Koran

Der Staub und die Erschaffung des Menschen

86:5-7 So soll der Mensch doch hinsehen, woraus er erschaffen ist, Erschaffen aus herausströmendem Wasser das zwischen Hartem und Weichem (Tarā’ib) herauskommt.


Eine andere Form des Wortes „Tarā’ib“ ist „Turāb“, welche in Sure 3, Vers 59 zu finden ist:

Wahrlich, Jesus ist vor Gott wie Adam, den Gott aus Staub (Turāb) erschuf, als er sprach: „Er sei!“ und er war.


Das Wort „Turāb“, welches üblicherweise mit „Erde“ übersetzt wird, bedeutet auch schlicht Staub. Dieselbe Form dieses Wortes kommt auch in Sure 30, Vers 20 vor im Zusammenhang mit der Erschaffung des Menschen wie in den vorherigen Versen auch:

Zu den Zeichen Gottes gehört, dass Er euch aus Staub (Turāb) erschaffen hat, und nun seid ihr Menschen, die sich auf der Erde ausbreiten.


Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass das Wort „Turāb“ im Quran bis auf vereinzelte Ausnahmen (2:264, 16:59) immer in Verbindung mit „Schöpfung“ und „wieder Auferweckung“ vorkommt: 3:59, 13:5, 18:37, 22:5, 23:35, 23:82, 27:67, 30:20, 35:11, 37:16, 37:53, 40:67, 50:3, 56:47, 78:40.

Die anderen Formen hingegen nicht:

Tarā’ib: 86:7
Atrāb: 38:52, 56:37, 78:33
Matraba: 90:16

Die Frage die sich jetzt stellt ist, warum Gott die Erschaffung des Menschen im Quran immer wieder im Zusammenhang mit „Staub“ erwähnt? Die Antwort auf diese Frage finden wir in den Wissenschaften:

Stardust-Sonde

Bild: NASA

Am 7. 2. 1999 startete die NASA Sonde „Stardust“ ins Weltall, primäre Aufgabe dieser Sonde war es, kosmische Staubpartikel bzw. kosmischen Staub zu erforschen. 2004 passierte die Sonde den Kometen „Wild 2“ und lieferte erste Daten von den eingefangenen Partikeln. Die Daten, die von der Sonde zur Erde geschickt wurden, zeigten, dass sich in den Staubpartikeln Moleküle befinden, die als Voraussetzung für die Produktion von menschlichem Erbmaterial gelten. Dies führte unweigerlich zu der Annahme, das Leben auf der Erde höchstwahrscheinlich anhand von genau diesem kosmischen Staub entstanden sein muss, welcher die Lebensbausteine enthält, die nunmal dazu erforderlich sind, damit Leben überhaupt erst entstehen kann.

Und genau diese Lebensbausteine enthält überraschenderweise dieser kosmische Staub. Die Ergebnisse der Sonde liefern auch eine klare Antwort auf die Frage, wie überhaupt die ersten Moleküle auf der Ur-Erde entstehen konnten.

Es ist sehr überraschend, beeindruckend und gleichzeitig aufschlussreich, dass dieser so unbedeutende Staub womöglich eine so große Rolle in der Erschaffung des Lebens gespielt hat. Noch beeindruckender ist hingegen die Tatsache, dass im Quran dieser so unbedeutende Staub immer wieder im Zusammenhang mit der Erschaffung des Lebens erwähnt wird, anscheinend war genau dieser kosmische Staub Teil der Schöpfung, genauso wie das ja mittlerweile die modernen Wissenschaftler und Forscher mit Hilfe ihren modernen wissenschaftlichen Instrumenten und Forschungen herausgefunden haben, welche wieder einmal unbewusst den Göttlichen Ursprung des Quran bestätigen.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines kosmischen Staubkörnchens. Bild: J. Freitag/ S. Messenger

Das einfach aus dem Grund, weil schon vor über 1400 Jahren dieses Wissen im Quran verewigt wurde zu einer Zeit, in der es weder Weltallsonden gab, noch sonstige moderne wissenschaftliche Hightech-Instrumente (wie z.B. Staub-Analysatoren), so dass die damaligen Menschen fähig gewesen wären, genau diesen kosmischen Staub zu erforschen. Denn auch wenn man annehmen würde, dass damals die Menschen von diesem Staub gewusst haben, hätten sie ohne diese Instrumente nicht die Möglichkeit gehabt, diesen zu erforschen, geschweige denn um zum Ergebnis zu kommen, dass dieser kosmische Staub die Grundbausteine für die Produktion von menschlichem Erbgut enthält. Es kann sich hierbei nur um Göttliches Wissen handeln, welches sich womöglich schon seit Adam, seit der Entstehung der Gattung Homo sapiens, hier auf der Erde befindet.

67:3-4 (Er), der sieben Himmel in Schichten erschaffen hat. Und du kannst an der Schöpfung des Erbarmers kein Missverhältnis sehen. Wende deinen Blick zurück: Siehst du irgendeinen Mangel? Dann wende deinen Blick zweimal zurück. Dein Blick kehrt zu dir beschämt und ermüdet zurück.

Riba im Koran – Zins oder Wucherzins?

Schweizer Rappen

Bild: Florian Schlapbach, CC BY-NC 2.0

Bis vor Kurzem noch schwirrten in meinem Kopf vielerlei Fragen herum bezüglich der Frage, was „riba“ (üblicherweise als Zins oder Wucher wiedergegeben) ausmacht. Was ist das klassischarabische Wort für Zins? Hatten die Leute, die während der Offenbarungszeit zugegen waren, zwei verschiedene Worte für Wucher und Zins? Welche Gründe habe ich für die Übersetzung von riba im Koran als „Zins“ oder „Wucher“? Wo beginnt der Wucherzins denn genau? Wieso sollte ich fünf, zehn oder zwanzig Prozent als die Grenze zwischen eines teuflischen Wuchers und dem legalen Zins nehmen? Was würde es ökonomisch bedeuten, wenn ich zwanzig Prozent als fixen Wert für diese Grenze nehme, wo doch stetig fluktuierende Inflation und Entwertung stattfindet in der heutigen Wirtschaft? Kann ich mich gänzlich vom Zins befreien in der heutigen Zeit? Was empfinde ich gegenüber dem Zins als mathematischem Modell an sich? Ich sprach mit Freunden, besuchte Seminare über dieses Thema, las viel darüber, doch zu einem Ergebnis kam ich nicht – eben bis vor Kurzem.

Die Diskussion im Islam um riba im Koran hält schon seit Jahrhunderten an. Zahlreiche Gelehrten glauben, dass Wucher jede „fixe“ Prozentzahl meine in Bezug auf Einnahmen, die aufgrund Geldleihe oder Depositen gewonnen wurde. „Fix“ deshalb, weil damit derjenige, der das Geld leiht, von jeglichem Verlust ausgeschlossen wird. Die Einnahmen des Leihenden jedoch, die je nach Gewinn oder Verlusten variieren können, werden nicht als Wucher angesehen. Es gab andererseits wiederum viele, die nicht dieser Meinung waren und glaubten, dass Wucher lediglich das Verlangen maßlos übertriebener Zinsen oder Zinseszinsen bedeute. Je nach Meinung aber auch jeglicher unsittlicher Handel, bei dem eine Partei Nutzen aus der misslichen Lage des Anderen zieht. Nach dieser Ansicht wäre also das Ausleihen von Geld inklusive Zinsen zufriedenstellend, weil solange gegenseitige Übereinstimmung bestehe, könne Wucher auch als Handelsform betrachtet werden. Doch diese übersehen ganz klar den Vers 2:275 aus dem Koran:

2:275 Diejenigen, die die Riba verzehren, stehen nicht anders da, als wie derjenige dasteht, der vom Teufel durch Erfassung erschlagen ist. Dies deswegen, weil sie sagten, der Handel sei wie die Riba. Doch Gott erlaubte den Handel und verbot die Riba. …


Wenn Riba lediglich unmoralische Geschäftspraxis bedeutete, wie etwa Profittreiberei oder Ergaunern von Kredit, so wäre diese Angelegenheit eine moralische. Damit wäre sie aber auch leicht erkennbar als falsch. Jedoch scheint es eher so zu sein, dass Riba eine Aktivität meint, welche den legitimen Handel beinhaltet. Hierdurch wird es auch notwendig, die Riba vom Handel zu unterscheiden. Schließlich wird es aber doch wieder zu einer Frage der Moral, wenn wir die Langzeitfolgen der Verzinsung für die Gesellschaft betrachten. Es ist sehr wichtig, dass wir uns selbst ausbilden und darauf Acht geben, nicht überhastet Meinungen zu bilden, nur weil wir einem oder zwei Gelehrten zugehört haben. Erst eigenständiges, aktives Suchen nach allen möglichen Fakten bemächtigt uns dazu, eine ausgereifte Entscheidung aufgrund der Recherchen zu fällen. Oder in den Worten Immanuel Kants, dessen Doktorurkunde die Bismillah auf Arabisch beinhaltet:

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu sein]! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“
– Immanuel Kant


Bitte versteht mich nicht falsch, ich habe meine Ausbildung in Mathematik genossen, weshalb ich das Zinssystem aus rein mathematischem Aspekt an sich nicht mag, und nicht in Wirtschaft. Deshalb braucht es weitere Experten, die sich mit Ökonomie bestens auskennen, um bewerten zu können, wie sehr die Verzinsung der Wirtschaft schadet. Interessante Ansätze für ein Umdenken lassen sich finden, eine genauere Erörterung und Ausführung und die Prüfung der Umsetzbarkeit ist sicherlich auch vonnöten. Dies überlasse ich gerne den Experten.

Auf jeden Fall kann ich aber meine persönliche Meinung übers Verzinsen nicht mit dem religiösen Verständnis gleichsetzen. Da es nicht sogleich ersichtlich ist, wieso Verzinsung (Einnahmen mit fixen Prozentsätzen) verboten werden sollte, wenn es doch scheint, dass ein legitimer Handel zwischen zwei Parteien geschieht, der auf gegenseitiger Übereinkunft begründet ist, sollten die schädlichen Aspekte solcher fixer Einnahmen für die Gesellschaft näher durchleuchtet werden. Welche genauen Wirkungen hat die Verzinsung auf die Ökonomie? Und inwiefern wird eine von Verzinsung befreite Gesellschaft produktiver, stabiler und gerechter werden? Welchen Effekt hat die Verzinsung auf die Inflation, die Arbeitslosigkeit und die Defizite der Regierung? Und der dadurch verursachten Vergrößerung der Lücke zwischen arm und reich? Oder gibt es bereits Studien, die diese Fragen beantworten?

Semantik

Ich entschied mich letztes Jahr, ein Buch über das Auslegen und das Verstehen des Koran zu schreiben. Im Zuge meiner Recherchen und Verfeinerung meiner Auslegungsmethodiken kam ich dann auf Hinweise, die mich auf die Spur brachten. Diese Hinweise, die ich der Semantik entnahm, machen die vorhin erwähnten Fragen und ihre Antworten irrelevant. Denn, bei der Betrachtung von riba im Koran (2:261-281, 3:130-133, 30:39 und 4:161-162) ist aufgrund der verwendeten semantischen Bedeutungsebenen der Wörter riba und sadaqa klar, dass das Verbot nichts zu tun hat mit geschäftlichen Handlungen. Der Fokus des Verbots betrifft die Wohltätigkeit und das verzinste Leihen von Geld für wohltätige Zwecke. Dies wird von Gott im Koran verboten. Es ist verboten, Bedürftigen Geld zu leihen, und bei der Rückzahlung Zins zu verlangen. Sei dieser Zins nun niedrig oder hoch. Der Bedürftige braucht das Geld nicht, um Geschäfte abzuwickeln, sondern um seine Bedürfnisse nach Nahrung und Unterkunft zu decken. Er braucht es, um damit zu überleben. Dieses Dilemma auszunutzen wird von Gott verboten. Dem bedürftigen Freund oder Nachbar Geld zu leihen ist kein Geschäft, sondern ein rein humanitärer Akt – ein Akt der Wohltätigkeit. Dem Schwachen ist zu helfen, ohne seine Schwäche auszunutzen. Dieser bedürftige „Freund“ oder „Nachbar“ kann auch ein Staat sein, doch in erster Linie sind es Individuen oder Familien.

Inwiefern kann die semantische Bedeutungsebene gewonnen werden? Die Antwort ist zwar länglich, aber leicht und wie folgt: im Vorfeld auf das Erwähnen des Wortes riba im Koran können wir sehen, dass…

– … 2:262 betont, dass die Abgaben auf Gottes Weg weder Vorhaltung noch Schaden nach sich ziehen lassen dürfen. Dies wird in 2:263 nochmals rhetorisch verstärkt, dass in solch einem Falle gar freundliche Worte und Verzeihen besser seien als eine Spende (sadaqa). Weitere Verstärkung durch Gleichnisse in den darauf folgenden Versen.

– … 2:270 die Abgaben (nafaqa) erwähnt, Vers 2:271 die Spenden (sadaqât). Somit werden Abgaben und Spenden miteinander semantisch in Verbindung gebracht. Spenden werden also auch als Abgaben behandelt. Das Verb abgeben (oder auch ausgeben: yunfiq) wird an anderer Stelle (2:219) mit ‚Afw in Verbindung gebracht, das für alles steht, was wir als Überschuss verstehen und deshalb verzeihen können, es abzugeben, es also als Verzicht in Kauf nehmen.

– … dreimal das Verb abgeben in Vers 2:272 vorkommt und in der Absicht eingeschränkt wird auf den religiös moralischen Aspekt durch den Satz: „Und was ihr ausgebt, ist nur, um nach Gottes Antlitz zu trachten„. Die Abgaben haben also keinerlei geschäftlichen Aspekt zu berühren.

– … Vers 2:273 zeigt, dass die Spendenabgaben für die Armen sind. In Vers 2:274 wird diese Abgabe nochmals erwähnt.

Der folgende Vers erwähnt zum ersten Mal das Wort riba im Koran, im Vers als ‚Riba‘ belassen.

2:275 Diejenigen, die die Riba verzehren, stehen nicht anders da, als wie derjenige dasteht, der vom Teufel durch Erfassung erschlagen ist. Dies deswegen, weil sie sagten, der Handel sei wie die Riba. Doch Gott erlaubte den Handel und verbot die Riba. Wer also von seinem Herrn eine Unterweisung bekam und danach aufhörte, dann ist für ihn, was vergangen ist. Und seine Angelegenheit ist bei Gott. Und wer rückfällig wurde, jene sind die Gefährten des Feuers. Darin sind sie ewig


Bereits vergangene Verzinsungen von Spendenabgaben werden verziehen, vorausgesetzt, diese Verzinsung wird künftig unterlassen. Hier wird der Ernst der Lage richtig deutlich. Denn den Rückfälligen wird mit dem Feuer gedroht.

Äußerst interessant ist der Wortgebrauch des Wurzelstammes von riba im Koran im folgenden Vers:

2:276 Gott lässt die Riba vergehen und verzinst (yurby) die Spenden. Und Gott liebt keinen, der ableugnend, sündigend ist


Hier wird die Riba semantisch den Spenden (sadaqât) gegenübergestellt. Und um dies zu verstärken werden die Spenden verzinst, die nur für Gottes Wohlgefallen ausgegeben werden! Die Verzinsung der Spenden lässt sich aus Vers 6:160 verstehen, wonach alle gute Taten verzehnfacht werden vor Gott. Diese „gute Taten“ können aber nicht missbraucht werden, was 2:276 eindrücklich aufzeigt und in 2:275 verdeutlicht wird. Vers 2:277 erläutert das allgemeine Wesen der Gläubigen und erwähnt die Reinigung der Seele durch Wohltätigkeit (Zakâh, siehe auch die Wurzel zu diesem Wort). 2:278 ermahnt die Gläubigen, von der Verzinsung abzulassen.

2:279 Wenn ihr es aber nicht tut, dann sei euch ein Krieg von Gott und seinem Gesandten angekündigt. Und wenn ihr es bereut, so ist für euch euer Kapitalvermögen. Weder tut ihr unrecht noch wird euch unrecht getan


Der Gelehrte Jusuf ‚Ali glaubte allen Ernstes, dass es sich hier „nicht um einen Meinungsstreit, sondern um eine tatsächliche Kriegserklärung“ handle mit dem Ziel, die „Befreiung der Schuldner herbeizuführen, die ungerecht behandelt und unterdrückt werden“. Dies ist schlicht falsch. Dieser Krieg ist selbstredend kein Krieg, der mit Waffen geführt wird, sondern per Gesetz geregelt wird im diesseitigen Leben und per göttliches Urteil im Jenseits. Dies wird dadurch ersichtlich, dass ein Bereuen möglich ist. Bei einer echten Kriegsansage würde das Recht auf Leben nichtig erklärt werden, womit ein Recht auf Reue, was nach dem Tötungsakt im Krieg offenbar ein Ding der Unmöglichkeit wird, erlischt und eben gerade diesem Vers zuwider liefe. Vielmehr handelt es sich um einen spirituellen Krieg, den der schwache Mensch gegenüber Gott seinem Schöpfer nur verlieren kann (vgl. Vers 2:281). Der Gelehrte Darjabaadi sagte zu diesem Vers:

Im Qur’an stoßen wir auf zahlreiche andere Verbote, aber bei keiner anderen derartigen Anweisung werden so starke Worte verwendet. Durch all dies sollte nicht nur das Zinsunwesen allein, sondern jede andere Art von unlauteren Geldgeschäften unterbunden werden, damit anstelle des Kapitalismus eine neue Ordnung trete, in der Geiz durch Mildtätigkeit, Selbstsucht durch Mitgefühl und Zusammenwirken, Zins durch Sadaka und das Bankwesen durch das von der Öffentlichen Hand zu vergebende Geldmittel ersetzt wird.


Vers 2:280 ermahnt uns, den Schuldner nicht zur Zurückzahlung zu drängen, auch wenn das Recht am Grundkapital besteht. Jedoch ist es besser für unsere Seelen, im Trachten nach dem Antlitz Gottes, die gesamte oder auch einen Teil der Schuld zu spenden.

Der Vollständigkeit halber liste ich hier noch die anderen Bedeutungen des Wurzelstamms von riba im Koran auf:

  • anschwellen (‚rabat‘ in 22:5, 41:39),
  • vermehren/verzinsen (yarbu in 30:39, yurbi in 2:276)
  • zahlreicher (arbâ in 16:92),
  • ein Hügel oder eine Anhöhe (rabwa in 2:265, 23:50),
  • Oberfläche oder schwellend (râbyan 13:17)
  • sehr stark, im Sinne von hoher Kraft (râbyatan 69:10)

Lange Rede kurzer Sinn: Vers 2:276 genügt, um das Thema zu klären. Dies wird erreicht durch die Gegenüberstellung von ‚riba‘ mit Spenden. Die semantische Wortbedeutung wird klargestellt durch den Gebrauch des Verbes (yurbi) vom selben Wurzelstamm im Sinne einer unrechtmäßigen Vermehrung: der Verzinsung von Spendenabgaben.

Im kontextuellen Zusammenhang der Verse davor und danach wird die Angelegenheit klarer, die restlichen Verse sind unterstützend. Sich davon fern zu halten, wäre ratsam, da man ansonsten Gott und Seinem Gesandten den Krieg erklärt, den man nur verlieren kann.

Gepriesen seist Du, oh Herr! So leite uns Recht, auf dass wir Dir nahe sein können und fern von dem Weg, welcher Dein Wohlgefallen nicht erlangt. Konkretes Beispiel: irgendein Mensch, beispielsweise ein Nachbar, erlebt gerade eine schwere Zeit und hat kein gesichertes Einkommen und ist auf die finanzielle Unterstützung anderer angewiesen. Er leiht Geld, um die Miete und die Nahrung für sich und seine Familie sicherzustellen. Er versichert, mündlich oder schriftlich, dass das Geld zurückgezahlt wird. Wer hier auf das ausgeliehene Geld eine Verzinsung einführt, sagt Gott und Seinem Gesandten den Krieg an, da es dem Wort Gottes widerspricht, da das Ausleihen in diesem Fall ein humanitärer Akt sein sollte. Obwohl es keine Pflicht darstellt, wird uns geraten, Rückzahlungen nicht ganz einzufordern, sondern ganz oder auch einen Teil davon als Spende abzugeben, um seine eigene Seele zu reinigen vor Gott. Jedoch ist es auch rechtmäßig, das gesamte Kapital zurückzufordern. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Geld von einer Privatperson oder einem Institut, wie etwa einer Bank geliehen wird.

Riba meint also die verbotene Verzinsung der Spendenabgaben und kein allgemeines Zinsverbot.


Nachtrag vom 10. Mai 2013:

Bruder Alkan machte mich auf folgende Verse der Bibel aufmerksam, die das Geschriebene aus der Bibel unterstützen, dass der verbotene Zins nur denjenigen Zins meint, der bei Spendenabgaben für Bedürftige („die Elenden“) entsteht:

„Falls du (einem aus) meinem Volk, dem Elenden bei dir, Geld leihst, dann sei gegen ihn nicht wie ein Gläubiger; ihr sollt ihm keinen Zins auferlegen.“
„Und wenn dein Bruder [d.i. ein Mitglied des Volksverbands] verarmt und seine Hand neben dir wankend wird, dann sollst du ihn unterstützen wie den [landlosen] Fremden [hebr. ger] und Beisassen [hebr. toschab, d.h. ein nichtjüdischer Ortsansässiger], damit er neben dir leben kann. Du sollst nicht Zins von ihm nehmen und sollst dich fürchten vor deinem Gott, damit dein Bruder neben dir lebt. Dein Geld sollst du ihm nicht gegen Zins [hebr. neshek, wörtlich Abbiss] geben, und deine Nahrungsmittel sollst du nicht gegen Aufschlag [hebr. marbit] geben.“
„Du sollst deinem Bruder keinen Zins [hebr. neshek] auferlegen, Zins für Geld, Zins für Speise, Zins für irgendeine Sache, die man gegen Zins ausleiht. Dem Fremden [hebr. nochri, d.h. einem Ausländer, der nur vorübergehend im Land weilt] magst du Zins auferlegen, aber deinem Bruder darfst du nicht Zins auferlegen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in allem Geschäft deiner Hand in dem Land, in das du kommst, um es in Besitz zu nehmen.“


Sprechende Ameisen

27:18 Bis dann, als sie zum Tale der Ameisen kamen, eine Ameise sprach: „O ihr Ameisen hinein in eure Wohnungen, damit nicht Salomo und seine Heerscharen euch zertreten, ohne dass sie es merken.“


Im Jahre 2009 haben Wissenschaftler eigentlich eher zufällig herausgefunden, dass Ameisen miteinander kommunizieren. Eine besondere Stellung hat dabei die Königin unter ihnen. Interessant ist dabei auch, dass der Koran in Vers 27:18 eine weibliche Ameise sprechen lässt.

Video über die sprechenden Ameisen:

Die Unterschrift des Schöpfers in der Natur ist klar zu sehen. Gepriesen sei Er!


27:19 Da lächelte er heiter über ihre Worte und sprach: «Mein Herr, gib mir ein, dankbar zu sein für Deine Gunst, die Du mir und meinen Eltern gewährt hast, und Gutes zu tun, das Dir wohlgefällig sei, und nimm mich, durch Deine Barmherzigkeit, unter Deine rechtschaffenen Diener auf.»


Weitere Fragen, die sich aus den Versen ergeben: Wie erkennen die Ameisen Salomon? Vom Geruch seiner Füße oder dem Klang seiner Schritte und den davon ausgelösten Wellen auf dem Boden? Auf welche Distanz hin hörte Salomon die Ameisen und worauf achtete er dabei? Es sei an Vers 20:114 erinnert:

20:114 Hoch erhaben ist Gott, Der wahre König. Beeile dich nicht mit dem Koran, bevor seine Offenbarung zu dir kam, und sage: „Gott, gewähre mir mehr Wissen!“


Weitere Links:

Frieden sei mit Ihnen!

Takiya / Taqiyya – Der Mythos des Lügens

Ich suche Zuflucht bei Gott vor dem verfluchten Teufel,
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Einer der größten Mythen, die über den Islam im Internet kursieren und vor allem von islamophoben Menschen und aktiven Islamgegnern, die kein seriöses Wissen besitzen, verbreitet werden, ist der Mythos, dass Takiya (oder je nach Transliteration Taqiyah, Taqija, Taqiyyah oder Taqiyya – تقية) dem Muslim erlaube böswillig zu lügen, um Absichten zu vertuschen – insbesondere dann, wenn es „dem Islam dienlich“ sei. In hetzerischen Veröffentlichungen über den Islam wird ihnen immer wieder vorgeworfen, dass sie ihre „wahren Absichten“ verschleierten, im Konkreten die „Machtübernahme“ hierzulande und in Europa, und nach Außen ein anderes, „harmloseres“ Gesicht zeigten, als sie es eigentlich hätten. Das Interessante hierbei ist, dass der überwiegende Großteil der heute lebenden Muslime das Wort Takiya und die entsprechenden Verse nicht einmal kennt! Wie sollen diese also wissen, dass es ihnen angeblich erlaubt sei, zu lügen?

Dieses Scheinargument wird dazu verwendet, um dem Ansehen und dem Bild des Islam und dem Ansehen der Muslime zu schaden. So werden beispielsweise muslimische Prediger, die sich gegen die Zwangsheirat, Ehrenmord, Terrorismus oder Frauenunterdrückung und für die Demokratie, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Gleichstellung der Geschlechter, Wissenschaft und Gerechtigkeit aussprechen, schlicht als Lügner bezeichnet. Ihr Lieblingsargument: dieser Prediger würde sich doch lediglich auf Takiya berufen!

„Es gibt ja die Taquyya, die im Islam erlaubte Verstellung und Täuschung bei der Auseinandersetzung mit Ungläubigen. Die Ditib ist für mich die Materialisierung der Taquyya. Egal, wie die Antwort ausfällt: Ehrlich wird sie nicht sein. Das ist Taquyya. Die Erlaubnis für Muslime, Ungläubige zu belügen.“

Ralph Giordano, Schriftsteller


Erstens ist zu dieser Aussage zu sagen, dass im Islam nicht von „Ungläubigen“, sondern von Ableugnern (kuffar oder kâfirun, der Plural von Kafir) die Rede ist. Ableugner sind Menschen, welche die Wahrheit bedecken, vertuschen, verheimlichen oder verhindern, dass sie ans Licht gelangt. Rein theologisch wirft Herr Giordano den Muslimen also vor, dass sie gerade zu der Kategorie von Mensch gehören, der sie laut Koran auf keinen Fall angehören dürfen.

Takiya ist das Konzept des Überlebens in lebensgefährlichen Situationen. Zurück zu Takiya. Wir stehen vor einem logischen Paradoxon, wenn von nichtmuslimischer Seite her betrachtet wird. Wenn das Lügen aus welchen Gründen auch immer erlaubt wäre, wieso sollten man zugeben, dass man lügen darf? Wenn man lügen dürfte, dann würde man doch sicher auch lügen, wenn es darum geht, dass man nicht lügen dürfe. Wenn Muslime nicht lügen dürfen, dann müssen die Muslime sich daran halten und ebenfalls behaupten, dass man es nicht darf. Es kann nicht behauptet werden, dass man lügen dürfe, wenn die Muslime nicht lügen dürfen!

Aus diesem Grund werden die Islamgegner, welche einer blinden, religiösen Wut nachjagen und den konstruktiven Dialog in der Gesellschaft zu verhindern versuchen, egal was hier folgt dennoch dran glauben, dass Muslime lügen würden. Mit dem Ergebnis, dass die Muslime egal was sie tun dem negativen Bild nicht entgehen können. Sie sind bereits vorverurteilt – die Anklage wird bereits zur Verurteilung!

Der Begriff der Takiya ist somit ein Beispiel für islamisch nicht korrekt verwendete Begriffe, um religiöse Hetzerei zu treiben. Dieser Vorwurf hat im Islam keinerlei Grundlage. Der Fachbegriff Takiya wird in der einschlägigen Standardliteratur, welche für die Muslime gedacht ist, damit diese ihre Religion auch rechtens lernen, nie in diesem von den Islamophoben behaupteten Kontext verwendet.

Dieses fadenscheinige Argument dient Islamgegnern als Hauptargument gegen den Islam, sodass jeder positive Beitrag und jede positive Tat eines Muslims in Frage gestellt werden kann. Das Ziel dieser Menschen ist es, ein Bild vom Islam zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, welches undurchsichtig, unmoralisch und gefährlich erscheint.

Was sagt der Koran zu Takiya?

In Wirklichkeit ist es islamisch gesehen verboten, zu lügen und zu manipulieren. Es ist dem Muslim keineswegs erlaubt, Unwahrheiten über den Islam zu verbreiten. Insbesondere wenn es darum geht, Dinge zu verheimlichen, damit im Gespräch diese Religion einem Nichtmuslim gefalle. Der Koran sagt jedoch unmissverständlich:

22:30 … und meidet das Wort der Lüge!

Dieser Vers allein reichte aus, um das unhaltbare Argument der islamophoben Menschen zu widerlegen. Gemäß Koran ist es auch nicht der Mensch, der einen anderen Menschen zur Rechtleitung verhilft, sondern nur Gott der Schöpfer. Nicht einmal Propheten können die Menschen rechtleiten oder zur Vergebung verhelfen (9:80, 28:56, 30:29, 43:40, 45:23). Wieso sollte also ein Bedarf auf muslimischer Seite bestehen, durch ungerechtfertigtes Lügen Gott dienen zu wollen? Würde man eine Falschaussage über den Islam machen, käme dies einer Erneuerung und Veränderung der Religion gleich. Dies ist jedoch im Islam strikt verboten. Neuerungen oder Modernitäten, oder aber auch Traditionen und Kulturen als Religion zu vermitteln ist so zu behandeln, dass es eine Beigesellung (shirk) weiterer Wesen zur Autorität Gottes bedeutet, die uns eine andere Religion vorschreiben, die nie von Gott verordnet wurde (42:21). Damit würde sich der Muslim theologisch gesehen vor Gott der Kapitalsünde schlechthin schuldig machen (4:48, 4:116).

Wieso sollte sich ein Gottergebener (ar.: Muslim) so verhalten, dass es Gottes Abscheu erregte?

61:2-3 O die ihr glaubt, warum sagt ihr, was ihr nicht tut? Welch schwerwiegende Abscheu erregt es bei Gott, dass ihr sagt, was ihr nicht tut.


Lassen Sie uns einen Blick in den Koran werfen, inwiefern Takiya erwähnt wird:

3:28 Die Gläubigen sollen sich nicht die Ableugner anstelle der Gläubigen zu Verbündeten nehmen. Wer das tut, hat nichts mit Gott, außer wenn ihr euch vor ihnen wirklich schützen müsst. Gott warnt euch vor Sich selbst. Und zu Gott führt der Lebensweg.

16:106 Wer Gott verleugnet, nachdem er geglaubt – den ausgenommen, der gezwungen wird, indes sein Herz im Glauben Ruhe findet – jene aber, die ihre Brust der Verleugnung öffnen, auf ihnen ist Gottes Zorn; und für sie ist eine gewaltige Strafe.


Im ersten zitierten Vers wird die Regel allgemein gehalten, während im zweiten Vers diese Regel ausgeführt und die Ausnahme behandelt wird, in der es für den Muslim möglich ist, seinen Glauben an den Islam und Gott zu verleugnen, wenn er dazu gezwungen wird – obwohl er im Inneren seines Herzens glaubt. Wohlgemerkt ist hier nicht davon die Rede, dass der Muslim lügen könne, um dem Islam zu dienen! Hier ist von der kompletten Verleugnung der eigenen Religion die Rede! Diese Fälle können auftreten, wenn Muslime Morddrohungen erhalten, durch Folter dazu gezwungen würden oder ihre Existenz fürs Leben sonst wie direkt bedroht wird. Es wird in der Geschichte überliefert, dass dies in der ersten Generation der Muslime geschehen sei. Nach der Überlieferung überlebte der Muslim Amar ibn Yasser die Verfolgung und Folter der Heiden und Beigeseller nur dadurch, indem er seine Zugehörigkeit zum Islam zurückwies. Seine Eltern taten dies hingegen nicht und wurden ermordet.

Die Erlaubnis zur Verleugnung seiner Religion in den oben erläuterten akuten Bedrohungssituationen bezieht sich vor allem auf Muslime, die sich in der Position einer unterdrückten Minderheit befinden. Gerade dies wird von den Hetzern ja nicht so gesehen. Hier wird also ein Ableugnen der eigenen Religion eher sogar noch provoziert, wenn nämlich die Situation entsteht, dass das öffentliche Ausleben der eigenen Religion bekämpft, nicht mehr toleriert und missbilligt wird und Anhänger einer Religion insgesamt unter einen Generalverdacht gestellt werden.

Anders als es von Islamophoben und gewissen Orientalisten geglaubt und vor allem im Internet verbreitet wird, ist das Lügen im Islam verboten. Der Muslim hat sich an die Wahrheit zu halten. Noch gravierender wird es für den Muslim, wenn er Unwahrheiten über den Islam verbreitet, indem er bestimmte Regeln verändert, unumstößliche Prinzipien der Wahrheitshaltung auslässt oder Erneuerungen hinzu dichtet. Nicht einmal in Notsituationen dürfen islamische Regeln oder theologische Inhalte des Koran verleugnet werden! Das Lügen ist in diesen Fällen strikt verboten. Erlaubt ist lediglich, sich vom Islam loszusagen, wenn dadurch der eigene Tod oder auch der anderer wie etwa durch Folter oder Morddrohung vermieden werden sollte. Der Islam bietet also dem Muslim keinesfalls die Möglichkeit, Nichtmuslime über die Regeln und Glaubensinhalte der Religion anzulügen. Daher sind die Aussagen Giordanos und aller derer, die seiner Meinung zustimmen, schlicht und einfach falsch.

In der Geschichte fand die Takiya auch bei den Schiiten Anwendung, weil diese öfters von den Sunniten verfolgt und auch oft bedroht wurden. Sie erlebten durch die Hand vieler Sunniten Zwang oder Gefahr für Leib und Besitz und mussten ihre rituelle Pflichten missachten und den eigenen Glauben verheimlichen.

Das arabische Wort Taqiyya stammt von der Wurzel waqa (وقى) ab, was soviel bedeutet wie behüten, beschützen, bewahren, schützen oder sichern. In der Grundbedeutung dieser Wurzel wird also ersichtlich, weshalb es einem erlaubt wurde, in lebensgefährlichen Situationen den eigenen Glauben zu verleugnen – aus Schutz und zur Sicherung des eigenen Lebens und das anderer. Und interessanterweise ist auch genau diese Wurzel die Quelle des arabischen Wortes „muttaqii“, das als Bezeichnung für jemanden im Koran gebraucht wird, der sich gegenüber dem Bösen hütet, sich in Sicherheit bringt vor dem, was schädlich und verletzend ist und zu guter Letzt achtsam ist seiner Pflichten gegenüber anderen Menschen und vor allem Gott. Aus diesem Grund übersetzen wir dieses Wort „al-muttaqiin“, welches im Koran an 49 Stellen vorkommt, als die Achtsamen. Dieses Wort kommt im Koran oft in Verbindung mit denen vor, die Wahrhaftigkeit pflegen.

2:177 (Die Aufrichtigen sind diejenigen,) die ihre Vereinbarung einhalten, wenn sie vereinbarten, und die in der Not, im Leid und wenn es schlimm zugeht, geduldig sind. Das sind die Wahrhaftigen und das sind die Achtsamen

39:33 Diejenigen aber, die mit der Wahrheit kommen und sie für wahr halten, das sind die Achtsamen.


Takiya ist zusammenfassend gesagt das Konzept des Überlebens in lebensgefährlichen Situationen.

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Diakritik und Vokalisation: 65:4 – Heiraten mit Kindern?

Es ist bekannt und durch Manuskripte belegt, dass die sogenannte Diakritik ( إعجام – iʿdschām) und die Vokalisation ( تشكيل – taschkīl, diese umfasst auch die sogenannten حركات – ḥarakāt) der arabischen Buchstaben wie auch die speziellen Symbole und Buchstaben, die als Anweisung für eine genaue Rezitation gelten, erst nach der Offenbarungszeit der Lesung eingeführt wurden, demnach also keineswegs zum ursprünglichen Original gehörten. Es gibt den sogenannten „Rasm“ ( رسم ) der arabischen Buchstaben, also die “Spur” der Buchstaben, in denen diese diakritischen Zeichen nicht vorkommen. Viele der ältesten Manuskripte, welche die Lesung sehr oft nur teilweise beinhalten, sind in diesem Rasm, also ohne diakritische Zeichen, niedergeschrieben. Hier Beispiele von alleinstehenden, ähnlich aussehenden Buchstaben mit diesen „Punktierungen“ (diakritischen Zeichen):

 

ب ت ن ث
ف ق
ز ر
ص ض
ج ح خ
ع غ
ط ظ
د ذ

 

Hier ein Vergleichsversuch für die deutsche Sprache:

 

i ı
ö o
ä a
ü u
b p
q d

 

Ohne diese Punktierungen oder kurzen Striche können die Buchstaben nicht unterschieden werden und nur der sehr geübte Leser (auch für arabische Muttersprachler keine einfache Aufgabe) wird mittels des Kontexts ermitteln können, um welche Worte es sich hierbei handelt. Wer hier in der Forschung von Manuskripten profunde Beiträge leisten will, muss nicht nur die arabische Sprache sehr gut beherrschen, sondern ebenso den arabischen Text der Lesung sehr gut kennen.

Die wichtigste wissenschaftliche Frage ist, seit wann diese diakritischen Zeichen, diese „Punktierungen“ eingeführt wurden. Denn regelmäßig niedergeschrieben wurden diese diakritischen Zeichen erst seit etwa dem zehnten Jahrhundert, also einige Jahrhunderte nach der Offenbarung der Lesung. Auf jeden Fall können wir aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse davon ausgehen, dass die Existenz, also das Vorhandensein dieses Systems der diakritischen Zeichen, als sehr früh angenommen werden muss, also sehr nahe zur Offenbarungszeit der Lesung und deshalb die heute vorhandene Punktierung Sinn ergibt. Weitere Informationen lassen sich in der einschlägigen Fachliteratur zu diesem Themenbereich finden16 und an dieser Stelle sei besonders das Projekt „Corpus Coranicum“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hervorgehoben. Bei der Hermeneutik in diesem Buch werden die klassischen diakritischen Zeichen in der Lesung als korrekt vorausgesetzt.

Noch eine kleine Anmerkung zu den Manuskripten. Es gibt laut Professor Tayyar Altıkulaç 2720 Schreibunterschiede, wie etwa fehlende, zusätzliche oder andere Buchstaben, zwischen dem sogenannten „Koran des Kalifen Uṯmān“ im Topkapı-Museum (Istanbul) und der modernen Koranausgabe in der sogenannten „uṯmānischen Orthografie (ar-rasm al-uṯmānī)“ im Kairiner Koran (1924) und im Madina-Koran (1985).17 Davon, dass alle Korankopien völlig identisch seien und sich niemals in auch nur einem Buchstaben unterscheiden würden, kann nicht die Rede sein. Da die Schreibunterschiede aber marginaler Natur sind und an der Bedeutung des Textes kaum etwas ändern, wird sie für die in diesem Buch präsentierte Hermeneutik auch keine Rolle spielen.

 

Falschlesen des Korans und seine Folgen – Heiraten mit Kindern?

Ein weiterer, äußerst wichtiger Betrachtungspunkt ist die Vokalisation. Diese wird im heutigen Dialektarabisch wie auch im modernen Standardarabisch selten gebraucht. In den heutigen Kopien der Lesung findet sich der arabische Text aber durchvokalisiert wieder. Das sieht dann zum Beispiel in Kapitel 9, Vers 3 in etwa wie folgt aus:

 

وَأَذَٟنٌۭ مِّنَ ٱللَّهِ وَرَسُولِهِۦٓ إِلَى ٱلنَّاسِ يَوْمَ ٱلْحَجِّ ٱلْأَكْبَرِ أَنَّ ٱللَّهَ بَرِىٓءٌۭ مِّنَ ٱلْمُشْرِكِينَ ۙ وَرَسُولُهُۥ ۚ فَإِن تُبْتُمْ فَهُوَ خَيْرٌۭ لَّكُمْ ۖ وَإِن تَوَلَّيْتُمْ فَٱعْلَمُوٓا۟ أَنَّكُمْ غَيْرُ مُعْجِزِى ٱللَّهِ ۗ وَبَشِّرِ ٱلَّذِينَ كَفَرُوا۟ بِعَذَابٍ أَلِيمٍ

 

Der arabische Wortlaut ohne Vokalisation und ohne die Zeichen des Tadschwīd würde wie folgt ausschauen:

 

وأذن من الله ورسوله إلى الناس يوم الحج الأكبر أن الله برىء من المشركين ورسوله فإن تبتم فهو خير لكم وإن توليتم فاعلموا أنكم غير معجزى الله وبشر الذين كفروا بعذاب أليم

 

Es sieht freier aus mit „mehr Luft“ zwischen den Buchstaben. Hierin liegt jedoch eine Tücke. Falls Sie sich fragen, wie das auf Deutsch ausschaute, so versuchen Sie einmal folgenden „unvokalisierten“ Text aus Vers 9: 3 zu lesen, bei dem die in der Aussprache kurzen, inneren Vokale entfernt wurden:

 

und ein Ankndgng vn Gtt und Seinm Gsndtn an die Mnschn am Tag dr großn Plgrfhrt, dss Gtt los und ledg ist dr Gtzndienr, und ebns Sein Gsndtr.18

 

So sieht vergleichsweise der arabische Text aus. Bedenken Sie hierbei auch, dass der oben zitierte Text im modernen Deutsch geschrieben wurde. Stellen Sie sich nur einmal vor, wie schwieriger es wird, einen „unvokalisierten“ Text aus Goethes Werken oder aus altdeutschen Texten zu lesen. Dann erhalten Sie einen kleinen Vorgeschmack darauf, welcher Herausforderung Sie begegnen werden, wenn Sie die Lesung auf Arabisch unvokalisiert verstehen wollen. Betrachten wir den Auszug aus dem dritten Vers des neunten Kapitels:

 

أنََّ الله بَرِىءٌ مِنَ المُشْرِكِينَ وَ رَسُولُهُ

 

Ungefähr übersetzt als: dass sich Gott lossagt von den Beigesellern, ebenso Sein Gesandter. Der unvokalisierte Text ist dann:

 

ان الله برىء من المشركين و رسوله

 

Jetzt kann es schnell passieren, wenn man den Text falsch liest, dass sich der Sinn wie folgt ergibt: dass Gott losgesagt ist von den Beigesellern und dem Gesandten.

Dieser Fehler tritt auf, weil falsch rasūlihi ( رسَُولهِِ ) anstelle von rasūluhu ( رسَُولهُُ ) gelesen wurde. Aus dem unvokalisierten Text konnte dies der Ungeübte nicht unterscheiden, weil es keine Zeichen oder Vokalisierung gab, die die richtige Aussprache angezeigt hätten. Die Zeichen oder Akzente zur Vermeidung solcher Probleme wurden erst später eingeführt und entwickelten sich im Wesentlichen dann zu den heutigen bekannten Formen Fatḥa (َ a, oft Anzeige für den akkusativen Fall), Kasra (ِ i, oft für den genitiven Fall) und Damma ( ُ u, oft für den nominativen Kasus)19. Natürlich ist es klar, dass sich Gott nicht vom Gesandten lossagen würde. So würde man schnell aus dem Kontext wissen, dass eben ein Ḍamma und nicht ein Kasra gesetzt werden sollte.

An dieser Stelle haben diejenigen aufgepasst, die dieses System der Vokalisation, der Diakritik und der besonderen Buchstaben in den Versen übernommen haben. Denn sie wussten, dass sich Gott nicht lossagen würde von Seinem eigenen Gesandten. Dennoch waren diese Menschen, deren Beiträge zur arabischen Sprache zweifellos noch heute bedeutend sind, fehlerbehaftete Wesen wie jedermann. So sind also diese in der ursprünglichen Lesung nicht vorhandenen Zeichen nicht als Teil des koranischen Textes zu verstehen, sondern im Allgemeinen als gutgemeinte Ratschläge für den ungeübten Leser. Einige Male ist es passiert, dass ihre Arbeit unvorsichtig war und deshalb Fehler beinhaltet, die ich gleich aufzeigen werde. Dies lässt sich auf verschiedene Fehlerquellen zurückführen, wie etwa Fehler ideologischer (zum Beispiel aus einem patriarchalischen Blickwinkel heraus), exegetischer (Apologetik und Philosophie), kultureller wie auch trivialer Natur (Verschreiber). Wichtig ist hierbei aber anzumerken, dass diese Fehler an manchen Stellen immense Auswirkungen haben können auf das Verständnis dieser Textstelle. Dies werden wir am Beispiel des Verses 65:4 verdeutlichen, wo je nach Lesart die Heirat mit Kindern als erlaubt angesehen werden könnte.

Im Falle einer Scheidung der Ehe beschreibt die Lesung bestimmte Wartefristen, um beide Parteien vor einer übereilten Entscheidung zu schützen. Gott hat für uns den Vorgang der Scheidung so gestaltet, dass beide Parteien bestmöglich geschützt sind. Es besteht kein Zweifel, dass Gottes System einer hohen, gesellschaftsorientierten Ethik entspricht, die für uns gut ist. Die Probleme bezüglich ihrer Umsetzung entstehen leider durch die schlechten, unvorsichtigen, traditionell behafteten Übersetzungen, die sich an klassischer Lesart orientieren und diese nicht oder nur ungenügend hinterfragen. In Bezug auf das Heiraten von Frauen, die noch keine Regelblutung haben, also noch Kinder sind, ist der Einfluss der Aussprüche (aḥādīṯ), nach denen der Prophet Kinder geheiratet haben sollte, leider auch in den deutschen Übersetzungen von 65:4 sichtbar20:

 

Azhar21: Für eure Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, beträgt die Wartezeit drei Monate, wenn ihr Zweifel hegt. Die gleiche Wartezeit gilt für Frauen, die noch keine Menstruation haben. Für die Schwangeren endet die Wartezeit mit der Entbindung. Wer Gott fürchtet, dem macht Gott alles leicht.

Adel T. Khoury: Und für die von euren Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, falls ihr da Zweifel hegt, gilt eine Wartezeit von drei Monaten. Und ebenso für die, die keine Menstruation haben. Für die, die schwanger sind, ist die Frist erreicht, wenn sie gebären, was sie (in ihrem Leib) tragen. Und wer Gott fürchtet, dem schafft Er Erleichterung in seiner Angelegenheit.

Ahmadiyya22: Wenn ihr im Zweifel seid (über) jene eurer Frauen, die keine monatliche Reinigung mehr erhoffen, (dann wisset, daß) ihre Frist drei Monate ist, und (das gleiche gilt für) die, die noch keine Reinigung hatten. Und für die Schwangeren soll ihre Frist so lange währen, bis sie sich ihrer Bürde entledigt haben. Und dem, der Allah fürchtet, wird Er Erleichterung verschaffen in seinen Angelegenheiten.

Rudi Paret: Und wenn ihr bei denjenigen von euren Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, (irgendwelche) Zweifel hegt, soll ihre Wartezeit (im Fall der Ehescheidung) drei Monate betragen. Ebenso bei denen, die (ihres jugendlichen Alters wegen noch) keine Menstruation gehabt haben. Und bei denen, die schwanger sind, ist der Termin (maßgebend), an dem sie zur Welt bringen, was sie (als Frucht ihres Leibes in sich) tragen. Wenn einer gottesfürchtig ist, schafft Gott ihm von sich aus Erleichterung.

Bubenheim / Elyas: Und diejenigen von euren Frauen, die keine Monatsblutung mehr erwarten, wenn ihr im Zweifel seid, so ist ihre Wartezeit drei Monate; und ebenso derjenigen, die (noch) keine Monatsblutung haben. Diejenigen, die schwanger sind – ihre Frist ist (erreicht), wenn sie mit dem niederkommen, was sie (in ihren Leibern) tragen. Und wer Allah fürchtet, dem schafft Er in seiner Angelegenheit Erleichterung.

M. A. Rassoul: Wenn ihr Zweifel hegt (über) jene eurer Frauen, die keine Menstruation mehr erhoffen, (dann wisset, daß) ihre Frist drei Monate beträgt, und (das gleiche gilt für) diejenigen, die noch keine Menstruation gehabt haben. Und für die Schwangeren soll die Frist solange dauern, bis sie zur Welt bringen, was sie getragen haben. Und dem, der Allah fürchtet, wird Er Erleichterung in seinen Angelegenheiten verschaffen.

Amir Zaidan: Und diejenigen von euren Ehefrauen, die keine Menstruation mehr erwarten – solltet ihr Zweifel haben – so ist ihre ´Idda drei Monate lang, ebenso für diejenigen, die noch keine Menstruation hatten. Und für die Schwangeren – deren Frist endet, wenn sie entbunden haben. Und (wer) Taqwa gemäß ALLAH gegenüber handelt, dem gewährt ER in seiner Angelegenheit Erleichterung.

 

Durch eine schreckliche, falsche, ḥadīṯische Verzerrung dieses Verses wird in fast allen Übersetzungen die Wartezeit für Frauen, die noch keine Menstruation hatten, d. h. Kinder, ebenfalls beschrieben. Dies würde aber logisch gesehen bedeuten, dass Kinder überhaupt schon geheiratet werden dürften! Es ist bekannt, dass die anti-koranische, traditionelle Sunna Aussprüche enthält, die den Propheten Mohammed mit der Behauptung der Pädophilie beleidigen, dass er ʿAīsha im Kindesalter geheiratet hätte. Solche Heuchler, schreckliche Missetäter und Ableugner möchte ich auf die Verse 6: 112–116 und ebenso auf Psalm 37 aufmerksam machen!

Der vokalisierte, arabische Wortlaut des Textes:

 

وَالّٰىٔ يَئِسْنَ مِنَ ٱلْمَحِيضِ مِن نِّسَآئِكُمْ إِنِ ٱرْتَبْتُمْ فَعِدَّتُهُنَّ ثَلَٟثَةُ أَشْهُرٍۢ وَالّٰىٔ لَمْ يَحِضْنَ ۚ وَأُو۟لَٟتُ ٱلْأَحْمَالِ أَجَلُهُنَّ أَن يَضَعْنَ حَمْلَهُنَّ ۚ وَمَن يَتَّقِ ٱللَّهَ يَجْعَل لَّهُۥ مِنْ أَمْرِهِۦ يُسْرًۭا

 

Drei Probleme bestehen bei den oben zitierten Übersetzungen:

1. Das Wort „ebenso“ oder die Äußerung „das gleiche“ kommt im arabischen Wortlaut nirgends vor! Obwohl die arabische Sprache diese Wörter umfasst (بالمِثْل – bil-miṯli für das gleiche/ähnliche und كَذَلِكَ – kaḏalika für „ebenso“ oder أَيْضًا – ayḍan für das Wort „auch“), haben die Übersetzer entweder wider besseren Wissens einfach von anderen Übersetzern abgeschaut und den Wortlaut übernommen oder aber sie dachten aufgrund der dem Propheten angedichteten Aussprüche, die ihn der Pädophilie beschuldigen und besagen, dass er ʿAīsha im Kindesalter geheiratet habe, dass dies eine scheinbar bedenkenlose Übersetzung sei. Oder sie hatten einfach Angst, der menschengemachten Tradition zu widersprechen. Sie haben wohl auch deshalb beim Lesen das der Lesung nachträglich hinzugefügte Symbol „dschīm“ nach „lam yaḥiḍna“ als scheinbar zwingenden Stopp genommen:

 

وَالّٰىٔ لَمْ يَحِضْنَ ۚ  وَأُو۟لَٟتُ ٱلْأَحْمَالِ

 

Dieser erhöhte Buchstabe (ج) ist ein Zeichen des Tadschwīd (die Lehre der klassischen Regeln der „richtigen“ Koranrezitation) und steht kurz für waqf dschā’iz ( وقف جائز ), wörtlich erlaubter Stopp, und soll einen empfohlenen oder erlaubten Stopp innerhalb eines Verses anzeigen. Durch solch einen Stopp wird unter Umständen wie in diesem Vers die Bedeutung des Satzes festgelegt, indem die Verbindung zum vorherigen Teil des Verses festgelegt wird. Ohne diesen Stopp kann sich die Bedeutung ändern.

Es sei nochmals wiederholt, dass diese Zeichen kein zwingender Bestandteil der ursprünglichen Schrift sind.

Der arabische Wortlaut ohne Vokalisation und ohne die Zeichen des Tadschwīd schaute wie folgt aus:

 

والءى يئسن من المحيض من نسائكم إن ارتبتم فعدتهن ثلثة أشهر والءى لم يحضن وأولت الأحمال أجلهن أن يضعن حملهن ومن يتق الله يجعل له من أمره يسرا

 

2. Des Weiteren steht im arabischen Wortlaut auch das Wort „noch“ nirgends geschrieben, denn es verstärkt den falschen Eindruck, dass es sich hier um Kinder handle. Einzig Khourys Übersetzung lässt dieses Wort aus, Paret und Bubenheim setzen es in Klammern, um anzudeuten, dass es nicht in der Lesung steht. Alle anderen übersetzen schlicht falsch, indem der Eindruck entsteht, das sei doch der koranische Text.

3. Zu guter Letzt würden die Übersetzer auch erst dann Recht haben, wenn das zweite „allā’i“ (الّٰىٔ – femininer Plural von „diejenigen“ im klassischen Arabisch, im heutigen modernen Standardarabisch bekannt als allātī – اللاتي) vor der Stelle stünde, in der von den schwangeren Frauen die Rede ist. Aber selbst dann ließe sich darüber streiten, ob dies der gewohnten koranischen Grammatik entspricht. Die Trennung zwischen den Frauen, die keine Menstruation hatten, und denen, die schwanger sind, ist in den Übersetzungen künstlich hergestellt, die der Lesung widerspricht. Die Wortwahl ist sehr präzise und das „und“ (wa) im Ausdruck „und schwanger sind“ stellt klar, dass es zum vorigen Satzbeginn dazugehört. Zu diesem Wort „wa“ komme ich bald wieder zurück.

Die sinngemäß korrekte Übersetzung, welche keinen Widerspruch mit der restlichen Botschaft der Lesung erzeugt, müsste lauten:

 

65:4 Für die Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, beträgt die Wartezeit drei Monate, wenn ihr Zweifel hegt. Die Wartezeit für die, die keine Menstruation haben und schwanger sind, endet mit der Entbindung. Wer Gottes achtsam ist, dem erleichtert Gott seine Angelegenheiten.

 

Bild: penso (lina menazzi) / CC BY-NC 3.0

Bild: penso (lina menazzi) / CC BY-NC 3.0

Das bedeutet, dass Frauen, die keine Menstruation haben und schwanger sind, warten müssen, bis sie ihr Kind zur Welt gebracht haben. Es ist also nicht abzuleiten, dass Kinder eine etwaige Wartezeit hätten. Erst wenn man blind und ohne Verstand der traditionellen Lesart der Lesung folgt, könnte man zum Schluss gelangen, zu dem auch die Übersetzer gelangten.

Die Lesung nennt zwar keine konkrete Zahl als Heiratsalter, doch ist aus ihr zu verstehen, dass das Heiratsalter einhergeht mit der geistigen Reife sein Leben selbst zu regeln (4:6) und dem Wissen, was das eheliche Leben ausmacht (4:34–35, 30:21). Ohne dies weiter ausführen zu wollen, kann gesagt werden, dass damit direkt die Möglichkeit der Heirat von Kindern ausgeschlossen wird. Somit ist die traditionelle Übersetzung eine der Lesung selbst widersprechende Variante, die nunmehr ignoriert werden sollte.

Es überrascht nicht, dass der Vers 65:4 aufgrund von den Ergänzungen wie Hadīṯ und Sunna und den Gelehrten verzerrt wurde, welche die Lebensordnung der Gottergebenheit (Islām) mit heidnischen Vorstellungen vermischen und die eine Freikarte suchen, um ihre körperlichen Triebe auszuleben. Es ist bedauerlich, welch satanischer Einfluss in den patriarchalen und pädophilen Köpfen der sich als „Muslime“ ausgebenden Gelehrten zu sehen ist! Es ist bedauerlich, dass selbst heutige Übersetzer nicht aufmerksam lesen, was im arabischen Wortlaut wirklich steht, und dies nicht mit dem Rest der Lesung vergleichen.

Gott bewahre uns vor solchen Leuten, die uns ihre Weltsicht mittels ihren Übersetzungen als Lebensordnung verkaufen wollen, die Gott nie verordnete!

 

42:21 Oder haben sie etwa Teilhaber, die ihnen als Religion verordnet haben, was Gott nicht erlaubt hat? Und gäbe es nicht den Urteilsspruch, wäre es zwischen ihnen entschieden worden. Und für die, die Unrecht tun, ist eine schmerzhafte Pein bestimmt.23

 

Was ist nun die Moral? Falls Sie genügend Arabisch verstehen, dass Sie die Vokale selbst setzen können, dann gehören Sie zu einer glücklichen Minderheit und können mehrdeutige Passagen, wovon es einige gibt, selbst entdecken und analysieren. Falls Sie überhaupt kein Arabisch können, bleibt Ihnen nichts anderes übrig als eine Person Ihres Vertrauens zu fragen, die dies kann und Ihnen hierbei hilft. Im Normalfall und anders als in diesem Beispiel sind diese Zweideutigkeiten aber von geringer Auswirkung, weshalb Sie auch ohne dieses Wissen bei einer guten Übersetzung der Lesung tiefgreifende Interpretationen selbst anstellen können. Im besten Fall können Sie den arabischen Wortlaut mit einer Transliteration entziffern und mit ein wenig Übung wissen Sie auch, wie Sie diese Wörter und Wortstämme in den Wörterbüchern nachschlagen können. Ich empfehle Ihnen diesen Weg einzuschlagen, wenn Sie nicht gleich eine komplett neue Sprache erlernen können oder wollen. Doch vorteilhaft ist es zumindest, die arabischen Buchstaben zu lernen, um ein Wort in seiner geschriebenen Form wiedererkennen zu können, was Sie im Normalfall einige Abende kosten wird.

 

Transliterationen verwenden

Wie Transliterationen hilfreich sein können, um auch ohne Arabischkenntnisse gewisse Begrifflichkeiten zu studieren, sei an folgendem Beispiel demonstriert:

 

Transliteration eines Teils des Verses 10:5
huwa allaḏī dschaʿala asch-schamsa ḍiyā’an wa al-qamara nūran wa qaddarahu manāzila litaʿlamū ʿadada as-sinīna wa al-hisāba …

 

Dies ist die transliterierte Form der arabischen Wörter. Die Transliteration wurde eingeführt, um auch Menschen den Zugang zu ermöglichen, die der arabischen Sprache nicht sehr mächtig sind aber dennoch wissen wollen, was dort genau steht. So können wir aufgrund dieser Transliteration eine Aufstellung der Wörter wiedergeben:

  • Huwa: er
  • allaḏī: (ist) derjenige
  • dschaʿala: er machte
  • asch-schamsa: die Sonne
  • ḍiyā’an: als Leuchte
  • wa: und
  • al-qamara: den Mond
  • nūran: als Licht
  • wa: und
  • qaddarahu: er maß ihm zu
  • manāzila: Stationen
  • litaʿlamū: damit/auf dass ihr wisst
  • ʿadada: (die) Anzahl
  • as-sinīna: der Jahre
  • wa: und
  • al-hisāba: die Rechnung
  • usw.

Nun wissen Sie bereits, dass asch-schams „die Sonne“ bedeutet und werden nun in jeder Transliteration das Wort wiedererkennen können. Zumindest können Sie dadurch nachprüfen, ob ein behauptetes Wort auch wirklich vorkommt. Auf diese Art und Weise werden Sie auch erkennen können, dass abhängig vom Vers unterschiedliche Übersetzer dasselbe Wort ganz anders wiedergeben.

Es kann durchaus sein, dass Sie zu Beginn gewisse Wörter schwer erkennen, doch sind Sie auf diese Weise auf jeden Fall unabhängiger als ohne eine Information zu einem bestimmten Vers. Transliterationen finden Sie im Internet wie auch als gedruckte Bücher, obwohl die gedruckte Variante wesentlich teurer ist.

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Wieso wurde der Koran auf Arabisch offenbart?

In diesem Kapitel werden wir die arabische Sprache in ihrem rudimentären Aufbau ein wenig näher kennenlernen und der Frage nachgehen, weshalb die Lesung auf Arabisch offenbart wurde. Ebenso werden wir die Grundlagen für die Hermeneutik erarbeiten und Beispiele hierfür vorführen.

 

Die arabische Sprache

Ich glaube, dass wenn die Lesung vernünftig in andere Sprachen übersetzt wird, sie ihre Eigenschaft der Heilung und der Rechtleitung nicht verliert. Nichtsdestotrotz kann man die Sprache nicht gänzlich ignorieren.

 

Glaube und Methodik vor Kenntnis der Sprache

41:44 Hätten wir sie zu einer fremdsprachigen Lesung gemacht, hätten sie gesagt: „Hätten ihre Verse nicht ausgeführt werden müssen?“ Fremdsprachig oder arabisch? Sage: „Sie ist eine Führung und eine Heilung für die Gläubigen.“ Die Ableugner aber sind schwerhörig in ihren Ohren und sie (die Lesung) ist für sie unzugänglich. Sie sind so, als werde ihnen etwas aus großer Entfernung zugerufen.

 

In irgendeiner menschlichen Sprache musste die Lesung offenbart werden, sonst wäre sie nicht verständlich für uns. Die Lesung ist aber anders als andere Bücher. Die erste Voraussetzung, um sie zu verstehen, ist eine rechte und ehrliche Absicht. Sei es sogar der beste Arabischkenner der Welt, wenn diese Absicht nicht gegeben ist, kann die Lesung nicht recht verstanden werden. Den ehrlichen, aufrichtigen Gläubigen wird, gleich welche Muttersprache sie auch haben mögen, der Zugang zur Lesung versprochen (41:44), da sie als Rechtleitung und Heilung für die Gläubigen beschrieben wird. Darüber hinaus werden in der Lesung die Menschen nicht mit „O ihr Arabischkenner“ angesprochen, sondern mit “O ihr Gläubigen”. Die Wahrheiten der Lesung sind nicht eingeschränkt durch die Mängel der menschlichen Sprachen. Der Lehrer ist Gott persönlich (55:2, 75:19). Den Ableugnern jedoch wird kein tieferer Zugang gewährt, selbst wenn sie Professoren und Experten der arabischen Sprache wären:

 

17:45 Und wenn du die Lesung liest, machen wir zwischen dir und denjenigen, die nicht an das Letzte10 glauben, einen unsichtbaren Vorhang.

18:57 Wer ist ungerechter als jener, welcher an die Zeichen seines Herrn erinnert wurde und sich dann von ihnen abwendete und vergaß, was seine Hände vorausschickten. Gewiss, Wir legten über ihre Herzen Hüllen, sodass sie sie (die Lesung) nicht begreifen, und in ihre Ohren Schwerhörigkeit; und wenn du sie zur Rechtleitung rufst, dann werden sie sich niemals rechtleiten lassen.

56:77–79 Dass dies wahrlich eine edle Lesung ist in einer geschützten Schrift. Keiner kann sie berühren, außer den Reinen.11

 

Arabisch zu können und zu beherrschen ist nicht gleichbedeutend mit einer automatisch gewonnenen Einsicht in die tiefsten Erkenntnisse der Lesung. Mit Gewissheit werden die Menschen ihn verstehen können, sei es durch Übersetzungen oder andere Wege, wenn ihre Herzen und ihr Verstand für Gottes Botschaft offen und rein sind, sie also zu den Reinen aus 56:79 gehören. Nur die Gläubigen, die ihren Verstand gebrauchen (10:100), die ihre vergangenen Ahnen und die Religionsgelehrten nicht idolisieren (2:170; 5:104), die nicht von Vermutungen abhängen (10:36), die nicht etwas spöttisch verfolgen, worüber sie kein Wissen haben (17:36; 6:115) und die ihre Lebensordnung (dīn) Gott allein widmen, verstehen die Botschaft der Lesung. Gott lehrt sie die Lesung. Er kann die Geschehnisse so einleiten, dass sie die Lesung richtig verstehen. Gott ist der Herrscher aller Welten, auch der inneren Seelenwelten, und der beste Rechtleiter.

Jene, die ihren Verstand nicht gebrauchen und ihren eigenen Gelüsten und Neigungen folgen, ihre Ahnen idolisieren, Vermutungen und Spekulationen wie die dem Propheten angedichteten Aussprüche (aḥādīṯ) zu ihrer Religionsquelle erheben und jene, die in der Religion Gott andere Gesetzesgeber beigesellen (wie zum Beispiel Buchārī, dem bekanntesten der Aussprüche-Sammler) könnten ihr Leben lang versuchen, die Lesung zu verstehen, doch ihnen ist es verwehrt.

Auch wenn natürlich der Aufrichtigkeit gegenüber dem Schöpfer eine höhere Bedeutung zuteil wird, so kann man die arabische Sprache und ihre Feinheiten dennoch nicht ignorieren. Denn das klassische Hocharabisch der Lesung ist ein Arabisch des siebten Jahrhunderts. Nichtaraber gelangen erst durch den mühsamen Erwerb der Sprache zum Arabisch der Lesung. Wenn jedoch gewöhnliche Araber ihn lesen, verstehen sie kaum die Hälfte des Geschriebenen – rein sprachlich betrachtet. Aus diesem Grund ist es kein Wunder, dass sich die Araber schwer tun im Forschen und Verstehen, insbesondere in der theologischen Verortung der Inhalte. Eine fehlende Auseinandersetzung mit den Inhalten der Lesung führt dazu, dass der Inhalt eher oberflächlich behandelt wird und sich somit viele Fehler einschleichen. Die Nichtaraber haben hier einen immensen Vorteil gegenüber Arabern, weil sie sich selbst nicht durch ihr „Arabischkönnen“ hinters Licht führen, sie sich auch nicht mit der bloßen Rezitation begnügen, sondern durch verstehendes Lesen der Übersetzungen die Lesung besser kennen als so mancher „Muslim“. Bei ihnen basiert der Glaube nicht auf dem, was ihnen auf Basis von Hörensagen und Tradition erzählt wird, sondern sie kommen aus einer eher freieren Denkweise. Selbst ausgebildete Theologen greifen auf unzeitgemäße, teils gravierend rückschrittliche Aussagen von Theologen des 9. und 10. Jahrhunderts zurück, weil sie dies im Studium so erlernt haben.

Eine angemessene Vorgehensweise im Verstehen der Lesung ist also vonnöten, die frei ist von jeglichen Zwängen der Gelehrten, jedoch auch ihre Werke berücksichtigt und das Gute aus ihnen herausholt. Sowohl das Ignorieren der Gelehrten wie auch die blinde Traditionsbefolgung werden aufgrund der ideologisch geprägten Vorgehensweise zu schlechten Ergebnissen führen.

 

39:18 Die dem Wort zuhören und dem Besten von ihm folgen. Sie sind es, denen Gott den Weg gewiesen hat, und sie sind es, die mit Verstand begabt sind.

 

Präzision und Effizienz der Sprache

Arabisch ist eine der effizientesten Sprachen der Welt, insbesondere dann, wenn es um präzise Gesetzestexte geht. Da die Lesung unter anderem auch ein Buch mit Gesetzen ist, war es wesentlich, dass solche Gesetze klar formuliert werden müssen. Gott wählte vermutlich die arabische Sprache für Sein Wort aus dem offensichtlichen Grund, dass sie für diesen Zweck äußerst tauglich ist. Arabisch ist einzigartig in seiner Effizienz und Exaktheit. Beispielsweise wissen wir auf Deutsch nicht, ob das plurale „sie“ männliche oder weibliche Personen beschreibt. Auf Arabisch gibt es ein „sie“ für Männer (هم – hum) und ein „sie“ speziell für die Frauen (هن – hunna).12 Es gibt sogar ein “sie” für zwei Männer (هما – humā) und ein “sie” für zwei Frauen (هاتان – hātāni).13 Rashad Khalifa schreibt zur Effizienz der arabischen Sprache folgendes:

 

Ich habe die Effizienz der arabischen Sprache zu schätzen gelernt, als ich zum Beispiel Vers 2:228 übersetzt habe. Dieser Vers mahnt die in Scheidung lebende Frau eindringlich, ihre eigenen Wünsche, sich von ihrem Mann zu scheiden, aufzugeben, wenn sie merkt, dass sie schwanger ist und der Ehemann sich wieder versöhnen will, da das Wohl des Kindes Vorrang hat. Die Effizienz der arabischen Sprache war sehr hilfreich dabei, dieses Gesetz festzulegen. Jede andere Sprache hätte es fast unmöglich gemacht darzulegen, wessen Wünsche verdrängt werden sollen, zumindest nicht in so wenigen Worten, wie wir es in 2:228 sehen. Zum Beispiel wird das Wort „Qālatā“ in Vers 28:23 mit vier Worten übersetzt: „die zwei Frauen sagten“. Das ist die Effizienz der Arabischen Sprache.14

 

Ein weiterer möglicher Grund, wieso Arabisch als Offenbarungssprache gewählt wurde, ist die Tatsache, dass „sie“ (singular) und „er“ auf Arabisch nicht zwangsläufig das angeborene Geschlecht implizieren. Dies hat eine wichtige Konsequenz auf das Wort „Allāh“, oder „der Gott“. Wenn deshalb auf Gott als „Er“ Bezug genommen wird, deutet dies überhaupt kein Geschlecht an. Gott sei gepriesen, Er ist weder männlich noch weiblich. Der Gebrauch von „Er“, um auf Gott zu verweisen, trug deshalb zu einem falschen Bild von Gott bei. Daran änderte sich auch nichts durch Äußerungen wie „Vater“, womit Gott angesprochen wird. Sie werden in der Lesung nie einen derartigen Bezug zu Gott finden.

Es ist allgemein falsch nach einem biologischen Geschlecht im grammatikalischen Geschlecht zu suchen. In der deutschen Sprache verhält es sich auch auf ähnliche Art und Weise. „Der Tisch“ ist auf Deutsch männlich, obwohl „er“ keinem menschlich-biologischen Geschlecht zugeordnet werden kann. „Das Mädchen“ ist in gleicher Weise sächlich, obwohl es biologisch feminin ist! Gott ist also weder männlich noch weiblich noch sächlich. Gott ist einzigartig und steht über diesen menschlichen Kategorisierungen.

 

Flexibilität und gleichzeitig hoher Erhaltungsgrad

Eine Nebenerscheinung ist, dass es Lehrbücher gibt, die Arabisch lehren, und zwar aufgrund der Lesung. Die Lesung ist so eingerichtet, dass die gesamte Grammatik, alle Formen und alle syntaktischen Variationen darin vorkommen. So braucht man, um die gesamte Grammatik des modernen Standardarabisch zu lernen, keinen weiteren Text als die Lesung. Dazu empfehle ich das Buch von Alan Jones von der Cambridge Universität, „Arabic Through The Quran“. Es gibt zwei Besonderheiten der arabischen Sprache, die ich an dieser Stelle hervorheben möchte: Erstens können aus einem einzigen Wort nicht nur 35 neue Wörter gebildet werden, sondern mindestens 100 – unter besonderen Umständen sogar noch erheblich mehr, was der arabischen Sprache einen unglaublichen Reichtum beschert, zumindest in der Theorie. Zweitens bauen die Regeln für die Neubildung von Wörtern darauf auf, dass ein Wort aus drei (selten vier) Konsonanten gebildet wird. Die Grundlage der arabischen Wörter sind die Wortstämme, die aus drei Konsonanten bestehen. In der Lesung gibt es nur eine Handvoll Wörter, die vier Konsonanten haben. Die Beugung und Abwandlung der Wörter geschieht im Allgemeinen dadurch, dass man bestimmte Vokale dazwischen fügt. Wenn also von vornherein klar ist, welche Konsonanten es sein müssen, und die Beugungsschemata einheitlich sind, dann können die Vokale auch nicht variieren, oder nur sehr wenig. Und die Regeln umfassen, welche Vokale “dazwischen gestopft” werden. Ein Beispiel: Die drei Konsonanten k-t-b ( ك ت ب ) bilden eine Wurzel, deren Grundbedeutung das Aneinanderreihen von Einheiten, insbesondere von Buchstaben vermittelt. Einfacher ausgedrückt: Diese Wurzel hat mit „schreiben“ zu tun. So heißt dann „kataba“ ( كتَب ) er schrieb, „kutiba“ ( كتِب ) es wurde geschrieben und „yaktubu“ ( يكتب ) er schreibt. Aus derselben Wurzel wird dann „kitāb“ ( كتاب ) abgeleitet, was „Buch“ oder „Schrift“ bedeutet, weil ein Buch auch geschrieben wurde. Ein weiteres Beispiel: die drei Konsonanten q-r-’a ( ق ر أ ) bilden die Grundbedeutung „lesen“. Aus demselben Wortstamm wird auch das Wort al-qur’ān (القرءآن) gebildet, was deswegen „die Lesung“ oder auch „das Vorgelesene“ bedeutet.

KoranMan kann nicht einfach irgendein ausländisches Wort nehmen und es nach Belieben umwandeln, wie es beispielsweise auf Türkisch ginge. Es wurden zwar gewisse Wörter übernommen, etwa „kumbyūtir“ für Computer, aber im Großen und Ganzen wird dies nicht oder nur in der Umgangssprache gebraucht. Man kann einfach ein neues Wort erzeugen, wann immer es gebraucht wird, und jeder, der die arabische Grammatik kennt, weiß, wie das geht.

Ich möchte dies anhand eines Beispiels verdeutlichen: Sie haben einen kleinen Sohn, 9 Monate alt, und er hat eins von diesen modernen Dingen bekommen, in dem er sitzt – das „Ding“ hat Räder und er soll dadurch angeblich lernen zu gehen. Es wurde Ihnen geschenkt. Wie heißt so ein Ding auf Deutsch? Lauftrainer? Gehmaschine? Laufmaschine? Wir haben keine Ahnung, wie es auf Arabisch heißen soll, aber es wurde automatisch „masch’schāya“ genannt – aus den drei Konsonanten m-sch-y (م ش ي), welche zusammen „gehen“ bedeuten, und in dieser Abwandlung einfach „Gehmittel“ heißt, so wie „naẓẓāra“ Sehmittel (Brille) oder „darrādscha“ Fahrrad bedeutet. Alles Wörter, die nach dem gleichen Muster gebildet wurden.

Man kann eine Zahnbürste beispielsweise Miswak oder Siwak (s-w-k) nennen, das sind zwar unterschiedliche Beugungsformen, es sind aber nicht verschiedene Wörter. In verschiedenen Gegenden wird entweder das eine oder das andere Wort benutzt. Fest steht, dass beide Wörter gültig sind, und beide sind hocharabisch. Man kann aber anstelle von Miswak nicht sagen Musbek oder Sobak oder andere Neubildungen, denn dann sind die Konsonanten geändert, und es ist ein gänzlich anderes Wort.

Man kann natürlich anstatt Dār (Haus) auch Bayt (Haus) sagen. Das ist egal. Man kann ja auch auf Deutsch umgangssprachlich Blaukraut anstatt Rotkohl sagen, das ändert ja nicht die Sprache an sich. So sind einige arabische Wörter in Vergessenheit geraten und andere sind heute gebräuchlicher. Wir könnten natürlich auch sagen: Er verabschiedete sich, anstatt wie früher „er empfahl sich“. Beides ist korrektes Hochdeutsch. Korrektes Hocharabisch beinhaltet auf dieselbe Weise viele Ausdrucksweisen, die heute nicht mehr gebraucht werden. Sie sind aber trotzdem unverändert korrekt.

Angesichts dieses ungeheuren und in der Welt einmaligen Reichtums der arabischen Sprache und angesichts der Tatsache, dass zur Wortneubildung immer gleichbleibende Konsonanten gebraucht werden, ist Arabisch eine Sprache, die sich nur sehr wenig für grundlegende Veränderungen anbietet. Es ist eine Sprache, die aufgrund ihrer Natur so etwas wie eine Kunstsprache
(und Hochsprache) ist, die sich aber nur sehr wenig ändern wird. Aus dem gleichen Grund wird angenommen, dass Arabisch auch als eine der ältesten noch gesprochenen Sprachen überhaupt gilt.

 

„Die von den arabischen Nationalgrammatikern mit unermüdlichem Fleiße und bewundernswerter Hingabe aufgestellten Regeln haben die klassische Sprache in allen ihren Aspekten phonetisch, morphologisch, syntaktisch und lexikalisch so umfassend dargestellt, daß ihre normative Grammatik einen Zustand der Vollendung erreicht hat, der keinerlei Weiterentwicklung zulässt.“15

 

Beachten wir dazu, dass die immer gleichbleibenden Wortbildungsmuster dazu führen, dass unheimlich viele Wörter gleich klingen, nur mit anderen Konsonanten. Das heißt, dass sich diese Wörter reimen. Aus dem gleichen Grund ist es sehr einfach, Gedichte auf Arabisch zu schreiben. Man hat sich im Ausland immer darüber gewundert, dass sich die ganze Lesung reimt, wenn man sie vorträgt, so als wäre die Lesung ein langes Gedicht. Das bedeutet, dass sich die Lesung auf Arabisch besonders einfach einprägen lässt. Wie viel einfacher ist es doch zum Beispiel Al-Fātiḥa oder An-Nās oder ein anderes Kapitel auf Arabisch auswendig zu lernen als auf Deutsch. Dies ist meiner Ansicht nach ein weiterer Grund für die Erwählung der arabischen Sprache für die Lesung, damit sie in aller Ewigkeit unverändert bleibt.

Die Schriftsprache des klassischen Arabisch ist identisch mit der Schriftsprache des modernen Standardarabisch – und zwar unabhängig davon, ob die Vokale gesetzt werden oder nicht. Nur die Aussprache ist unterschiedlich, und die beruht wiederum auf den Vokalzeichen, die im täglichen Leben nie benutzt werden.

Nur die Lesung wurde von Anfang bis Ende durchvokalisiert, damit auch „Ausländer“ wie wir, die nicht Arabisch muttersprachlich können, wissen, wie die Lesung ausgesprochen wird. Die Lesung ist auf Arabisch zudem noch mit anderen Zeichen versehen, die besagen, wo Pause gehalten wird, und Hinweise auf die Ausdrucksweise geben. Dies sind dann die Regeln der klassischen Rezitation (aḥkām at-tadschwīd).

Es gibt übrigens eine arabische Redewendung: „ḍaʿa an-nuqāṭ ʿalá-l-ḥurūf“ ( ضع النقاط على الحروف – wörtlich: Setze die Punkte auf die Buchstaben) – oder zu Deutsch: „Sprich jetzt Klartext mit mir“.

Halten wir fest: Wenn die Konsonanten und die Vokalbehandlung bewahrt werden, wie soll sich die Sprache dann ändern? Die arabische Sprache ist damit eine Weltsprache, die sich sehr wenig ändert und deshalb bestens für die Offenbarung geeignet ist.

Zu den Zeichen der Lesung gehört auch, dass sie auf Arabisch offenbart wurde.

Die besten Erkenntnisse sind die eigenen Wahrnehmungen und die Wahrheit steht immer vor der eigenen Nase, wenn das Herz dabei offen ist.

Bild: Patrick Kolencherry, CC BY-NC 2.0

Sure 4 Vers 34 – Erlaubt der Koran Frauen zu schlagen?

Bild: Patrick Kolencherry, CC BY-NC 2.0

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In einigen Teilen des nahen Ostens und anderen Gebieten der islamischen Welt können Frauen von ihrem Ehemann oder anderen männlichen Verwandte für Kleinigkeiten geschlagen werden, wie z.B. dafür, dass das Essen zu spät gerichtet wurde. Unter etlichen Muslimen herrscht die gängige Meinung vor, dass es ihnen erlaubt sei, ihre Frauen zu schlagen und sie können sich sicher sein, dass die traditionellen Gelehrten hinter ihnen stehen.

Obwohl dies bizarr anmuten mag, so haben in der Tat islamische Gelehrte den Muslimen erzählt, Gott habe in seinem heiligen Buch angeordnet, dass Männer ihre Frauen schlagen dürften, wenn sie mit ihnen unzufrieden seien. Der Vers, den Muslime als Argument für diese Sichtweise anführen ist der folgende:

 

[Yusufali Translation]: Men are the protectors and maintainers of women, because Allah has given the one more (strength) than the other, and because they support them from their means. Therefore the righteous women are devoutly obedient, and guard in (the husband’s) absence what Allah would have them guard. As to those women on whose part ye fear „Nushooz“ disloyalty and ill-conduct , admonish them (first), (Next), refuse to share their beds, (And last) „Idribuhun“ beat them (lightly); but if they return to obedience, seek not against them Means (of annoyance): For Allah is Most High, great (above you all).“ (4:34)

 

Wenn Gott wirklich befehlen würde, dass „untreue“ Frauen zu schlagen seien, so hätten wir keine andere Wahl, als zu hören und zu gehorchen… Wie dem auch sei, es gibt mehrere Gründe, die einem ins Auge fallen, wenn man die gängige Interpretation dieses Verses akzeptieren möchte. Dies ist der Inhalt dieses Artikels.

Die beste Methode um den Koran zu studieren ist es, ähnliche Worte und Verse zusammen zu betrachten (dieses Vorgehen nennt sich „Tartil“ und wird in 73/4 vom Allmächtigen gelehrt).

Es gibt zwei Schlüsselbegriffe, die relevant sind, um dieses Thema korrekt zu verstehen:

  1. Nushuz – oben übersetzt als disloyalty & ill-conduct (Untreue und schlechtes Benehmen)
  2. Idribuhun – oben übersetzt als beat them (schlagt sie)

Der erste Begriff „Nushuz“ gibt uns Aufschluss darüber, um was es bei der ganzen Sache überhaupt geht. Geht es um eine Frau, die untreu ist oder sich schlecht benimmt (etwa eine Ehebrecherin oder Verführerin?) oder wurde dieses Wort vielleicht falsch übersetzt auf Grund eines Rückfalles in soziale Ignoranz und männliche Dominanz?

Nushuz bedeutet: „aufstehen“/“sich erheben“

Dies kann man deutlich in Sure 58 Vers 11 erkennen, in dem die Menschen aufgefordert werden, sich von dem Platz, auf dem sie sitzen zu „nushuz“.

 

[Yusufali Translation]: O ye who believe! When ye are told to make room in the assemblies, (spread out and) make room: (ample) room will Allah provide for you. And when ye are told „Inshuzoo“ *to rise up, rise up Allah will rise up, to (suitable) ranks (and degrees), those of you who believe and who have been granted (mystic) Knowledge. And Allah is well-acquainted with all ye do.“ (58:11)

 

*Bemerkenswert, dass der Übersetzer (Yusuf Ali) in diesem Vers korrekt übersetzt, während er in 4:34 von Untreue und schlechtem Benehmen spricht.

Der Fall, von dem wir hier sprechen, hat also nichts zu tun mit Ehebruch oder irgendeinem anderen Vorkommen unmoralischen Verhaltens, sondern es geht eher um eine Frau, die gegen ihren Mann rebelliert (ihm nicht zuhört, ihn einfach so verlässt, ihn angreift und keinen Respekt entgegen bringt, usw.)

Lassen Sie uns nun sehen, was der Koran als Maßnahme nennt, wenn der Mann „nushuz“ begeht und nicht die Frau:

 

[Yusufali Translation]: If a wife fears cruelty or „Nushooz“ **desertion on her husband’s part, there is no blame on them if they arrange an amicable settlement between themselves; and such settlement is best; even though men’s souls are swayed by greed. But if ye do good and practise self-restraint, Allah is well-acquainted with all that ye do.“ (4:128)

 

** Erneut sehen wir, dass sich der Übersetzer Yusuf Ali für die korrekte Übersetzung (desertion – verlassen) entschieden hat, wenn es um den Mann geht.

Der Koran lehrt uns, dass im Falle des „nushuz“ des Mannes das Paar den Streit beilegen soll oder sich trennen soll, wenn der Mann sich wirklich rebellisch der Frau gegenüber gezeigt hat (nicht bei ihr sein will, ihre Anwesenheit nicht erträgt, usw.) Der Vers sagt nicht aus, dass die Frau den Mann schlagen solle, bis er sich ihr unterwirft bzw. andere Männer dazu bringen solle, dies für sie zu erledigen. Stattdessen sollen sie reden und den Streit schlichten, denn dies ist eine Sache, die verlangt, dass die beiden sich in Respekt und Liebe wieder vertragen, oder voneinander trennen.

 .

 .

Erlaubt nun der Koran, Frauen zu schlagen?

Kommen wir also nun zurück zu dem Vers, der die Frau betrifft und benutzen nun die korrekte Übersetzung:

 

„The men are to support the women by what God has gifted them over one another and for what they spend of their money. The upright women who are attentive, and keep private the personal matters for what God keeps watch over. As for those women from whom you fear a „Nushooz“ desertion, then you shall advise them, and abandon them in the bedchamber, and „Idribuhun“ Beat them?; if they obey you, then do not seek a way over them; God is High, Great.` (4:34)

 

Wenn wir die eigentliche Sachlage betrachten, so sehen wir, dass es um eine Frau geht, die ihren Mann nicht mehr erträgt und deswegen gegen ihn rebelliert. So wie bei dem Beispiel mit dem Mann, der rebelliert, geht es auch hier darum, die Lage zu entspannen und eine harmonische Beziehung wiederherzustellen. Die Frau dafür zu schlagen, dass sie den Mann nicht erträgt und so gegen ihn rebelliert ist keine Maßnahme, die der Sache dienen würde. Die Frau würde ihren Mann nur noch mehr hassen.

Da wir den Ursprung des Problems nun besser verstanden haben, wenden wir uns dem zweiten Begriff („idribuhun“) zu, den wir im Lichte der übrigens Verse des Koran betrachten wollen.

„Have you not seen how God puts forth (Daraba) the example of a good word is like a good tree, whose root is firm and its branches in the sky.“ (The Message 14:24)

„For the poor who face hardship in the cause of God, they cannot go forth (Darban) in the land; the ignorant ones think they are rich from their modesty; you know them by their features, they do not ask the people repeatedly. And what you spend out of goodness, God is fully aware of it.“ (2:273)

 

Daraba bedeutet in seiner ursprünglichen Form „to put forth“ (hervor bringen/treiben). Der einzige Grund, weswegen dieses Wort manchmal treffen/schlagen bedeutet ist der, dass man dabei seine Hand hervorbringt, wenn man jemanden schlägt (8:12, 8:50, 47:24).

 

„And if you could only see as the Angels take those who have rejected, they „Yadriboon“ strike their faces and their backs: `Taste the punishment of the blazing Fire!`“ (8:50)

 

Betrachten wir nun wieder 4:34, so sehen wir anhand des Kontextes (Ablehnung der Frau gegenüber ihres Ehemannes), dass einzig  die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „darab“, nämlich „hervor bringen“ Sinn ergibt.

 

„The men are to support the women by what God has gifted them over one another and for what they spend of their money. The upright women who are attentive, and keep private the personal matters for what God keeps watch over. As for those women from whom you fear a desertion, then you shall 1) advise them, and 2) abandon them in the bedchamber, and 3) „Idribuhun“ let them go forth (weggehen); if they obey you, then do not seek a way over them; God is High, Great.“ (4:34)

 

So vorzugehen, dass man die „beste“ Interpretation anstrebt, ist in sich logisch und – was noch wichtiger ist – entspricht dem, was der Koran uns lehrt:

 

„The ones who listen to what is being said, and then follow the BEST of it. These are the ones whom God has guided, and these are the ones who possess intelligence.“ (39:18)

 

Wir haben nun eine umfassende Liste mit Maßnahmen, die der Mann ergreifen kann, falls seine Frau ihn verlassen will, weil sie es mit ihm nicht länger aushält.

 

  1. Reden. Der einfachste und beste Weg Probleme zu bereinigen.
  2. Das Bett nicht mehr miteinander teilen. Dies ist der zweite Ansatz, den der Mann verfolgen soll, falls beide ihr Problem nicht bewältigen können. Der Mangel an intimem Kontakt kann vielleicht dazu führen, dass sich die Frau eher beruhigt, während das Gegenteil die Situation eher noch anheizen könnte.
  3. Sich voneinander trennen. Der dritte und letzte Ratschlag ist eine Phase der „Abkühlung“, die helfen soll, mit sich und der Situation konstruktiv umzugehen, ohne dass man den Partner ständig bei sich haben muss.

 

Die innere Logik der oben genannten Schritte steht im klaren Kontrast zu der Annahme, die Frau sei zu schlagen und widerlegt diese ausführlich. Der folgende Vers wendet sich an die, die die schlechten Angewohnheiten ihrer Vorväter übernehmen wollen:

 

„And if they commit evil acts, they Say: `We found our fathers doing such, and God ordered us to it.` Say: `God does not order evil! Do you say about God what you do not know?` Say: `My Lord orders justice, and that you be devoted at every temple, and that you call on Him, while being faithful to Him in the system; as He initiated you, so you will return.` A group He has guided and a group have deserved misguidance; that is because they have taken the devils as allies besides God; and they think they are guided!“ (7:28-30)

 

 

Fragen/Probleme

Im Folgenden einige Fragen und Argumente, die aufgeworfen wurden um das Verständnis des „Schlagens“ in Sure 4 Vers 34 zu belegen:

– Das arabische Wort für „trennt Euch von ihnen“ lautet „idribuanhun“ und nicht „idribuhun“, wie in 4:34 benutzt. Daher ist „schlagen“ die korrekte Bedeutung.

Menschen, die derlei linguistische Hürden hervorbringen, ignorieren, dass Gott dasselbe Wort „daraba“ in Sure 14 Vers 24 ohne Präposition verwendet:

 

„Have you not seen how God puts forth (Daraba) the example of a good word is like a good tree, whose root is firm and its branches in the sky.“ (The Message 14:24)

 

Würden Sie auf Grund desselben linguistischen Argumentes behaupten, dass Gott seine Beispiele „schlägt“? Oder würden Sie akzeptieren, dass das Wort ohne Präposition „hervorbringen“ bedeutet?

 

– Der Begriff „idrib“ bedeutet in Bezug auf ein lebendiges Objekt „schlagen“ und  kann ansonsten etwas anderes bedeuten, wenn es in Bezug auf ein nicht lebendiges Objekt benutzt wird.

Dies ist ein Argument, welches hauptsächlich von Gruppen hervor gebracht wird, die vorgefasste Meinungen haben und glauben wollen, dass der Islam ein geistloses und barbarisches System sei. Dieses Argument hält weder der Linguistik noch der arabischen Grammatik stand. Fakt ist, dass das Wort „idrib“, wie es uns in Sure 24 Vers 31 begegnet, dieses Argument entkräftet, denn ganz offensichtlich sollen die Frauen wohl kaum ihre Brust mit ihrem Schal schlagen, sondern ihren Schal hervor bringen, um die Brust zu bedecken:

 

„And tell the believing women to lower their gaze and keep covered their private parts, and that they should not reveal their beauty except what is apparent, and let them put-forth (YaDribna) their shawls over their cleavage…“ (24:31)

 übersetzt von Andreas Heisig

Mensch als Stellvertreter Gottes auf Erden?

Ich suche Zuflucht bei Gott vor dem verworfenen Satan
Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Gnädigen

2:30 Und als Dein Herr zu den Engeln sagte: „Ich werde auf der Erde einen Nachfolger hinterlassen“, sagten sie: „Lässt Du darauf solche, die Unheil stiften und Blut vergießen, wo wir Dir Lob preisen und Dich heiligen?“ Er sagte: „Ich weiß, was ihr nicht wisst!“


Der Mensch kann kein Stellvertreter Gottes auf Erden sein. Jemand, der den Platz eines anderen einnimmt, wird als Khalif bezeichnet (7:142). Gott erschuf die Menschheit so, dass jeder Mensch die Position eines anderen einnehmen könnte, im Sinne eines Nachfolgers oder Stellvertreters. Wir sehen das bereits im Alltag. Die Nachkommen nehmen den Platz der Vorfahren ein. Es ist auch so, dass das Rennen um die Nachfolgerschaft andere dazu verleiten kann, die Stellung, die Möglichkeiten und die Güter in unserer Hand an andere zu verlieren. Dies ist das Gefühl des Neides auf all diese Dinge und andererseits die Angst, die Güter und das Ansehen an andere zu verlieren. Jene, die sich den Propheten widersetzt haben, hatten Angst, ihre Tradition, ihr Status Quo, ihre Gewohnheiten und ihr täglichen Lohn zu verlieren. Die Propheten jedoch hatten folgenden Auftrag:

26:127 Ich verlange von euch dafür keinen Lohn. Mein Lohn obliegt nur dem Herrn der Welten.


Aus Vers 2:30 des Koran ist zu verstehen, dass die Engel – noch bevor Iblis zu einem abgefallenen Engel wurde (!) – ihre Bedenken Gott näher gebracht haben, dass der Mensch im Kampf um die Nachfolge viel Leid anrichten würde. Woher wissen diese Engel diese Tatsache, bevor Adam auf die Erde gestellt und Iblis zum Satan wurde? Gott widerspricht ihnen auch nicht, sondern sagt lediglich: Ich weiß, was ihr nicht wisst. Aus diesem Satz kann auch direkt gefolgert werden, dass mit der Erschaffung des Adam, des Menschen, kein vergleichbares Wesen existierte. (Dies ist aber weder ein Argument für noch gegen die Evolutionstheorie.)

Das System der Nachfolge

Der Mensch kann kein Stellvertreter Gottes auf Erden sein

Die Menschen wetteifern auch im Guten um die Nachfolge, indem sie versuchen mehr Wissen und mehr Können anzueignen. Dies ist das Wetteifern im Guten und begünstigt das Heilvolle. So entstehen Fortschritte und Weiterentwicklungen, Kultur, Wissenschaft und Zivilisation. Wäre das System der Nachfolge auf Erden nicht eingesetzt worden, würden sich die Menschen von den anderen Wesen kaum unterscheiden, hätten keine Zivilisation errichten können. In anderen Worten: der Mensch ist lernfähig und kann sich weiterentwickeln. Genau dies ist der Punkt, den die Engel nicht zu unterscheiden wussten und was in den nachfolgenden Versen im Koran weiter erläutert wird (2:31ff.).

Das System des Khalifats, der Nachfolge auf Erden eröffnet auch Wege fürs Blutvergießen; dies ist im Tierreich zu beobachten. Auch dort bestehen Hierarchien und ein Beispiel sei der Hahn. Zwei Hähne bleiben nicht am selben Ort. Entweder verlässt der eine diesen Ort oder wird vom anderen umgebracht. Der Mensch war auf Erden nicht das erste Wesen. Die Erde musste bereits existieren, dass der Mensch auf ihr leben konnte. So wussten also die Engel um all die Lebewesen auf der Erde vor Adam/dem Menschen (dies kann und soll als Argument für die Evolutionstheorie gelten). Und sehr wahrscheinlich aus diesem Grund, weil sie sahen, was die Lebewesen auf der Erde im Kampf um die Nachfolge anstellten, befürchteten sie Zerstörung, Chaos und Blutvergießen, wenn der Mensch als Mann und Frau im System des Khalifats erschaffen wird. Interessant auch, dass aus derselben Wurzel Wörter im Sinne wie „mukhtalafiin“ (مختلفين, sh. 11:118) oder „ikhtalafa“ (اختلف, sh. 2:213) gebildet werden und „uneins“ oder „uneinig“ bedeuten. Und das nachdem das Wissen kam.

Aus diesem Vers wird auch oft behauptet, dass der Mensch/Adam Gottes Nachfolge oder Stellvertreter sei. Da ein Khalif, ein Nachfolge oder Stellvertreter, die Position desjenigen einnimmt, der vor ihm war, muss diese vorherige Position von jemandem besetzt worden sein, der nicht mehr da ist, schwach oder unfähig geworden oder gestorben ist. Diese Dinge kann man über Gott nicht sagen. Deshalb kann der Mensch nicht der Khalif Gottes sein, sondern nur der Khalif eines anderen Menschen. Weitere Verse, welche dies ausreichend und vollkommen erklären: 38:26, 10:13-14, 10:73, 7:129, 6:133, 6:165.

Es wäre des Weiteren auch eine ungeheuerliche Aussage der Engel, falls der Mensch tatsächlich Stellvertreter Gottes auf Erden wäre, indem sie ihre Bedenken gegenüber Gott damit ausdrücken, dass der Stellvertreter, der angeblich die Position Gottes und somit seine Aufgaben wahrnehmen sollte, ein Wesen darstellt, das Blut vergießt und Unheil stiftet. Dies wäre indirekt eine Anschuldigung der Engel, dass Gott Blut vergießen würde und Unheil stiftete.

Gott gibt uns durch den Koran zu verstehen, dass es an uns liegt, ob wir mit anderen Nachfolgern ersetzt werden oder nicht. Dies ist eine klare Anspielung auf die Vernichtung von Städten und Staaten. Wir haben es selbst in der Hand, wie wir unseren Zustand gestalten wollen (13:11) und können zu denen gehören, die Gottes Anweisungen missachten (19:59) oder zu denen, die eine angesehene Stellung bei Gott erhalten durch ihr gutes Wirken und im Wetteifern nach den Guten Taten im zwischenmenschlichen, wissenschaftlichen und persönlichen Bereich (24:55).

Die Nachfolge auf Erden wurde uns als Zeichen der Barmherzigkeit Gottes zuteil. Seien wir dankbar dafür.

Gott sei gepriesen und jeglicher Dank gebührt Ihm…

Zweideutigkeit gewisser Koranverse

Ich suche Zuflucht beim Herrn vor dem verworfenen Teufel,
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Erbarmers

Es ist im Koran öfters so, dass ein gewisses Wort, ein Satz, ein Versabschnitt oder gar mehrere Verse unterschiedlich verstanden werden können – wenn man das Arabische betrachtet. Ich verfolge die Methodologie, dass solange eine spezielle Lesart (die sich im Groben an die ursprünglich vokalisierte Fassung hält, aber die Vokalisation nicht als zwingend gegeben erachtet) dem Koran nicht widerspricht oder neue Widersprüche erzeugt, sie ebenso anzunehmen ist. Zweideutigkeit wird also nicht als Widerspruch, sondern als Bereicherung verstanden. Ein „sowohl-als auch“ statt eines „entweder-oder“.

Ich möchte hier gewisse Verse anführen, die man unterschiedlich oder zweideutig lesen kann. Die Auswahl ist subjektiv, da ich nach eigenem Ermessen die „interessanten“ Beispiele heranziehen will und die durchaus unterschiedliche Motivationen im Glauben aufwerfen können. Ich persönlich sehe JEDE dieser Lesarten als einen wesentlichen Inhalt des Islam an, solange sie keine Widersprüche im logischen Sinne oder mit den mehr oder weniger abgesicherten Tatsachen der heutigen Wissenschaften erzeugen.

 

Der Zweifel, den es nicht geben soll

Ein Beispiel, was ein Satzteil eines Verses an unterschiedlichen Bedeutungen ausmachen kann, ist „la rayba fihi“ aus dem zweiten Vers der zweiten Surah. Dieses Beispiel wird im von hier zitierten Artikel näher betrachtet:

In der ersten regulären Sure, der zweiten nach der gebetsformelhaften Eröffnungssure, heißt es in Bobzins Übertragung: „Dies ist das Buch, in dem kein Zweifel ist – es ist Geleit für Gottesfürchtige.“ Die Übersetzung „Buch“ ist ein Anachronismus, der jeden Leser unbewusst in die Irre führt, weil er suggeriert, der vorliegende Text sei zu gebrauchen wie das, was man in Buchhandlungen findet. Nun ist dieser berühmte Vers, der zweite der zweiten Sure, für koranische Verhältnisse von der leichtverständlichen, durchaus übersetzbaren Sorte, und doch lauern bereits hier alle Tücken. In der Übersetzung von Muhammad Asad, einem Text, den der Patmos Verlag aus dem Englischen ins Deutsche weiterübertragen lassen musste, heißt die Stelle: „Diese göttliche Schrift – keinen Zweifel soll es darüber geben – ist eine Rechtleitung für alle Gottesbewussten.“

Der Zweifel, den es nicht geben soll

Und schon der Zweifel, den es nicht geben soll. Glauben wir dem deutschen Professor oder dem intellektuellen Abenteurer und Islamkonvertiten deutsch-jüdischen Ursprungs? Wer die bei Asad schon anklingende elliptische Emphase mag, kann auch zu der Übersetzung von Ahmad Milad Karimi und Bernhard Uhde im Herder Verlag greifen. Um die deutsche Syntax wird hier kein Federlesens gemacht: „Dies die Schrift, darin kein Zweifel, Rechtleitung für die Gottesfürchtigen.“ So expressionistisch das klingt, man könnte einen oder sogar zwei klassische Übersetzungsfehler vermuten. Das Arabische kennt die Kopula „ist“ nicht, man muss sie also ergänzen. Aber handelt es sich überhaupt um einen Aussagesatz, wie Bobzin nahelegt? Wir schlagen in seinem zweihundertseitigen Kommentar nach. Dort steht: „Den Vers könnte man auch übersetzen: ‚Dieses Buch – kein Zweifel ist in ihm.‘“ Nun scheint wieder Asad mit seiner Fassung recht zu haben. Aber was heißt eigentlich, „darin“ sei kein Zweifel? Ist das nur schlechtes Deutsch für „daran“, eine Art sprachlicher Ansteckung durch das arabische fî, wörtlich „in“? Was soll es bedeuten, wenn ein Zweifel „in“ einer Schrift ist – außer dass sie angezweifelt werden kann? Dann aber hieße der Satz sinngemäß nichts anderes als: „Diese über jeden Zweifel erhabene Schrift ist ein Wegweiser für Gottesfürchtige.“

Genau so wird die Bedeutung klar, und doch wird in allen Übersetzungen ein Krampf daraus. Karimi und Uhde scheinen zu glauben, gerade die Treue zum Original sei besonders archaisch-expressionistisch. Bei Asad kommt es allein auf die ihm genehme theologische Stimmigkeit an – der Wortlaut, zumal bei dieser Zweitübersetzung aus dem Englischen, zählt gar nicht. Bei Bobzin wiederum schwingt die ganze Geschichte der abendländischen Koranrezeption mit. Daher das „Buch“, daher die um Genauigkeit an falscher Stelle bemühte Halbherzigkeit bei der syntaktischen Einordnung des „Zweifels“, daher das altertümliche, fast heideggerianisch anmutende „Geleit“ – eine Eskorte ist doch wohl kaum gemeint! Erfahrene Übersetzer würden diesen irreführenden Interpretationsmöglichkeiten nicht auf den Leim gehen. Genau das ist Teil des Problems: Alle Koranübersetzer, die neuen wie die alten, der gute alte Rückert ausgenommen, sind keine Übersetzer, geschweige denn erfahrene. Sie sind nur und allein Koranübersetzer und ansonsten Akademiker (Bobzin), Schwärmer (Karimi/Uhde) oder Gläubige mit einer spezifisch exegetischen Agenda (Asad).

 

Nahm sich Gott einen Freund?

Es ist eine sehr schöne Angelegenheit einen vertrauten Freund zu haben, mit dem seine Geheimnisse teilen oder auch zusammen arbeiten kann, ohne zu befürchten, von ihm verraten zu werden. Ein wahrhaftiger Freund kann mir auch näher stehen als nahe Verwandte. In Vers 4:125 soll es jedoch davon handeln, dass Gott solch einen Freund zu sich nahm. Ist es möglich?

Exemplarisch zitiere ich eine deutsche und auch eine englische Übersetzung, die dies behaupten:

ومن أحسن دينا ممن أسلم وجهه لله وهو محسن واتبع ملة إبرهيم حنيفا واتخذ الله إبرهيم خليلا

Khoury Und wer hat eine schönere Religion als der, der sich völlig Gott hingibt und dabei rechtschaffen ist und der Glaubensrichtung Abrahams, als Anhänger des reinen Glaubens, folgt? Gott hat sich Abraham ja zum Vertrauten genommen.

Khalifa Who is better guided in his religion than one who submits totally to God, leads a righteous life, according to the creed of Abraham: monotheism? God has chosen Abraham as a beloved friend.

Hierbei handelt es sich nicht um eine falsche Wiedergabe des Verses, sondern das durch die klassische Vokalisation übernommene Verständnis führt zur Annahme, Gott habe sich einen Freund genommen. Eine ähnliche Stelle im Koran ist auch:

ومن الناس والدواب والأنعم مختلف ألونه كذلك إنما يخشى الله من عباده العلمؤا إن الله عزيز غفور

35:28 Auch die Menschen, die Zug- und Lasttiere und das Vieh sind von verschiedenen Arten und Farben. Nur die Wissenden unter Seinen Dienern fürchten Gott. Gottes Allmacht und Vergebung sind unermesslich.

Die Reihenfolge der fett markierten, arabischen Worte ist anders als man es durch die Übersetzung vermuten würde, nämlich: … denn Gott fürchten einige Seiner wissenden Diener

In diesem Beispiel haben diejenigen, welche die Vokalisation vor ca. zwölf Jahrhunderten einführten, um das Lesen des Koran für Nichtaraber wie auch für Araber zu vereinfachen, aufgepasst. Sie setzten ein Fatha-Zeichen auf das Wort Allah. Der unkundige und unvorsichtige Leser würde sonst ein Damma-Zeichen voraussetzen und „Allahu“ lesen, was bedeutete, dass Gott sich vor den Wissenden fürchten würde.

Genauso verhält es sich bei Abraham und Seinem Herrn. Doch dieses Mal wurde ein Damma-Zeichen auf das Wort Allah gesetzt statt eines Fatha-Zeichens. Deshalb wird heutzutage verstanden, Gott hätte sich einen Freund genommen. Selbst auf Deutsch könnte es bei entsprechend knapper Ausdrucksweise zu solchen Verwechslungen kommen. Denn die Phrase „Gott nahm sich Abraham als Freund“ könnte auf zweierlei Arten verstanden werden:

  1. „Gott nahm sich den Abraham als Freund“  oder
  2. „Gott nahm sich der Abraham als Freund“

Derjenige, der damals die Vokalisation einführte, hat sich fälschlicherweise für die erste Möglichkeit entschieden. Diese Art der Interpretation, dass Abraham der Freund Gottes sei, ist ähnlich zur Bibelstelle Jesaja 41,8 und es lässt sich fragen, ob der Vokalisator von diesem Vers Bescheid wusste. Doch die entscheidende Frage kann hier gestellt werden: Braucht Gott einen Vertrauten? Gepriesen sei Gott über das, was behauptet wird ….

72:3 Und hoch erhaben ist Unser Herr. Er nahm sich weder Partnerin noch einen Sohn

Nein, nicht Gott ist es, der die Menschen braucht oder der Schwächen hat, die er jemandem anvertraut, oder der sich einsam fühlt und deshalb Freunde, Lebenspartnerin oder Kinder braucht. Es ist eher so, dass sich Abraham Gott als Vertrauten nahm. Gott, dem man alles erzählen kann, ohne zu befürchten, von ihm nicht ernst genommen zu werden, oder von Ihm verraten zu werden. Abraham, der in seiner Einsamkeit nicht einsam war, denn er hatte ständig einen außergewöhnlichen Freund neben sich, Der ihm immer wieder mit einem guten Rat weiterhelfen kann. So soll das Beispiel Abrahams nicht als Sonderfall gelten, sondern uns allen als Vorbild dienen, dass wir uns Gott in dieser Form annähern mögen.

 

Gott bezeugt oder wird als Zeuge genommen?

Ein weiteres, durchaus interessantes Beispiel aus Sura 2, die Kuh: die Verse 204 und 205. Unsere Übersetzung, das heißt, unsere Entscheidung für diesen Vers:

204 Und unter den Menschen gibt es den, dessen Rede dir im weltlichen Leben gefällt. Doch Gott bezeugt, was in seinem Herzen ist, dabei ist er der Übelste der Streitsüchtigen
205 Und wenn er sich abwendet, so strebt er auf der Erde danach, auf ihr zu verderben und den Acker und die Fortpflanzung zu vernichten. Doch Gott liebt nicht das Verderben

Im Vergleich dazu eine der gängigen deutschen Übersetzungen des entsprechenden Abschnitts: und er nimmt Allah zum Zeugen für das, was in seinem Herzen ist, und doch ist er der streitsüchtigste Zänker.

Die ganze Sache entscheidet sich an einer einzigen Vokalisation! Nämlich im Wort „Gott“ aus dem Vers 204. Die Vokalisation lässt sich wie folgt wiedergeben:

  • kurzes a: Fatha
  • kurzes i: Kasra
  • kurzes u: Damma
  • kein Vokal: Sukun

Der Akkusativ- wie auch Nominativfall sind die möglichen Fälle für diesen Vers. Setzt man den Akkusativ für Gott, also ein Fatha auf das „ha“ bei Allh, so endet der Satz noch lange nicht und der Mensch, dessen Rede rhetorisch eindrücklich sein soll, ruft Gott noch zum Zeugen auf für das, was er in seinem Herzen trägt – „Gott“ wird in den Akkusativ gesetzt, also zum Objekt des Bezeugens. In diesem Sinne übersetzen auch fast alle anderen Übersetzer (Khoury, Al Azhar, Ahmadeyya, Paret, Bubenheim, Rassoul, Bobzin und Zaidan als einige Beispiele), weil sie die klassische Vokalisation übernehmen. Natürlich weckt auch der nachfolgende Satzteil „wa huwa aladdu alkhisami“ den Eindruck, als sei der Satz vorher noch gar nicht beendet worden.

Setzt man jedoch den Nominativfall, also ein Damma auf das „ha“ bei Allh, so hat der Satz vorher seine grammatikalische Trennung erhalten und wird nun in einer folgenden Betrachtung weiter kommentiert. Nämlich dass Gott sehr wohl weiß, was in seinem Herzen ist. Gott ist also das Subjekt, welches bezeugt. Der nachfolgende Satzteil „wa huwa …“ greift dann inhaltlich gesehen wieder zurück auf den Redner. Von der Syntax her wäre es möglich, dass mit „huwa“ Gott gemeint wäre. Allerdings macht es vom Semantischen, also von der Bedeutung her überhaupt keinen Sinn, Gott als den „Übelsten unter den Streitsüchtigen“ zu bezeichnen – was jeglichem gesunden Menschenverstand und jedem Gottergebenen zuwider sein muss. Wir haben also zwei mögliche Bedeutungen:

  • Gott wird innerhalb einer Rede zum Zeugen aufgerufen; als Bekräftigung und Nachdruck für das, was der rhetorisch gewandte Redner im Herzen tragen soll
  • Gott weiß genau was in seinem Herzen (d.h. im Herzen des Redners) ist und sagt aus, dass Er darüber Zeuge ist.

Da die deutschen Übersetzungen bereits die erste Variante weitgehend verbreitet haben, legen wir mit unserer Übersetzung die zweite Variante vor und unterstützen beide Sichtweisen. Ungleich wie im Deutschen sieht man aber an den englischen Übersetzungen, dass beide Varianten vorkommen, wir also nicht die ersten sind, die so übersetzen (was uns aber erst bei der näheren Besprechung des Verses aufgefallen ist).

Inhaltlich an Vers 204 gebunden ist der nachfolgende Vers, Vers 205. Dieser ist zwar nicht mehr zweideutig von der Übersetzung her, doch gebunden an das Verständnis aus Vers 204. Die folgenden (nicht sehr wesentlich unterschiedlichen) Konsequenzen ergeben sich:

  • in der rhetorisch gewandten Rede wurde Gott als rhetorisches Mittel verwendet, sozusagen als Spiel mit den Gefühlen, ein Bluff; ein falsches Versprechen, zum Beispiel eines Politikers, der sich auf Gott beruft in seinen Aussagen – im Anschluss aber Unheil und Verderben anstiftet im Land (auf der Erde)
  • Gott wurde in der Wortkultur des Redners nicht zwingend zum Objekt und schließt somit auch alle die ein, die Gott nie in den Mund nehmen würden. Allerdings ist ihre Rede ebenso geheuchelt. Sie verstehen es zwar, die Menschen mit ihren Worten zu beeinflussen und zu manipulieren, doch vergessen dabei, dass Gott Zeuge über sie ist – nämlich was sie wirklich in ihren Herzen tragen, was ihre wahre Absicht ist hinter dieser Rede (21:110). Oder auch, ob sie das überhaupt ernst meinen, was sie sagen. Es kann auch aus einer sozialen Notwendigkeit herausgehen, so zu reden, wie sie reden.

Zu Punkt 2 gibt es noch einige weitere Betrachtungen, die man vornehmen kann: bezüglich den Heuchlern im Glauben gibt es zum Beispiel den Vers, der ihr Gebet als „Pfeifen und Klatschen“ (8:35) charakterisiert. Sehr viele von diesen können durchaus gut reden, doch ihr Glaube ist leer, nichts weiter als eine seelenlose Abfolge von Körperbewegungen und Einhalten von Ritualen. Bezüglich des „leeren Geredes“ gibt es ebenso Verse, die den Punkt weiter erläutern. So zum Beispiel all die Menschen, die zwar an Gott glauben, Ihn aber nicht beachten, wenn sie für sich alleine sind (70:27, 3:102, 8:29, 36:11, 64:16, 8:2, 35:18, 5:94, 21:49 uvm). In ihrem Herz hat Gott kein Gewicht und keine Wichtigkeit (71:13). Sie glauben aus sozialen Normen heraus und nicht aus Wissen, Herzensüberzeugung und gefühlter Nähe zu Gott. Das ist insbesondere auch dann zu sehen, wenn Sunniten oder Schiiten meinen den Islam zu leben, ihm aber in Wahrheit schaden (31:6) und mit ihrem Verhalten und ihrer Unterstützung dieses sozialen Gefüges dabei helfen, das Verderben auf Erden aufrechtzuerhalten. Insbesondere Vers 6:23 legt nahe, wie ignorant und unwissend die meisten Menschen über das Konzept der Beigesellung (shirk) sind. Shirk wird im Koran oft mit sehr negativen Handlungen verbunden, wie etwa politischer Unterdrückung oder gesellschaftlichen Fehlentwicklungen.

Somit sind all die Verhaltensweisen miteingeschlossen, die sowohl direkt wie auch indirekt dem Verderben auf der Erde dienlich sind. Anders gesagt helfen sie damit dem Teufel. Es ist wohl nicht nötig zu erwähnen, dass dies ein weiteres Beispiel nebst den zahlreich vorhandenen ist, dass der Koran sich selbst erklärt und deutlich, einfach, alles umfassend und detailliert (!) ist, sogar detaillierter als man es erwartet hätte. Das System des Koran ist wie ein lebendiger Organismus. Gott sei gepriesen!

Für den Gottergebenen, der zum Gläubigen aufsteigen will und Gottes Liebe sucht (denn Gott liebt die Verderbenden nicht), ergibt sich eine klare Konsequenz:

Lerne die Kunst des Wortes (Rhetorik), um dich nicht beeindrucken oder hinters Licht führen zu lassen und beobachte dich selbst in dieser Hinsicht, ob du auch so bist, wie du redest.

Als Abschluss dieser Betrachtung ein Koranvers, denn wessen Wort wäre geeigneter als letztes?

61:2 O ihr, die ihr glaubt, warum sagt ihr, was ihr nicht tut?
61:3 Großen Abscheu erregt es bei Gott, dass ihr sagt, was ihr nicht tut.

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Beispiel 3 – Hände abhacken?

5:38 Dem Dieb und der Diebin hackt die Hände ab als Vergeltung für ihre Tat und als abschreckende Strafe Gottes! Gott ist mächtig und weise.107

 

Motiviert durch diesen Vers und die sehr verwirrende und fragliche Bedeutung, die durch die gängigen Übersetzungen mit „abhacken“ nahegelegt wird, will ich diesen Vers genauer untersuchen. Es gibt tatsächlich verschiedene Interpretationen in Bezug auf das Handabschneiden des Diebes in der Gottergebung. Traditionalisten wie Sunniten oder Schiiten folgen in erster Linie bei den Interpretationen der Verse ihren Ḥadīṯ-Büchern, die sie all die Jahre pflegten und als Quelle des Wissens betrachteten. Die Gelehrten sind sich nicht mal einig, wo die Grenze der Hand fürs Abhacken liege, ob beim Ober- oder Unterarm, obwohl in der Lesung wortwörtlich das Wort „Hände“ steht und nicht Ober- oder Unterarm.

Im Mittelpunkt unserer Betrachtung stehen die beiden Wörter „Hand“ und „schneiden“:

  • Hand: arabisch „yadd“ – يد bzw. Plural ʾaydī – أيدي aus der Wurzel yā-dāl-yā (ي د ي)
  • schneiden: arabisch „qataʿa“ – قطع abgeleitet von der Wurzel qāf-ṭā-ʿayn (ق ط ع)

 

Hand in der Lesung

Von großer Wichtigkeit für das Verständnis ist es, über die Vorkommnisse des Wortes Hand bzw. Hände Bescheid zu wissen. Die Wurzel von Yadd kommt im Koran in 120 Stellen108 vor. In diesen findet man beispielsweise in der Azhar-Übersetzung in 27 Stellen yadd tatsächlich als Hand und in 33 Stellen als Hände übersetzt. Ich nehme hier drei Verse als Beispiel zur Veranschaulichung:

 

38:45 Gedenke Unserer Diener Abraham, Isaak und Jakob, die Macht (al-aydi) und Ansehen besaßen und einsichtig waren!109

 

Das Vorkommnis des Wortes in diesem Vers habe ich in insgesamt 16 Übersetzungen (Türkisch, Französisch, Deutsch und Englisch) nachgeschlagen und „yadd“ wird in jeder dieser Übersetzungen nicht als „Hand“ wiedergegeben. Eine Auswahl der Übersetzungen für dieses Wort: Macht, Kraft oder innere Kraft, Möglichkeit, Fähigkeit.

Ein Beispiel für die wörtliche Übertragung des Wortes yadd als symbolische Bedeutung:

 

48:10 Gewiß, diejenigen, die dir den Treueid leisten, leisten (in Wirklichkeit) nur Allah den Treueid; Allahs Hand ist über ihren Händen. Wer nun (sein Wort) bricht, bricht es nur zu seinem eigenen Nachteil; wer aber das einhält, wozu er sich Allah gegenüber verpflichtet hat, dem wird Er großartigen Lohn geben.110

 

Es sei hierbei jedoch angemerkt, dass die Azhar-Übersetzung an dieser Stelle die Wörter yadd und aydīhim als „Macht“ und „Kraft“ wiedergibt.

Ein weiteres Beispiel:

 

51:47 Und den Himmel haben wir mit Kraft aufgebaut. Und wir lassen (ihn) expandieren!

 

Schneiden in der Lesung

Es gibt einen kleinen Unterschied in den Wörtern, die aus derselben Wurzel qāf-ṭā-ʿain (قطع) stammen. Folgende Formen dieser Wurzel kommen in der Lesung vor:

  • 12 Mal111 als ersten Verbstamm quṭiʿa (قُطِعَ).
  • 12 Mal112 als zweiten Verbstamm qaṭṭaʿa (قَطَّعَ).
  • Fünfmal113 als fünften Verbstamm taqaṭṭaʿa (تَّقَطَّعَ).
  • Viermal114 als Nomen qiṭʿ (قِطع) oder als Nomen qiṭaʿ (قِطَع).
  • Dreimal115 als Partizip in aktiver (qāṭiʿah – قَاطِعَة) oder passiver Form (maqṭūʿ – مَقْطُوع; maqṭūʿah – مَقْطُوعَة) des ersten Verbstammes.

Das berühmte Arabisch-Englisch-Wörterbuch von E. W. Lane listet folgende mögliche Bedeutungen dieser Wurzel (ins Deutsche übersetzt) für sämtliche Ableitungen der Wurzel:

 

schneiden/trennen/auflösen/separieren/absondern, eine Bestrafung verunmöglichen, unfähig weiterzufahren, zurückziehen, abreißen, verenden/aufhören/abschließen/fehlschlagen, kurz schneiden / stoppen, abfangen/unterbrechen/durchqueren, ein Ende machen / anhalten, ein abgeschnittenes Stück / Teil / Anteil von einem Ganzen, Herde, unterscheidbarer Teil.116

 

In den also insgesamt 36 Versen finden wir, dass ohne 5:38 nur in 15 Versen etwas Physisches oder Materielles zerrissen, abgeschlagen, durchtrennt, zugeschnitten, ausgerottet oder gespalten wird,wie etwa die Erde, das Seil zum Himmel, die Gedärme wegen des Getränks in der Hölle, die Gewänder aus dem Feuer usw. Diese Verse sind 5:33, 6:45, 7:72, 8:7, 7:124, 12:31, 12:50, 13:31, 15:66, 20:71, 22:19, 26:49, 47:15, 59:5 und 69:46. Die Anmerkung erscheint hier notwendig, dass dabei nicht alle Verse ein tatsächliches „Schneiden“ als Bedeutung beinhalten müssen. Als Beispiel sei hier das „Ausrotten“ bzw. „Ausmerzen von Menschen“ angeführt, was als symbolisches „Abschneiden vom Leben“ verstanden werden kann.

In den anderen Versen wird das Wort zum Beispiel wie folgt gebraucht:

  • Für die Bindungen oder Gebote, welche abgebrochen werden,
  • für die 12 Stämme Israels, welche zerteilt werden,
  • für einen bestimmten Teil der Nacht,
  • für die Herzen, die zerrissen werden,
  • für Wege, die geschnitten werden
  • oder für die Trennung am großen Tag zwischen den fälschlicherweise Verehrten und den Götzendienern.

Allesamt symbolische Vorgänge der Trennung.

Außerhalb von 5:38 ist die Bedeutung dieses Wortes auch „Beziehungen (Verbindungen) trennen“ oder „einen Schlussstrich ziehen“, also auch nicht-physische Vorgänge.

Die restlichen Verse können wie folgt gruppiert werden:

  • Für physisches Abschneiden und Spalten (5:33, 7:124, 13:31, 20:71, 22:19, 26:49, 47:15)
  • die Beziehung unterbrechen oder beenden (2:166, 6:94, 7:160, 7:168, 9:110, 47:22, 21:93, 23:53) oder auch
  • verletzen bzw. zerkratzen (12:31, 12:50).

 

Schneiden und Hand im selben Vers

Beide Wörter gemeinsam finden wir in sieben Versen:

Das erste Mal in Vers 5:33, in welchem drei Vergeltungsformen für die kriegführenden Feinde Gottes und des Propheten beschrieben werden, unter anderem die Hände und Füße wechselseitig abzuschlagen. Dies ist jedoch nicht als direkter Befehl und nicht als einzige Möglichkeit zu verstehen. Hier wird eine Kriegssituation beschrieben und damit eine Möglichkeit, die Angreifer aus dem Land zu verweisen. Also nicht einmal wenn Menschen angreifen, welche die Feinde Gottes und des Propheten sind, müssen sie zwingend getötet oder ihre Körperteile abgetrennt werden.

Das zweite Mal in Vers 5:38, den wir untersuchen.

Das dritte Mal in Vers 7:124, wobei Pharaos Androhung erwähnt wird, den betenden Magiern Hände und Füße abzuschlagen.

Das vierte Mal in Vers 12:31, wonach sich die Frauen in die Hände schneiden aufgrund ihrer Verwunderung über die Schönheit Josefs. Sie trennen ihre Hände aber natürlich nicht ab.

Das fünfte Mal in Vers 12:50, laut welchem Josef über einen Boten sich nach den Frauen erkundigt, welche sich in die Hände geschnitten hatten. Hier handelt sich also um denselben Umstand wie in Vers 12:31.

Das sechste und siebte Mal in den Versen 20:71 und 26:49, in welchen die Androhung Pharaos wiederholt wird.

Im vierten Beispiel in Vers 12:31 ist ersichtlich, dass der Gebrauch von Präfixen in der Sprache eine enorme Bedeutung erlangt. So wie schneiden eben nicht „abschneiden“ bedeutet, verhält es sich ähnlich in der Lesung. Die Hände zu schneiden bedeutet noch bei Weitem nicht, die Hände abzuschneiden.

Was bedeutet es denn, in die Hand zu schneiden? Als Zeuge muss man immer noch vor Gericht bei seiner Zeugenaussage die Hand heben und schwören, „die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, so wahr Gott helfe“. Das Handheben im Gericht diente damals zur Prüfung, dass der Zeuge keine Schnittnarbe oder Brandmarkung auf seiner Hand aufweist, was als Zeichen für die Gültigkeit seiner Zeugenaussage und für einen tadellosen Leumund galt. Denn wer schon einmal gestohlen hatte und solch ein Brandzeichen (in Form eines „T“ für theft) bekam, dessen Zeugenaussage konnte vor Gericht nicht mehr gelten.117

 

Die Strafe für Diebstahl

Einen weiteren Hinweis über Diebstahldelikte im monotheistischen Glauben der Familie Abrahams, der ja bekanntlich als Gründer der gottergebenen Lebensordnung gilt, finden wir in der Geschichte von Josef erzählt. Josefs Söldner beschuldigten seine Brüder, den Pokal des Königs gestohlen zu haben. In Vers 12:74 lesen wir, wie die Söldner die Brüder (die Söhne Jakobs) nach der Strafe des Diebstahls fragen:

 

12:74–75 Sie sagten: „Was ist dann seine Strafe, wenn ihr lügt?“ Sie sagten: „Derjenige, in dessen Gepäck er gefunden wird, soll selbst die Strafe sein. So bestrafen wir die Ungerechten“

 

Vers 12:74 deutet auf das Gesetz, das Jakob seinen Söhnen beigebracht hatte und unter seinem Stamm ausführte. Es geht um die gemeinnützige Arbeit, die der Dieb verrichten muss, um seine Schuld bei dem Bestohlenen begleichen zu können, bis die Summe des Diebstahls beglichen ist. Hierbei kann jedoch der Bestohlene auf die volle Leistung als Vergebung verzichten, um Gottes Wohlwollen zu erlangen (2:178). Die gerechte Strafe ist das Gesetz Gottes und darf kein anderer, außer der Schuldige, auf sich nehmen, so wie Josef den Brüdern in den nächsten Versen erklärt (12:78–79).

Unter Berücksichtigung all dieser Punkte haben wir nun drei verschiedene Bedeutungen dieses einen Verses aus dem fünften Kapitel.

  1. Das physische Abschneiden der Hände (abhacken);
  2. Das Kennzeichnen, Zerkratzen oder Verletzen der Hände (sichtbares Merkmal für die Mitmenschen und für zukünftige Gerichtsprozesse beim Heben der Hand);
  3. Die Mittel (Ressourcen/Einnahmen) entziehen und/oder ihre sozialen Verbindungen einschränken (wie etwa Leisten von Sozialarbeit oder Gefängnis).

Helfende HandDie Entscheidung, welche dieser Bedeutungen akzeptiert wird, liegt beim Volk, welches die Lesung als Gesetz umsetzen will. Aufgrund der Tatsache, dass eine Bestrafung höchstens gleichermaßen vergolten werden darf (16:126), sehen wir die beste Lösung in der dritten Bedeutung. Bei einem Diebstahl wurden Waren oder Produkte gestohlen, womit dem Dieb die Ressourcen oder Einnahmen (seine soziale, individuelle Macht) entzogen werden dürfen, zum Beispiel in Form von Sozialarbeit kombiniert mit einer Geldbuße.

Ich möchte an dieser Stelle den Leser unter Rücksichtnahme der Zeitlosigkeit der Offenbarung, der Tatsache, dass die Bestrafung die Tat an Maß nicht überschreiten darf (16:126) und der Bedeutung des folgenden Verses einladen, zu überdenken ob das Abschlagen der Hände die von Gott gewollte Strafe für Diebstahl sein kann. Wahrlich und Gott der Allwissende weiß es besser.

 

5:39 Wenn aber einer, nachdem er Unrecht tat, bereut und sich bessert, wendet Gott sich ihm wieder zu. Gott ist vergebend, gnädig.