Beschneidung: keine koranische Tradition

Kategorien: Hadith und Sunna

Wahrlich, Wir haben den Menschen in bester Form erschaffen.

Koran 95:4

Im folgenden Hadith von Abu Huraira können wir lesen, dass fünf Bräuche für den Glauben eine wichtige Sache darstellen sollen:

Dem Propheten zugeschriebener Hadith:
Abu Huraira berichtete, dass der Prophet gesagt haben soll: „Fünf Dinge stehen in Übereinstimmung mit Al Fitra (d. h. der Tradition der Propheten): beschnitten zu werden, den Beckenbereich zu rasieren, die Haare aus den Achselhöhlen herauszureißen, den Schnurrbart kurz zu schneiden und die Fingernägel zu schneiden.“

Bukhary Band 8, Buch 74, Nummer 312

Vier dieser fünf Traditionen sind relativ harmlos. Die genitale Verstümmelung bei Männern ist in sunnitischen oder auch schiitischen Ländern leider gang und gäbe. Die Beschneidung lässt sich nirgends im Koran finden. Gott ist nicht vergesslich und Seine Worte gehen niemals aus (18:109; 31:27). Die Frage lässt sich stellen: Ist Gottes Schöpfung etwa fehlerhaft, dass wir nachträglich einen Eingriff vornehmen müssen? Dann sind es also WIR Menschen, die diese Schöpfung korrigieren wollen? Nach den Aussagen des Korans wurde der Mensch im biologischen Sinne in bester Form geschaffen (95:4). Siehe auch folgende Koranverse hierzu 4:119; 13:8; 25:2; 32:7; 40:64; 64:3; 82:6-9. Interessant ist auch, dass im Hadith die „al-fitra“ falsch wiedergegeben wird und auf Unwissenheit begründet ist, denn es lässt sich einfach recherchieren, dass in den überlieferten Evangelien und Büchern der Propheten andere Stellen zu finden sind:

Seine Jünger fragten ihn: „Ist die Beschneidung nützlich oder nicht?“ Er sagte zu ihnen: „Würde sie nützen, dann würde ihr Vater sie in ihrer Mutter beschnitten entstehen lassen. Die wahre Beschneidung im Geiste aber, sei erwies sich als durchaus nützlich.“

Thomasevangelium, Vers 53

Willst du dich, Israel, bekehren, spricht der HERR, so kehre dich zu mir! Und wenn du deine greulichen Götzen von meinem Angesicht wegtust, so brauchst du nicht mehr umherzuschweifen, und wenn du ohne Heuchelei recht und heilig schwörst: «So wahr der HERR lebt», dann werden die Heiden in ihm gesegnet werden und sich seiner rühmen. Denn so spricht der HERR zu denen in Juda und zu Jerusalem: „Pflüget ein Neues und säet nicht unter die Dornen! Beschneidet euch für den HERRN und tut weg die Vorhaut eures Herzens, ihr Männer von Juda und ihr Leute von Jerusalem, auf dass nicht um eurer Bosheit willen mein Grimm ausfahre wie Feuer und brenne, so dass niemand löschen kann.

Jeremia 4:1-4

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich heimsuchen werde alle, die an der Vorhaut beschnitten sind, nämlich Ägypten, Juda, Edom, die Ammoniter, Moab und alle, die das Haar rundherum abscheren, die in der Wüste wohnen. Denn alle Heiden sind nur unbeschnitten, aber ganz Israel hat ein unbeschnittenes Herz.

Jeremia 9:24-25

Der Penis ist das Symbol für die Sexualität des Mannes. Er steht für die Virilität schlechthin. Trotzdem wird ausgerechnet an diesem ebenso zentralen wie empfindlichen Organ eine der weltweit häufigsten Operationen durchgeführt. Eine Operation, für die es in fast allen Fällen keinen zwingenden medizinischen Grund gibt. Eine Operation, der der Patient zudem nur in den seltensten Fällen zugestimmt hat: die Beschneidung, in der die Genitalien des Patienten oder der Patientin verstümmelt wird.

Eines steht zumindest fest: Das Gewebe der Vorhaut ist etwas ganz Besonderes. Dr. David Gollahrer, Präsident des California Healthcare Institute, sagt dazu:

Im Gewebe der Vorhaut finden sich Fibroblasten. Das sind Zellen, die im menschlichen Körper sehr selten sind und die sogar in der Lage sind, neues Gewebe zu bilden. Inzwischen gibt es sogar schon Biotechnik-Unternehmen, die mit Hilfe der Fibroblasten neues Gewebe für Verbrennungsopfer oder Diabetiker mit Läsionen erzeugen wollen. Der Leiter einer dieser Firmen erklärte mir, dass man mit einer einzigen Vorhaut soviel neue Haut produzieren kann, dass sie mehrere Fußballfelder bedecken würde. Das ist wirklich ein außergewöhnliches Material und die Leute wissen gar nicht, was sie verlieren, wenn ausgerechnet dieses Gewebe entfernt wird.

Kurzum kann gesagt werden: Es gibt keine medizinischen, notwendigen Gründe für die ‚Beschneidung‘, ohne eine vorherige, klare Komplikation. Viele der wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen sogar deutlich, dass die koranische Beschreibung des Menschen gerechtfertigt ist. Es hat schon Sunniten gegeben, die auf dieses Thema wie folgt reagiert haben:

Der Koran erwähnt die Beschneidung nicht, da diese unmissverständlich und mit aller Härte in der Thora Erwähnung findet und vom Propheten in der Sunna eindeutig festgelegt ist.

Es ist ganz klar. Für uns Gottergebene, die sich für den Koran entschieden haben, ist der Koran allein gültig und es besteht kein Bedarf, willkürlich irgendwelchen Gesetzen anderer Bücher zu folgen – wieso beachten wir dann, wenn wir andere Bücher für uns verbindlich erklären wollten, nur einen Teil der Thora und den anderen wiederum nicht? Es ist also offensichtlich, dass hier der Schmerz tief sitzt, die Tradition hinter uns zu lassen, mit der wir aufgezogen wurden und die einen tiefen Einschnitt in unser Leben vornahm.

Vielmehr sehe ich in der ‚Beschneidung‘ die Übernahme damals verbreiteter, gewisser jüdischer Vorstellungen. In Kapitel fünf des Korans werden die Juden getadelt, wie sie es wagen können Mohammed zum Richter zu erheben, wo sie selbst doch die Thora haben (5:43). Jetzt lässt sich also fragen: Wie können wir die Thora zum Richter erheben, wo wir doch den Koran haben? Eine weitere Problematik dieser Argumentation lässt sich wie folgt aufzeigen: Im Koran steht auch nichts von der Steinigung geschrieben – aber in der Thora. Ist dies nun auch so zu sehen, dass die Steinigung ein Teil der Lebensweise von gottergebenen Menschen sein sollte?

Gemälde, das eine Beschneidung bei einem Baby darstellt
Foto: Karl Steel, CC BY-NC-SA 2.0

Altertümliche Blut- und Verstümmelungsrituale werden als Gottes Wille dargestellt, statt ehrlicherweise auf überlieferte Sitte zu verweisen. Aber, vielleicht ist es ja der Satan in uns, der hier im Einsatz ist. Nur Blindheit und Rohheit führen dazu, dass anderen und eigenen Kindern sinnlos Leid angetan wird. Es kann kein Gott sein, der derartiges von uns verlangt, und deshalb hat sich jeder dafür einzusetzen, dass diese satanische, Gottes Schöpfung verletzende und Seinen Namen missbrauchende Praxis als solche gebrandmarkt wird, als dass sie ausschließlich in die Geschichtsbücher gehört – als Beleg dafür, welchen Einfluss Unwissenheit und blinder (Auserwähltheits-)Glaube auf viele Menschen einst ausübte, dass sie ihren eigenen Kindern solches Leid antaten. Schon die körperliche Unversehrtheit, Schmerzen und Leid zu vermeiden oder zu mindern und das Recht der Selbstbestimmung sind genügende Argumente in der gottergebenen (islamischen) Theologie, um durch eine genitale Operation keine Amputationen mehr durchzuführen. Des Weiteren sind Kinder keine Rechtsobjekte, über welche die Eltern einfach verfügen können, sondern sind islamisch-rechtlich als Rechtssubjekte zu bewerten.

Er erschuf die Himmel und die Erde mit der Wahrheit und er formte euch. So verbesserte er eure Formen. Und zu ihm geht das Schicksal

Koran 64:3

Da bei dieser Aufklärungsarbeit nicht die eigentliche Religion der Gottergebenheit betroffen ist, besteht auch kein Grund, zurückhaltend vorzugehen, gar Rücksichten zu nehmen auf jene, die Gewalt an Kindern praktizieren oder gutheißen. Deshalb ist es dermaßen wichtig, dass Gottergebene (Muslim:innen) beginnen, die mit dem Blutritual der Genitalverstümmelung aufgehört haben, darauf hinzuweisen, dass derlei im Koran nicht zu finden ist.

Der subjektive, also persönliche Umgang mit der Genitalverstümmelung mag einen tolerant gegenüber diesem Vorgang machen. Doch laut Koran ist das eine Änderung in der Schöpfung Gottes (4:119) und demnach sollten wir das auch richtig und angemessen bezeichnen, damit wir uns dessen Bedeutung auch bewusst sind.

(Satan sagt:) „Und ich werde sie irreführen, und ich werde sie Wünschen nachjagen lassen, und ich werde ihnen befehlen, und sie werden die Ohren der Herdentiere abschneiden, und ich werde ihnen befehlen, und sie werden die Schöpfung Gottes verändern.“ Und wer sich den Satan anstelle Gottes zum Freund nimmt, der wird einen offenkundigen Verlust erleiden.

Koran 4:119

Mögen wir alle soweit aufgeklärt sein, dass wir den eingeflüsterten (ideologisch begründeten) Befehlen Satans kein Gehör mehr verschaffen.

Weitere Informationen: