt, als Schmuck/Zierde für sie geschaffen, damit Wir prüfen, wer von ihnen am besten handelt. Und gewiss, Wir werden alles, was auf der Erde ist, zu einem dürren Boden machen (18:7,8).

Wenn dann in den Sur das erste Mal geblasen wird, und Erde und Berge gehoben, dann mit einem Schlag zerstampft werden, an jenem Tage wird das unvermeidliche Ereignis stattfinden. (69:13-15)

Am Tag, da die Erde gegen eine andere Erde eingetauscht wird. Und auch die Himmel… Sie alle werden in der Gegenwart Gottes stehen, der über alles als einziger die überlegene Autorität besitzt. (14:48)

 

Das Ende der Welt wird nicht geheim bleiben

Die Stunde ist zweifellos im Kommen. Ich halte sie beinahe verborgen. (20:15)

Die Verslaufnummer dieses Verses ist ein Zeichen. Diese Zahl ist der erste Hinweis darauf, wo wir die Erklärung der Stunde (das Ende der Welt) finden. Die Verslaufnummer ist hier 15 und wir können die die „Stunde“ erklärenden Verse in der 15. Sure finden. Denn der 85. Vers der 15. Sure teilt uns mit, dass das ENDE im Kommen ist:

Wir haben die Himmel und die Erde, und was dazwischen ist, in Wahrheit erschaffen. Und die STUNDE wird sicher eintreffen. Darum handle sanft und übe schöne Nachsicht. (15:85)

Der nachfolgende Vers teilt uns mit, dass Gott die Himmel und die Erde erschaffen hat und dass Er weiß, wann das Ende von ihnen eintrifft:

Gewiss, dein Herr, Er ist Der Erschaffende, Der Allwissende. (15:86)

Der folgende Vers hingegen gibt bekannt, wann die Stunde eintreffen wird:

Wir haben dir die sieben Paare und den großen Koran gegeben. (15:87)

Das heißt, dass die sieben Paare der koranischen Einführungen [Anm. des Übers.: gemeint sind die Muqatta’ât, die Initialbuchstaben am Anfang gewisser Suren] die Zeit kennzeichnet, welche Gott der islamischen Religion gegeben hat (Fn2). Die sieben Paare der am Anfang der Suren stehenden Buchstaben geben die Lebensdauer der islamischen Gemeinschaft und folglich die „Stunde“ wieder.

Sieben Paare: 7×2=14
Anzahl der Initialbuchstaben am Anfang der Suren: 14 (7×2)
Anzahl der zusammengesetzten Initialbuchstaben ohne Wiederholung: 14 (7×2)

Der Zusammenhang der Stunde (das Ende der Welt) mit den Koranischen Initialbuchstaben war zur Zeit unseres Propheten bekannt. Zu Zeiten Bukharys wird in den Tafsir von Ibn Kathir und Beydavi eine interessante Diskussion zwischen dem Propheten Mohammed und den medinensischen Juden überliefert.

Die Diskussion dreht sich um die erste Koranische Offenbarung in Medina, d. h. um die Buchstaben „A.L.M“ (Alif, Lam, Mim), welche den ersten Vers der ersten in Medina offenbarten Sure (Baqara) ausmachen. Zu diesen Zeiten gab es noch keine Ziffern. Die Alphabetsbuchstaben wurden gemäß der „Abdschad“-Ordnung als Ziffern verwendet. Diesem System nach ist der Buchstabe ‚A‘ gleichviel wie ‚1‘, der Buchstabe ‚L‘ gleichviel wie ’30‘ und der Buchstabe ‚M‘ gleicht ’40‘. Die Summe dieser drei Buchstaben: 1+30+40=71

Die medinensischen Juden kamen zu unserem Propheten und fragten: „Wie kannst du von uns wollen, dass wir zu einer Religion übergehen, die nur 71 Jahre überleben wird?“ Unser Prophet antwortet: „Diese sind nicht die einzigen Initialbuchstaben im Koran, es gibt noch weitere.“ Laut den Gerüchten werden insgesamt 14 Buchstabenkombinationen einzeln berechnet. Als dann eine lange Dauer erhalten wurde, passte dies den Juden nicht.

Das daraus abgeleitete Ergebnis: Mohammed erkannte es an, dass die Buchstaben am Anfang der Suren die Lebensdauer der Gemeinschaft bezeichnen (Fn3). Da Mohammed der letzte Prophet ist, wird das Ende seiner Gemeinschaft (Umma) das Ende dieser Welt sein (18:98).

Die Lebensdauer der Gemeinschaft Mohammeds wird im 87. Vers der 15. Sure gegeben: Wir haben dir die SIEBEN PAARE und den großen Koran gegeben.

 

LEBENSDAUER DER KORANISCHEN GEMEINSCHAFT

Q
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SS
HH. M
Y. S
TT. S
TT. H
‚A. S. Q
TT. S. M
A. L. M
A. L. R
A. L. M. R
A. L. M. SS
K. H. Y. ‚A. Y. S
100
50
90
48
70
69
14
230
109
71
231
271
161
195
Die Summe der numerischen Werte der sieben Paare:1709

Das Jahr 1709 ist lunar, denn die Koranischen Jahre sind lunar (9:36).

 

Die Rechnung unterstützende Zeichen

Der Zeitpunkt dieser Entdeckung ist auffallend. Die Entdeckung fand im Jahr Hidschra 1400 statt. Dies ist der Anfang des Islamischen 15. Jahrhunderts. Die Stelle, an der die Stunde (das Ende der Welt) erklärt wird, ist die 15. Sure (Fn4).

Die verbleibende Zeit: 1709-1400=309. Diese Zahl kommt auch im Koran vor.

Und sie blieben dreihundert Jahre lang in ihrer Höhle, noch neun (Jahre) hinzugefügt. (18:25)

Die Zahl 309 wird im Koran als 300 plus 9 ausgedrückt. Der Unterschied zwischen 300 Mondjahren und 300 Sonnenjahren beträgt genau 9 Jahre. Das heißt, dass 300 Sonnenjahre 309 Mondjahren entsprechen (Fn5).

Wenn die Gemeinschaft des Propheten Mohammed bis zum Jahr 1709 lebt, wird das Ende der Welt im Jahr 1710 kommen. Dass die Zahl 1710 ein Vielfaches der 19 ist, stellt ein weiteres Zeichen für die Richtigkeit dieser Rechnungen dar.

1710 = 19 x 90

Das Jahr 1710, welche das Ende der Welt ist, entspricht dem Jahr 2280 nach christlicher Zeitrechnung. Diese Zahl ist erneut ein Vielfaches der 19.

2280 = 19×120

Es sind 570 (19×30) Jahre zwischen Jesus und der Geburt des letzten Propheten, somit ist das Datum 1710 auch ein Vielfaches dieser Zahl:

1710 = 570×3

Auch die christliche Zeitrechnung vom Ende der Welt, welche das Datum 2280 ist, ist ein Vielfaches desselben Zeitabschnitts (Fn6):

2280 = 570×4

Die Stunde wird nur über die ableugnenden Ungerechten eintreffen. Die Gläubigen jedoch werden diesen grauenvollen Moment nicht miterleben. Wir sehen, dass das in 13 Versen vorkommende Wort „Baghtatan = plötzlich“ NUR die Nicht-Gläubigen betrifft (6:31,44,47; 7:95,187; 12:107; 21:40; 22:55; 26:202; 29:53; 39:55; 43:66; 47:18).

GOTT KENNT DIE WAHRHEIT AM BESTEN!

 

Antwort auf die von einem Leser per E-Mail gestellte Frage

„Laut Vers 42/18: ‚… Diejenigen, die über die Stunde streiten, sind ja völlig im Irrtum. ‚ Als ich sah, dass Sie die Stunde der Qiyamat berechnen, und auch wenn keine Folgewidrigkeit in Ihrer Vorgehensweise zu sein scheint, habe ich den obigen Vers zufällig gefunden. Was werden Sie demnach für eine Erklärung geben?“

Sie geben den Vers unvollständig wieder. Der Vers spricht von denen, die die Stunde (die Qiyamat) ableugnen. Er spricht über die, die über die Verwirklichung (und vielleicht den Zeitpunkt) der Stunde zweifelnd diskutieren. Im Koran werden in vielen Versen diese Diskussionen der Leugner zur Sprache gebracht. Wenn Sie diese Verse lesen, [sehen Sie,] dass die Leugner das Ereignis der „Stunde“ mit Zweifel betrachten und nicht daran glauben, dass solch ein Ereignis verwirklicht werden wird. Es ist falsch diejenigen, die daran glauben, dass die Stunde zu einem bestimmten Zeitpunkt verwirklicht wird, mit denen über einen Kamm zu scheren, die die Stunde ableugnen und darüber streiten. Im Gegenteil, diejenigen, die ableugnen, dass die im Koran angegebene Stunde zu einer BESTIMMTEN Zeit eintrifft, sind es eher würdig, zu dieser Kategorie zu gehören.

Gemäß Ihrem Verständnis werden diejenigen, die behaupten, dass die Stunde im Jahr 2280 sein wird, mit denen im Vers ZUSAMMEN angesprochen, die diese Behauptung [der Stunde] kritisieren. Denn beide Gruppen DISKUTIEREN über die Stunde. Wie Sie wissen braucht es zwei Gruppen, damit eine „Diskussion“ stattfinden kann. Um es kurz auszudrücken, spricht der Vers, auf den Sie sich stützen, nicht irgendwelche Diskussionen an, sondern die Diskussionen der Leugner.


Notizen:

1- Dr. Rashad Khalifa, der in der Moschee von Tucson ermordet wurde, weil er „Koran, der ganze Koran, nichts als den Koran“ sagte und die Tausende von Lügen beinhaltenden Hadith-Bücher ablehnte, hatte weltweit die Bewegung der Rückkehr zum Koran, zum ursprünglichen Islam gestartet.

2- Diejenigen, die die echte Bedeutung von „Seban minel mesani=paarige sieben“ in Zeiten des Unfriedens verloren, haben Jahrhunderte nach dem Propheten durch die Erfindung von Hunderten Ahadith dieser Formulierung Zuschreibungen gemacht. Laut den in Hadith- und Tafsir-Büchern vorkommenden Gerüchten beschreibt „seban minel mesani“:

  1. die Sure Fatiha.
  2. die sieben längsten Suren.
  3. die sieben Suren, welche mit den Buchstaben Ha.Mim. beginnen.
  4. sieben Paradiese.
  5. sieben Wunder. etc.

Wenn wir den Vers 15:87 aufmerksam betrachten, so ist zu verstehen, dass diese Gerüchte Erfindungen sind. Außerdem zeigen dies die Widersprüche unter den Gerüchten. Ich werde für jene nur einige Fragen als Hinweis stellen, die diesen Vers untersuchen wollen.

Wenn ich „Ich habe dir sieben Paare Orangen und zusätzlich eine Kiste Früchte gegeben“ sagte, sind dann die Orangen in der Kiste inbegriffen, oder nicht?

Wenn „Seban minel mesani“ die Fatiha oder die sieben langen Suren oder die sieben Suren mit Ha Mim wäre, müssten sie dann nicht laut der erwähnten Satzstellung außerhalb des Koran sein? Außerdem „Seban minel mesani“ ist nicht nur „7“, sondern „2×7“. Wenn „Seban minel mesani“ hingegen der numerische Wert der 14 Initialbuchstaben und demzufolge die der Umma gegebenen Lebensdauer ist, ist dies etwas außerhalb des Koran. Wäre dann das Verstehen der Beifügung (?) im Vers nicht einfacher?

Dass in den Versen vor „Seban minel mesani“ vom Ende der Welt und im folgenden Vers von dem gesprochen wird, was den vergangenen Gemeinschaften gegeben wurde und von der Gemeinschaft des Islam gesprochen wird, formiert welche Bedeutungsgesamteinheit?

Obwohl das in Vers 15:87 in der Formulierung „ateynake=wir gaben dir“ vorkommende Verb ETY häufig für die Torah und die Evangelien gebraucht wird, kommt sie abgesehen von dieser Stelle nie in Bezug auf den Koran vor. Für den Koran werden stets die Derivate der Verben NZL (hinabsenden) und WHY (offenbaren) gebraucht. Wieso wurde im Vers, in welcher die Formulierung „seban minel mesani“ vorkommt, eine Ausnahme vorgenommen? Ist „Zeit“ etwas, das vom Himmel hinabgesandt wird, oder etwas, das gegeben wird?

Kommt dazu nicht zusätzlich die Richtigkeit des Hadith-Gerüchts auf, das die numerischen Werte der 14 Buchstabenkombinationen als die Lebensdauer der Gemeinschaft des Islam kommentiert?

3- Einige könnten erstaunt darüber sein, dass wir diese Gerüchte überliefern und als echt ansehen. Wir nehmen diese Gerüchte nicht als Quelle und Beleg an. Die Koranverse belegen die Richtigkeit des besagten Gerüchts. Selbst wenn die Hadith-Gelehrten und Ausleger das fragliche Gerücht als Erfindung behaupteten, werden wir die Richtigkeit dieses Gerüchts aufgrund unseres Koranischen Wissens als sahih [authentisch] akzeptieren. Wir erkennen die Hadith-Bücher und die Biografien über die Propheten, Gelehrten und Khalifen nicht als zweite Religionsquelle an, in welchen die Wahrheit mit dem Falschen vermischt ist.

4- Als Beginn der Gemeinschaft des Islam kann auch das Datum der ersten Offenbarung angenommen werden. In diesem Falle müssen 12 Jahre subtrahiert werden. Selbst der Tod unseres Propheten kann als Anfangspunkt akzeptiert werden. In diesem Falle müssen 11 Jahre addiert werden. Doch wenn wir die zahlenmäßigen Übereinstimmungen bewerten, neigen wir dazu, die Hidschra als Anfangspunkt anzunehmen.

5- Das zu Beginn der 18. Sure Kehf vorkommende Ereignis der Bewohner der Höhle („Kehf Ashab“) besitzt einen engen Zusammenhang mit der „Stunde“. Wenn Sie vom neunten Vers der Sure Kehf bis zum 26. Vers die 18 Verse aufmerksam lesen, werden Sie viel Ghayb (Verborgenes) wittern. Diese werden nur dann ans Licht kommen, wenn Gott der Erhabene es wünscht. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einige der Zeichen lenken:

Die Übersetzung des 12. Verses lautet wie folgt:

„Dann weckten Wir sie auf, um zu wissen, welche von den beiden Gruppen die Zeit, die sie blieben, besser berechnen kann.“

Der 21. Vers hingegen ist sehr interessant:

„Solcherart ließen Wir sie entdecken, damit sie wissen, dass das Versprechen Gottes wahr ist, und dass es über das Eintreffen der Stunde keinerlei Zweifel gibt.“

Der Zusammenhang zwischen Kehf Ashab und der Auferstehung nach dem Sterben ist vorhanden und ein Beispiel dafür. Doch was ist ihr Zusammenhang mit der „Stunde“? Das Zeichen dieses Verses ist wichtig.

Der letzte Abschnitt des 24. Verses und der 25. Vers lauten wie folgt: „Sprich: Ich hoffe, mein Herr wird mich zu einem richtigen, noch näheren Wissen als dies führen. Sie blieben dreihundert Jahre lang in ihrer Höhle, noch neun hinzugefügt.“ Das Arabische des Verses ist auffallender. 26. Vers: „Sag: Gott weiß besser Bescheid darüber, wie lange sie verweilten. Ihm gehört das Verborgene (ghayb) der Himmel und der Erde.“

6- Zwischen dem Sonnenjahr 2280 nach Christus und dem Datum unseres Propheten liegen genau 2280-570 = 1710 Sonnenjahre.

Wir wissen, dass das Mondjahr 1710 nach Hidschra nicht nach der Geburt unseres Propheten, sondern nach seiner Hidschra begonnen wurde. Das heißt, dass der 53 jährige Unterschied zwischen dem Geburtsdatum unseres Propheten und der Hidschra in genau 1710 Mondjahren geschlossen wird. Wenn Sie anhand einer Grafik ein wenig untersuchen, werden Sie herausfinden, dass diese kaum Zufall sind.

Außer der unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Periode von 570 Jahren kann überlegt werden, dass [diese Zahl] die Einheit der vergangenen Dauer zwischen einigen Propheten sei. Zum Beispiel ist das Datum des Propheten Moses vor Jesus als 1100 und 1200 bekannt, und die Zahl 1140 unter diesen ist ein zweifaches Vielfaches von 570. Welche Propheten kamen wohl 570 oder 1710 oder 2280 Jahre vor Jesus?

Demut

Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

In unserer heutigen Zeit hat Demut leider sehr viel an Bedeutung verloren, da sie fälschlicherweise oft mit Demütigung, Unterdrückung und Selbsterniedrigung verbunden wird. Nachfolgend möchte ich aufzeigen, dass dem nicht so ist, sondern dass Demut viel mehr mit Dankbarkeit, Mut und Befreiung zu tun hat und sie vor allem auch eine Geistes- und Lebenshaltung ist.

Albert Schweitzer bezeichnete die Demut einmal als „die Fähigkeit auch zu den kleinsten Dingen des Lebens“ emporzuschauen. Um dies zu tun, müssen wir uns im geistigen Sinne nach unten begeben und Bescheidenheit üben. Wenn wir unsere Ansprüche zu hoch setzen und unseren Blick nur nach oben richten, werden wir die kleinen Dinge nicht wirklich sehen können, sie werden uns verborgen bleiben. Sind wir aber demütig, erweist sich das, was auf den ersten Blick klein scheint oft als wunderbar und groß. Dann werden wir diese Kleinigkeiten als etwas Besonderes ansehen, auch in dem Wissen um unserer eigenen Geringfügigkeit und Kleinheit, verglichen mit der Größe Gottes. Zum Beispiel ein kleiner Stein, eine blühende Blume oder ein Schmetterling – das alles sind auf den ersten Blick kleine Dinge, von welchen aber jedes einzelne Gottes wunderbare Schöpfung offenbaren kann. Ebenso sollten wir, wenn wir vielleicht einen hohen Rang oder viel Wissen haben, nicht auf andere Menschen herabschauen und sie als geringer als uns selbst erachten. Jeder Mensch ist auf seine Weise einmalig und jeder hat besondere Talente oder Fähigkeiten. In der Fähigkeit, auch zu den kleinen Dingen emporzuschauen, erkennen wir an, dass wir von jedem und aus allem etwas lernen können. Niemand ist so groß, dass er nicht von dem Geringsten noch etwas lernen könnte. Allerdings sollte das nicht dazu führen, sich zu entwerten oder sich gar selbst zu verachten, denn das wäre falsche Demut. Vielmehr soll die Demut uns davor bewahren, uns selbst zu überschätzen und hochmütig und stolz zu sein.

Demut und Hochmut

Die Demut steht im Gegensatz zu Hochmut und Stolz. Wenn wir Demut üben, müssen wir unser Ego ablegen und erkennen, dass kein Mensch wirklich vollkommen ist. Wir dürfen uns selbst nicht zu wichtig nehmen, sondern müssen lernen, unsere eigene Begrenztheit anzuerkennen und nicht zu meinen, alles hänge nur von uns alleine ab. Wenn wir stolz sind auf unser Wissen, unseren Reichtum, unsere Talente oder unsere Erfolge ohne gleichzeitig dankbar zu sein und demütig anzuerkennen, dass nichts aus uns alleine kommt, so kann das dazu führen, dass wir hochmütig werden. Hochmut führt zu Selbstüberschätzung und Selbsterhöhung. Durch Hochmut entsteht Distanz im zwischenmenschlichen Bereich. Wenn wir uns, unser Können und unsere Erfolge überbewerten und uns für besser halten, grenzen wir uns zu unseren Mitmenschen ab und erhöhen uns selbst. Im Gegensatz dazu schafft Demut Nähe, da sie den Wert des anderen achtet. Sie schützt uns davor, uns über andere zu erhöhen und sie verleiht uns die nötige Erdhaftung.

Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht.Bibel, Matth. 23,11-12

 

Demut ist Mut

Demut ist Mut – Mut zur Demut, Mut zum Dienen, Mut zur Einsicht, Mut zur Menschlichkeit.

In Demut Gott zu dienen beinhaltet ebenfalls den selbstlosen Dienst am Nächsten. Dies bedeutet achtsam zu sein gegenüber unseren Mitmenschen und der ganzen Schöpfung.

Ihr Gläubigen! Kniet euch hin, werft euch nieder, dienet eurem Herrn und tut Gutes, auf dass ihr Erfolg haben möget!Koran, 22:77

Demut ist auch Mut zur Selbstlosigkeit. Das heißt, unser Denken und Handeln sollte nicht nur von Eigeninteresse und Eitelkeit geleitet sein. Wir müssen vielmehr auch dazu bereit sein, uns selbst zurückzustellen und dort wo es nötig ist, selbstlos zu helfen und solidarisch zu handeln, ohne viel Aufhebens darum zu machen.

Solidarisch zu handeln könnte beispielsweise bedeuten, dass wir, wenn wir erkennen, dass jemand an seinem Arbeitsplatz gemobbt oder ungerecht behandelt wird, nicht einfach aus Angst vor Repressalien oder davor den Arbeitsplatz zu verlieren, stillschweigend zusehen, sondern dagegen einschreiten. Das kann viel Mut erfordern.

Ein Beispiel für die Eitelkeit: Wenn wir ein Ehrenamt in erster Linie nur deshalb ausführen, um öffentliche Anerkennung zu erhalten, so ist das die falsche Motivation, die nur uns selbst in den Mittelpunkt stellt.

Demütig zu sein bedeutet also auch, nicht uns selbst in den Mittelpunkt unserer Handlungen zu stellen, sondern selbstlos zu dienen.

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbstBibel, Philipper 2,3

 

Demut befreit

Demut beinhaltet auch die Bereitschaft, uns selbst zu erkennen und anzunehmen, mit all unseren Ängsten, Fehlern und Schattenseiten, aber auch mit unseren Stärken, Fähigkeiten und Talenten, die Geschenke Gottes sind. Demut führt uns zu einer realistischen Selbsteinschätzung und lässt uns somit nicht die Bodenhaftung verlieren, indem wir uns höher oder geringer einschätzen, als wir wirklich sind. Wir müssen uns nicht vergleichen und sollten uns immer bewusst sein, dass niemand von uns vollkommen ist oder sein muss. Dies kann uns frei machen, denn wir dürfen sein, wie wir sind. Wir müssen uns nicht verstellen oder eine Rolle spielen, unsere Fehler und Schwächen hinter einer Fassade verstecken und in ständiger Angst leben, dass jemand hinter diese Fassade schauen könnte und unsere Schwächen entdeckt. Demut befreit uns von unserer Ichbezogenheit und dem Hochmut, zu meinen, alles selbst und aus eigener Kraft machen zu müssen. Wir müssen nicht perfekt sein, sondern dürfen unsere Grenzen und unsere eigene Bedürftigkeit anerkennen. Wir müssen nicht alles selbst können, sondern benötigen auch selbst die Hilfe anderer. Jeder Mensch sollte das tun, was ihm möglich ist, nicht mehr und nicht weniger. Gott fordert von keinem Menschen mehr als er leisten kann. Den Rest dürfen wir vertrauensvoll in Gottes Hände legen.

So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit! Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.1. Petrus 5, 6-7

 

Demut vor Gott

Demut ist auch eine innere Einstellung zu Gott. Dies bedeutet, Gottes Allmacht anzuerkennen, uns Gott zu ergeben, uns zu beugen, geduldig ertragen zu können, auf Gott zu vertrauen und zu erkennen, dass letztendlich nichts ohne Gottes Willen geschieht. Dies schützt uns wiederum vor Überheblichkeit, da uns bewusst wird, dass nichts aus uns selbst kommt.

Indem wir demütig sind vor Gott, erkennen wir unsere eigene Begrenztheit an. In dem Wissen davon können wir uns Ihm anvertrauen, frei werden zum Gebet und unsere Ängste und Sorgen loslassen in dem Vertrauen, dass Gott für uns sorgt und uns trägt.

Und auch damit diejenigen, denen Wissen zuteil geworden ist, erkennen, dass es sich gewiss um die von deinem Herrn offenbarte Wahrheit handelt, so dass sie fester daran glauben und ihr ihre Herzen voller Demut zuwenden. Gott leitet die Gläubigen gewiss zum geraden Weg.Koran, 22:45

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wahre Demut keine erzwungene Erniedrigung ist, sondern dass Demut mit Mut, Dankbarkeit und vor allem mit dem Vertrauen auf Gott zu tun hat. Demut bewahrt uns davor, uns selbst allzu wichtig zu nehmen. Es sollte uns immer bewusst sein, dass auch wir nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen sind. Dabei hilft es schon, ab und zu einmal die Perspektive zu wechseln. Eine Ameise mag uns winzig erscheinen und wir für sie riesig sein. Aber wie groß sind wir in einem Vergleich mit einem Baum, einem Berg, unserer Erde oder des gesamten Universums? Jedesmal, wenn ich auf einem Berggipfel stehe und erkenne, wie all das, was uns oft so groß und wichtig erscheint, auf einmal ganz klein ist und in den Hintergrund tritt und dann im Vergleich dazu die Weite sehe, die sich vor mir auftut, fühle ich eine große Demut in mir und gleichzeitig eine unheimliche Freiheit.

Wenn wir demütig sind vor Gott, dann wissen wir um unsere eigene Begrenztheit. Dadurch werden wir frei von Stolz und Überheblichkeit, aber auch frei von Angst und frei von zu hohen Erwartungen. Im Vertrauen auf Gott brauchen wir keine Angst zu haben, zu kurz zu kommen oder nicht zu genügen. In der Demut lernen wir, den Versuchungen zu widerstehen und solidarisch zu sein mit den Schwächeren. Aus der Demut vor Gott kann uns Kraft erwachsen, die Kraft und der Mut zum Dienen.

„Wie wird das Meer zum König aller Flüsse und Ströme?
Weil es niedriger liegt als sie.“
Lao Tse