Kerem Adıgüzel war zu Gast bei der ersten Episode des neuen Podcasts „Brand Islam“. Wir sprachen über die Macht der Wörter und was gewisse Schlüsselwörter wie Islam, Koran, Muslim, Dschihad, Zakah im Koran wirklich bedeuten:
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Die Abschrift des Podcasts (vom Host uns zugesendet):
Hallo und herzlich willkommen zu der ersten Ausgabe von BRAND ISLAM.
Heute mit dem Thema: Der Koran, der traditionelle Islam und die Macht der Wörter. Fast ausschließlich alle deutschen Koranübersetzungen übersetzen gewisse Schlüsselwörter nicht ins deutsche. So steht dann mitten in einer deutschen Übersetzung, ein arabisches Wort. Wir gehen der Frage nach, welche Tragweite dieser oftmals nicht ins deutsche übersetzten Schlüsselwörter, sowohl in der Wahrnehmung, als auch in der Interpretation mit sich bringen.
Ausgewählte Verse aus dem Koran sollen daher herangezogen werden, um Differenzen in der Wahrnehmung aufzuklären. Welches der stereotypischen Vorstellungen vom traditionellen Islam sind erkennbar, und was steht eigentlich im Koran. Welche Tragweite diese deutschen Übersetzungen, bei einem vorwiegend deutschen Lesepublikum mit sich bringen, stellen den Kernpunkt dieser Episode dar. Die Macht der Wörter. Worte schaffen Bilder. Wörter besitzen eine unglaubliche Macht, da sie Bilder erzeugen können, sowie Emotionen bei uns Menschen auslösen können.
In weiterer Folge können daraus Auffassungen und Betrachtungsweisen erzeugt werden. Wörter können unüberlegt, aber auch gezielt eingesetzt werden. Sei es in den Medien, in der Geschichtsschreibung, in der Liebe, in den Religionen, in der Politik, in der Werbung oder in der Propaganda. In allen Sphären unseres Lebens, können und werden Wörter eingesetzt, die uns beeinflussen. Zum Guten, wie auch zum Bösen. Wörter werden seit jeher gezielt genutzt, auch um unsere Meinungen zu lenken. Dazu möchte ich an dieser Stelle, die Bücher von Gustave le Bon, wie zum Beispiel sein Buch mit dem Titel „Psychologie der Massen“, sowie das Buch „Propaganda“, geschrieben von Edward L. Bernays aus dem Jahre 1928, Ihnen empfehlen. Aber auch Goethe, Hegel, Kant, Rumi und viele mehr, zeigen uns, welche Bedeutung Worte in unserem Leben einnehmen.
Viele Begriffe haben sich im laufe der Zeit geändert und ihre ursprüngliche Bedeutung über die Jahre verloren. Viele Wörter und Begriffe haben eine Geschichte hinter sich. So schreibt der Wissenschaftsphilosoph Ian Hacking – ich zitiere: Begriffe haben Erinnerungen an Ereignisse, die wir vergessen haben.“ Diese Erinnerungen, beziehungsweise die ursprünglichen Bedeutungen, können bewusst, aber auch unbewusst verloren gehen. Ein Wort ist eine selbstständige sprachliche Einheit in der natürlichen Sprache besitzt es, im Gegensatz zu einem Laut oder eine Silbe, eine eigenständige Bedeutung. Wörter gehören zu den ältesten abstrahierenden symbolischen Formen der Menschheit. Je nach Blickwinkel, sind verschiedene Kriterien möglich ,um Wörter zu identifizieren, die je nach theoretischem Hintergrund und Erkenntnisinteresse, miteinander kombiniert oder ergänzt werden. Fest steht, dass Begriffsgeschichte für die Geschichtsschreibung relevant ist. Begriffe, Ausdrucke, sowie Worte, können so eingesetzt und gewählt werden, dass sie uns beeinflussen können. Es gibt keine Immunität gegen die Beeinflussung durch Wörter oder vorgefertigte Meinungen. Gleichzeitig gilt, je mehr wir über die Techniken der Beeinflussung bzw. über Manipulationstechniken wissen, umso mehr können wir entgegentreten. Nun, was hat das Ganze mit dem Koran und dem traditionellen Islam zu tun?
Dazu darf ich heute bei unserem Podcast Kerem Adigüzel herzlich begrüßen. Er ist ein Schweizer Autor und Koranexeget, und sieht sich als islamischer Reformer, der den Koran, als einzige Quelle für den Islam annimmt. Er betätigt sich als Koranübersetzer und Übersetzer von Artikeln und Büchern aus dem Englischen und und Türkischen, über Philosophie und Islam. Er ist Mitglied der Koran Forschungsgruppe Istanbul – IKRA – Er hält Vorträge, leitet Workshops und Seminare, und tritt im Radio auf und verfasst Texte zu den Themen Islam, Moderne und Integration. Kerem Adigüzel machte es einen Universitätsabschluss in Mathematik in Zürich mit Nebenfach Informatik, genoss seine Ausbildung in Arabisch in Kairo am internationalen Sprachinstitut „IH Cairo“, ist als Offizier Miliz im schweizerischen Militär tätig und arbeitet als Softwareentwickler. Er gründete 2017 den Verein Al-Rahman – mit Vernunft und Hingabe. Sein Ziel ist es, einen aufklärerischen Islam zu vermitteln und eine offenen Moschee zu gründen, in der Frauen vor beten dürfen, sowie Homosexuelle, Schiiten, Sunniten, Sufis etc. zusammen Beten können. Des weiteren betreibt Kerem Adigüzel einen Youtube Kanal, in dem verschiedene Themen des Islam behandelt werden.
>> Hallo und Frieden werter Bruder Kerem. Friede sei mit Ihnen und allen Zuhörenden. Fangen wir mit der ersten Frage an. Zurzeit arbeiten sie unter anderem, gemeinsam mit Kollegen an der Übersetzung des Koran ins Deutsche. Welche Erfahrungen haben sie dabei machen können?
>> KA: Mit der Übersetzung haben wir Erfahrungen machen können, dass die deutsche Sprache sich in weiten Teilen relativ gut eignet, dass die arabischen Begrifflichkeiten aus dem Koran ins deutsche übertragen werden können, aber dabei haben wir auch gesehen, dass viele Bezeichnungen, die alltäglich erscheinen, wie Muslim, Islam und auch weiterführende Begriffe wie Mutmin und Iman und dergleichen, dass die eine tiefer gehende Bedeutung haben, als sie auch von Muslimen selbst verwendet werden und die irgendwie nicht immer bewusst zu sein scheinen. Und diese Erfahrung hat dann dazu geführt, dass wir viele Worte nochmals genauer angeschaut haben und das Ergebnis ist dann, dass wir dadurch bei gewissen Worten eine alternative, eine andere Übersetzung gewählt haben, die für uns so erscheint das sie genauer die Wortbedeutung wieder gibt.
>> Eine Koranübersetzung ist die inhaltliche Wiedergabe des Korans in einer anderen Sprache, als der arabischen Ausgangssprache. Nun zu meiner Frage. Warum werden gewisse Schlüsselwerte aus dem Koran nicht ins Deutsche übersetzt und welchen Einfluss nimmt dabei die Tradition ein, die sich fast ausschließlich für ihre Koran Interpretation, der Hadith Literatur bedient?
>> KA: Das ist eine schwierige Frage also die Tradition spielt insofern eine Rolle, dass sie auch schon festlegt, wie gewisse Worte zu verstehen sind oder wie gewisse Worte auch übersetzt werden. Ein einfaches Beispiel wär Zakat, was als Almosensteuer übersetzt wird, aber weder mit Steuer noch mit Almosen was zu tun hat, sondern mehr mit Läuterung, also mit seelischer, spirituelle Reinigung, Läuterung zu tun hat, und auch andere Aspekte beinhaltet. Ja, es ist natürlich auch ein Versuch, die Bedeutungen festzulegen, so dass dann auch die Kontrolle über die Interpretation der Religion besteht. Dadurch, dass man kontrolliert, wie die Religion verstanden wird, kontrolliert man die Gedankenwelt der Menschen und kann dadurch auch einfacher gewisse Argumentationsstrukturen und Weltbilder auch transportieren und überzeugend darstellen. Dadurch, dass man sich aber nicht diesen Argumentationsstrukturen unterwirft, es ist dann auch schwieriger anderen gegenüber, die eben mit diesem alltäglichen Gebrauch dieser Begriffe leben, die näherzubringen zu diesen ursprünglichen oder näher liegenden Bedeutungen. Also im Endeffekt ist es eine schwierige Angelegenheit, weil es auch eine theologische, auch eine sprachliche Diskussion ist, die also nicht rein objektiv geführt werden kann leider und auch historische Dokumente leider fehlen. Also wir haben nicht immer historische Dokumente, die belegen, dass ein Wort diese Bedeutung hat ,aber es liegt auch daran, und das ist ganz normal sprachwissenschaftlich bekannt, dass die Bedeutungen der Worte, sich über Jahrhunderte verändern können, und wir haben das auch auf Deutsch, wir haben es auf Englisch oder Französisch auf Türkisch, dass ist in jeder Sprache zu beobachten, und ein einfaches Beispiel wär das Wort Märtyrer. Kommt aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich auch Zeugen, Zeugnis ablegen, und das ist dasselbe wie Schahāda und Schahīd, also der Schahīd, der Zeuge ist, aber nicht ein Märtyrer im heutigen Sinne, also jemand der sich umbringt und sozusagen kämpferisch sein leben hergibt, für was auch immer, sondern ein Zeugnis ablegt. Diese Bedeutungswechsel die stattfinden, führen dann auch dazu, dass es schwierig wird, über Jahrhunderte hinweg, die Bedeutungen zu dokumentieren, und was wir machen können, ist einfach die Wörterbücher, die uns zur Verfügung stehen – zur arabischen Sprache, die Grammatik erarbeiten von frühen Grammatikwerke von Sprachwissenschaftlern aus dem Mittelalter, dass wir diese gut studieren und dann mit dem Qur’an in Verbindung bringen, und dann herausfinden, was die ursprüngliche Bedeutung gemeint sein kann. Aber das ist nicht immer eindeutig, und dass es auch eine Wissenschaft für sich.
>> Was mir auffällt ist, wie bereits vorhin erwähnt, dass gewisse Schlüsselwörter in den deutschen Koranübersetzungen, vom arabischen nicht ins Deutsche übersetzt werden. Eines dieser arabischen Wörter, die oftmals nicht ins deutsche übersetzt werden, ist das Wort Islam. Was bedeutet das arabische Wort Islam auf Deutsch übersetzt?
>> KA: Da kommt es darauf an, wie man die Grundbedeutung der Wurzel, also die arabische Sprache ist so aufgebaut, dass jedes Wort sozusagen ein Stamm hat, eine Wurzel. Das ist so wie auf Deutsch, wenn man zum Beispiel – Schreiben nimmt, kann man aus dem Schreiben einiges ableiten, wie zum Beispiel der Schreiber oder Schreibende, geschrieben und so weiter, und auf Arabisch ist das ein bisschen ähnlich, nur dass dort Konsonanten verwendet werden. Drei bis vier Konsonanten als Wurzel und Islam wird abgeleitet aus der Wurzel sīn-lām-mīm. Das ist s-l-m und hat in der Grundbedeutung die Idee einer Hingabe, einer Ergebung, eine Unterwerfung, eine Widerstandslosigkeit und bedeutet dementsprechend auch jemand der der eine Ergebung in sich trägt, also eine Hingabe, ein hingebungsvoller Mensch ist und das bedeutet in Bezug auf Gott dann, wenn sie mit religiösen Kontext passiert, dass man sich Gott hingibt und sich Gott ergibt, also dass Gott die einzige Autorität darstellt der man sich einfach ergibt und das bedeutet also ein Gottergebener auf Deutsch. In einer anderen Form, kann es auch sein, dass man das mit dem Frieden in Verbindung bringt. Also Salām, wird als Frieden übersetzt, und es gibt einige die auch sagen, Islam und Muslim sollte eigentlich als Friedensstiftung oder Friedensstiftender übersetzt werden. Islam ist ein Verbalnomen und Muslim ist dann das aktive Partizip, also das wäre dann die Hingabe, die Ergebung und der Muslim wär der – sich-hingebender oder sich-ergebender, oder der friedensstiftende oder die friedensstiftende.
>> Der Begriff Islam kommt also vom arabischen und bedeutet auf Deutsch übersetzt, so viel wie Hingabe, Ergebung oder wie sie sagten Widerstandslosigkeit oder Friedensstiftender. Die Bezeichnung für denjenigen der sich hingibt, also dem Islam folgt ist Muslim Sie schreiben in ihrem Beitrag mit dem Titel: Die Charaktereigenschaften der Muslime, ich zitiere: Der Name Muslim stellt keinen besonderen Status oder auch keinen spezifischen Namen dar, sondern ist das Paradigma aller Gläubigen, so auch für Juden und Christen. Wie meinen sie das bzw. wie kann man das verstehen?
>> KA: Das kann ich mit einer persönlichen Erfahrung ein bisschen erläutern. Dadurch, dass ich im interreligiösen Dialog und auch in interreligiösen Gebeten mitwirke, hatte ich immer wieder Auseinandersetzungen, Unterhaltungen, Dialoge mit Pfarrern, Priestern, und die fragen dann auch, ja was bedeutet Muslim und weil sie können mich nicht wirklich einschätzen. Ich bin ja kein Sunnit oder kein Schiit, kein Ahmadi. Ich folge keiner bestimmten Richtung und sage dann – ja, ich sage es einfach auf deutsch, ich bin ein Gottergebener, und ich bekomme dann die Rückmeldung – ja, das sind wir ja auch. Also, da ist der Anspruch, dass Christen und Juden – ja auch Gottergebene sein möchten. Das ist nichts neues in dem Sinne, das ist auch etwas was im Koran bestätigt wird. Also in Kapitel 3 Vers 52 haben wir eine Geschichte die aufgegriffen wird über Jesus und die Jünger, und dort steht dann, dass er zu seinen Jüngern sagt: Wer sind meine Helfer zu Gott; und die Jünger sagten; wir sind die Helfer Gottes; wir glaubten an Gott; so bezeuge, dass wir ergebene sind. Also hier wird auf Arabisch das Wort Muslimūn verwendet, der Plural von Muslim und hier besagen also die Jünger von Jesus, dass sie ergebene sind, oder Gottergebene. und dementsprechend bedeutet das also, dass es eine Einstellung, eine Haltungsfrage ist wie man Gott gegenüber eingestellt ist. Ist man gegenüber Gott ergeben oder nicht. Und das ist unabhängig davon, wie man sich kulturell bezeichnet.
>> Ja, das macht einen ziemlich großen unterschied, was sie soeben gesagt haben. In diesem Zusammenhang fällt mir auch ein Vers ein aus dem Koran, der mich sehr beschäftigt hat, als ich ihn das erste mal gelesen habe. Es handelt sich dabei um die Sure 3 Vers 67. Einer der ersten deutschen Koranübersetzungen die ich gelesen habe, war die von islam.de, und da steht dann in der Sure 3:67 – Ich zitiere: Abraham war weder Jude noch Christ; vielmehr war er lauteren Glaubens; ein Muslim und keiner von denen die Allah Gefährten beigesellen. Und eine weitere deutsche Koranübersetzung die ich zu Beginn meiner Recherchen gelesen habe, war die von Max Henning und da steht der Sure drei 3 Vers 67: Abraham war weder Jude noch Christ vielmehr war er ein früher Monotheist ,ein Gottergebener und keiner derer, die Gott Gefährten geben. Ja, also in der einen Koranübersetzung auf islam.de steht Muslim und in der deutschen Koranübersetzung von Max Henning wird dieses Wort Muslim, als Gottergebener ins deutsche übersetzt.
>> KA: Also, dass ist auch die gleiche Sure. Das ist die Sure 34 Vers 67. Auch in Kapitel 3 Vers 64 wird ja auch gesagt: Ihr Leute der Schrift; kommt her zu einem Wort das gleich ist zwischen uns und euch, dass wir nichts dienen außer Gott; ihm nichts beigesellen, dass wir einander nicht als Herren nehmen an Stelle Gottes. Doch wenn sie sich abkehrten so sage bezeugt, dass wir ergebene sind. Und drei Verse später, da wird Abraham noch kurz erwähnt und dann wird dann gesagt in Vers 67: Weder war Abraham Jude noch Christ; sondern er war ein Monotheist; ein ergebener; denn er war keiner der Beigesellenden.
>> Ja, das war das erste mal, dass mir aufgefallen ist, dass das Wort Muslim im deutschen mit ergebener, beziehungsweise mit Gottergebener übersetzt wird. Nach dieser Erfahrung hat sich in mir ein völlig neues Verständnis breit gemacht. Jetzt haben wir gelernt, dass das Wort Islam im deutschen Hingabe, Ergebung bedeutet und das arabische Wort Muslim auf Deutsch übersetzt so viel wie der sich ergebende, der sich vor Gott ergebende bedeutet. Ich kann an dieser stelle jeden, der sich der deutschen Übersetzung dieser beiden Worte nicht bewusst war nur empfehlen, diese Schlüsselwörter – Islam und Muslim in ihrer deutschen Übersetzung zu lesen. Dadurch, so war es zumindest bei mir der fall, können sich völlig neue Bedeutungen ergeben. Ebenso ist der Begriff Allah ein arabisches Wort. Wie lautet die deutsche Übersetzung des Wortes Allah?
>> KA: Sprachwissenschaftlich ist Allah heutzutage, also im modernen Standardgebrauch, in der modernen Standard arabischen Sprache, ist es ein quasi Eigenname. Das ist jetzt ein bisschen – ja, ein bisschen unnötig kompliziert. Das heißt es wird fast als Name gebraucht, aber es ist kein Name – grammatikalisch. Schon allein diese Einschätzung, diese Umschreibung zeigt, dass es also auch nicht ein Name ist, sondern, dass es eine Bedeutung dahinter hat, und Allah, da gab es auch schon – das ist auch nicht ganz unumstritten, aber man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass Allah von al-ilāh abgeleitet wird – aus dem arabischen. Es ist also eine Kurzform von al-ilāh, also „Der Gott“ oder „Die Gottheit“, und ilāh bedeutet in seiner Grundbedeutung hat es damit zu tun, dass etwas angebetet wird, das etwas als Autorität, als Souveränität akzeptiert wird. Das kann sein, also es kann einer Autorität sein, die mich gedanklich kontrolliert, das können auch Menschen sein. Das können auch Dinge sein. Also wenn ich Materiell mich so abhängig mache von materiellen Gütern, dann sind die meine Gottheiten, die mich kontrollieren. Also al-ilāh bezeichnet also dass oder die Personen, oder die Person, die mich spirituell, geistig und intellektuell und auch körperlich kontrolliert. Und Allah ist dann sozusagen die Bezeichnung im Koran dafür, dass es der Schöpfer ist. Der Schöpfer von allem. Der Schöpfer aller Welten und diese Bezeichnung ist also allgemein gültig und universell. Diese Bezeichnung wird auch von Christen verwendet, also arabischsprachige Christen verwenden auch Allah in ihren Übersetzungen der Bibel und das ist also ganz einleuchtend, dass wir dann sagen OK, das ist also nichts spezifisch kulturelles was jetzt mit dem Koran zu tun hat, sondern dieser Begriff wurde auch verwendet. Es gibt auch eine Variante, wo man die weibliche Form davon konstruieren kann und es auch im Koran vorkommt, und das ist Al-Lāt. Das ist dann sozusagen „Die Göttin“. Das ist aber ein bisschen umstrittener und es wird auch im Koran nicht konsistent, also es wird nicht so verwendet, wie zum Beispiel in der Glaubensüberzeugung – Lā ilāha illā ʾllāh – also es gibt keine Autorität, keine Souveränität oder keine Gottheit, außer DEN Gott, DIE Souveränität, DIE Autorität.
>> Ist es nicht auch so im aramäischen, sofern ich mich da nicht täuschen und falsch liege, lautet das Wort für Gott im aramäischen nicht ilaha beziehungsweise elaha? Haben sie da Erfahrungen mit dem aramäischen Wort für Gott.
>> KA: Ja, dadurch das Arabisch natürlich nicht losgelöst ist, hat es natürlich auch in anderen Sprachen Eingang gefunden, oder Arabisch ist auch sehr oft beeinflusst durch andere Sprachen, das ist normal, dass ist in jeder Sprache das dasselbe. Also das scheint auch mit hoher Wahrscheinlichkeit so zu sein. Das heißt kurz zusammengefasst: Die deutsche Übersetzung für Allah, bedeutet so viel wie „Der Gott“, der schöpfende Gott, der ewige Gott, der eine Gott, eben der Gott? Verstehe ich das richtig? Direkt, muss es so nicht sein. Man kann eben so, wie es im Koran verwendet wird, also ilāh, der Begriff wird auch eben für andere Phänomene verwendet, wo wir darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir unsere gedankliche Welt hinterfragen sollen, das wir eben unsere spirituelle Entwicklung vor Augen halten sollen, dass wir zum Beispiel unseren Kindern viel zu viel Wichtigkeit beimessen, und diese Geschichte wird der aufgegriffen mit Abraham, der dann geträumt hat, das er seinen Sohn opfern soll, und aus diesem Traum dann abgeleitet hat – ja er muss seinen Sohn wirklich opfern, damit er wirklich ein Gottergebener ist, und das hat er dann versucht. Er ist dann aber von Gott geschützt worden – hat gesagt: Nein, du hast den Traum schon längstens erfüllt, also du bist schon ein Gottergebener, du musst nicht deinen Sohn opfern. Also da wird auch gezeigt, dass das Wort ilāh, das auch im hebräischen bekannt ist, als Elohīm oder Eloah, dass es eine Beziehung darstellt, also etwas was ich vergöttere sozusagen, ist dann mein Gott, also es können meine Kinder sein, meine Arbeit usw. Das ist so, wie es im Koran verwendet wird. Und Allah wird dann natürlich für den Schöpfer gebraucht, aber gleichzeitig wird auch gezeigt, dass es eben um diesen EINEN GOTT geht, also durch die Verwendung im Koran wird es dann eindeutig gemacht. Sprachwissenschaftlich ist es einfach Gott. Man kann alles irgendwie mit Gott umschreiben, also auch meinen Rechner, meinem PC – kann Gott sein, wenn ich den so hoch schätze, dass ich nur noch davon abhängig bin.
>> Nun würde ich gerne auf das arabische Wort Qur’an kommen. In deutschen Übersetzungen steht dann Koran. Wie lautet tatsächlich die deutsche Übersetzung des Wortes Qur’an?
>> KA: Qur’an ist eine spezielle Variante von der Wurzel Q-r-a, von lesen. Der erste Vers der laut Tradition offenbart sein soll, heißt auch Iqra, also ließ und hat mit dem lesen zu tun, das ist aber nicht ganz richtig, dass eben manchmal die Schwierigkeit, das lesen oder gewisse deutsche Wörter nicht alles übertragen, aber grob kann man sagen – das hat etwas damit zu tun, dass man etwas liest, etwas aufmerksam liest, dass wir etwas studiert, etwas versucht zu verstehen, also im Sinne auch eine Vorlesung, die an einer Uni stattfindet, also das ist auch, dass etwas mit Verständnis gelesen wird und Qur’an ist dann das Vorgelesene, weil es eine passive Form ist, also das vorgetragene, das vorgelesene, mit dem Ziel und Zweck, dass es verstanden wird. Und wenn man es aber einfach hält auch als sozusagen historische Verknüpfung, dadurch dass der Koran auch sehr oft rezitiert wird und eine melodische Rezitation stattfindet, kann man auch sagen es bedeutet – LESUNG. Ich verwende gerne „Die Lesung“, als Übersetzung für „al-Qurʼān“, also „Der Koran“.
>> Sie haben vorher kurz das Wort Zakāt angesprochen. Auch dabei handelt es sich um ein arabisches Wort. Der Traditionalist verbindet damit auch eine 2,5% Sozialabgabe bzw. eine Art Steuer. Eine für Muslime verpflichtende Abgabe, eines bestimmten Anteils ihres Besitzers an Bedürftige und dann andere festgelegte Personengruppen. Was sagt der Qur’an, also „Die Lesung“ zu dem Begriff Zakāt und wo leitet der traditionelle Islam den exakten Wert von 2,5% ab? Ich konnte persönlich diese 2,5% nicht in der Lesung finden.
>> KA: Ja, die 2,5%, also 1/40 ist aus der Tradition, aus der Sekundärquellen, aus Quellen, die neben dem Koran bestehen und die Bedeutung und die Interpretation des Korans maßgeblich auch beeinflusst haben. Wenn man den Koran allein zur Basis nimmt dann hat dies keine Grundlage, denn im Koran steht dann, das wenn man etwas abgeben will, etwas spenden möchte, dann sollte man einfach abgeben, was zu viel ist, was man sozusagen wörtlich, verzeihen kann, was man darauf verzichten kann, aber es ist nicht etwas, wo man einfach so verzichtet, also nicht im Sinne von – Ich kann verzichten, dass ist nicht wichtig für mich, sondern man sollte auch etwas abgeben was man gern hat. Was man liebt, weil sozusagen, wenn man es ein bisschen spirituell formuliert, die positive Energie, die da reingelegt wird, dadurch dass man die Sache, die man abgibt, gern hat, dass man sie liebt, das sie dann auch sozusagen mit Liebe übergeben wird und auch eine ganz andere Entwicklung, ganz andere Wirkung nach sich zieht. Zakāt als Wort bedeutet Läuterung oder Reinigung. Ich finde Läuterung ist ein bisschen näher zur Grundbedeutung. Es wird aus der Wurzel zāy kāf wāw abgeleitet. Ist auch verwandt mit der Wurzel zā kāf yā oder mit alif am Schluss, je nachdem und bedeutet auch zu wachsen, rein zu sein im Herzen, gerecht, rechtschaffen, gut zu sein als Mensch, passend zu sein für etwas oder auch mehr zu werden, also sozusagen im Sinne von Reinheit vermehren, und dies wird immer wieder so verwendet, auch im Koran, dass man sich läutern möge, und dass Zakāt als Almosensteuer interpretiert wird hat damit zu tun, dass es auch sehr oft damit verbunden wird, dass man etwas abgeben soll, aber das ist im Koran ein anderes Wort, das ist Infāq. Infāq ist eine Abgabe.
Eine Abgabe von den Versorgungen, die wir haben, also dass ich zum Beispiel einen bedürftigen Menschen speise, dass ich ihnen Kleider gebe, dass ich ihnen auch materielle Güter schenke, und sehr oft wird das so verwenden, also die Wurzel zu Zakāt kommt insgesamt 59 mal im Koran vor und kann auch übersetzt werden als: „Steuer zur Verbesserung bei“, also wenn man es modern übersetzt oder modern umformuliert, besser gesagt. Zur Verbesserung beisteuern, also die gesellschaftlichen Umstände reinigen. Also es geht um eine gesellschaftliche Reinigung, um eine individuelle Reinigung auch, also zur Selbstverbesserung beisteuern und dadurch das Herz reinigen. Dadurch, dass man etwas abgibt, was man liebt, reinigt man sich auch vor Gott und schickt etwas gutes für die eigene Seele voraus, was wir dann am jüngsten Tag dann sozusagen vor Gott bringen. Und dies wird auch immer wieder so verwendet, als auch zum Beispiel in Sure 9 wird in Vers 103 gesagt: Nimm von ihrem Vermögen als Spende; mit dem du sie reinigst und läuterst; und halte Kontakt mit ihnen, denn deine Kontakte sind für sie eine Beruhigung, und Gott ist hörend, wissend. Also in diesem Vers sehen wir das „Nimm von ihrem Vermögen als Spende, mit dem du sie reinigst. Dieses Reinigen ist ein anderes Wort. Auf arabisch steht dort tuTahhiru-hum und dann kommt tuzakkî-him also „und läuterst“, “ mit dem du sie reinigst und läuterst“ – also die Reinigung und Läuterung hat auch damit zu tun, dass man Vermögen als Spenden abgibt und dadurch, dass man sich dann auf diesen Aspekt aus dem Koran fokussiert hat, ist es dann im Alltagsgebrauch reduziert worden zu Almosensteuer, aber dabei ist Zakāt eine Läuterung, eine seelische Läuterung die viel weiter geht. Also es kann auch sein, dass ich jemandem ein Lächeln schenken, der es gerade braucht oder auch einfach ein schönes Wort sage, wenn es die Situation grad nahe bringt. Es kann aber auch sein, dass ich mich zurückziehe, spirituell meditier, und Erkenntnisse erlange über mich selbst, über meine emotionale Entwicklung, über den emotionalen Zustand und daraus dann gestärkt und mit Erkenntnissen heraus gehe. Das kann auch eine Zakāt, also eine Läuterung sein.
>> Sie haben es kurz angesprochen die 2,5% Sozialabgaben wird im traditionellen Islam von der Sekundärliteratur, der sogenannten Hadith Literatur abgeleitet. Der Qur’an, also die Lesung, behauptet ja von sich, Gottes Wort zu sein. Auch der traditionelle Islam bestreitet das nicht. Das heißt, die Bedeutungen und die Formulierungen sind vollständig von Gott, also sollen göttlichen Ursprungs sein. Laut dem traditionellen Islam, gehören die Hadith, vor allem die sechs Bücher zur sunnitischen kanonischen Hadith Sammlung, die Aussprüche, Handlungen und Anweisungen des Propheten Mohammed enthalten. Ebenso haben die Schiiten, neben der Hadith-Literatur, auch ihre eigene Sekundärliteratur. Die Hadith-Literatur, werden in einer traditionellen islamischen Gesellschaft, als Sunna, als nachahmenswerte oder zur folgenden Normen verstanden. Bei den Hadith handelt es sich um menschlichen Ursprungs. Der Qur’an, also die Lesung verkündet, dass sie vollständig und ausreichend detailliert ist. Des weiteren gibt es mehrere Verse in der Lesung, die eindeutig über die Hadith sprechen. So zum Beispiel stehen in der Lesung unter Sure 45 Vers 6: „An welchen Hadith, wollen sie denn nach diesem Qur’an glauben?“ Warum ist es so, dass im traditionellen Islam, der Sekundärliteratur, der Hadith- Literatur, derartig viel Beachtung geschenkt wird?
>> KA: Tja, das ist auch eine schwierige Frage. Also schwierig in dem Sinne, dass kurz zu beantworten ist. Wenn ich es zusammenfassen würde, geht es darum, dass sie im Koran gewisse Verse, die besagen, dass man den Gesandten gehorchen soll. Also, dass man Gott und dem Gesandten gehorchen soll, das im Gesandten ein schönes Vorbild ist, dass man sozusagen das annehmen soll, was der Gesandten gibt. Es gibt verschiedene Verse, die so zitiert werden, also die vielleicht auch sogar aus dem Kontext herausgerissen werden, also falsch zitiert werden, ohne die Hintergrundinformationen mitzugeben, und das wird dann so gedeutet, dass wenn man Gott folgen will, dass man dem Koran folgt, und wenn man dem Gesandten folgen möchte, dann muss man ja seiner Lebensweise folgen. Und das rührt daher, dass man gewisse Stellen eben aus dem Kontext heraus gezogen hat, aber die nicht so aus dem Kontext heraus gezogen werden können, sondern die in der gesamt koranischen Betrachtung eine ganz spezifische Bedeutung haben, also dadurch, dass der Gesandte da ist, der die Religion lehrt oder erklärt, bedeutet das nicht, dass es eine weitere Quelle gibt und das wird immer wieder aufgegriffen im Koran. Also es wird zum Beispiel auch gesagt, dass man keine weiteren Aussage folgen soll, nach Gottes und seinen Zeichen oder seine Verse. Es wird auch immer wieder betont, dass im Koran alle Beispiele vorhanden sind.
>> Die Sekundärliteratur, die sie soeben angesprochen haben, da beziehen sie sich ja auf die Hadith-Literatur der Traditionalisten? Also Sahīh al-Buchārī, Sahih Muslim…
>> KA: Genau, das ist das schwierige, auch im Koran wird das Wort Hadith auch gebraucht, und da muss man auch trennen, zwischen der fachspezifischen Bedeutung die wir heute haben, also wie das Wort heute verwendet wird und wie das Wort im Qur’an verwendet wird. Im Qur’an wird das in mehreren Stellen verwendet, und es kann eine Aussage sein, eine Vermutung, ein Hörensagen, eine Überlieferung, je nachdem. Im allgemeinen ist es eine Erzählung auch, und im Koran wird betont, dass das Wort Gottes für sich selbst ausreicht, dass alle Beispiele gegeben sind oder alle Gleichnisse im Koran gegeben sind, und es wird sogar – also ein Vers der sehr interessant ist, ist der letzte Vers im Kapitel 12, also Sure 12 Vers 111. Also die Sure 12 hat mehrere Geschichten und am Schluss wird gesagt, eben in diesem Vers wird gesagt: „In ihren Geschichten war ja eine Lehre für die Verständigen; Es war keine erdichtete Erzählung; sondern eine Beglaubigung für das, was er zwischen den Händen hielt und eine genaue Darlegung für alles; und eine Rechtleitung und Barmherzigkeit für die Leute die Glauben.“ und was hier als erdichtete Erzählung vorkommt, ist auf arabisch Mâ kâna hadithan also es war kein erfundener Hadith, erdichteter Hadith, wenn man jetzt das arabische Wort einfach stehen lässt. Das heißt, es gibt hier einen Hinweis darauf, dass man prüfen soll, welchen Erzählungen man folgt und gemäß Koran ist der Gottergebene verpflichtet, nur den Worten Gottes absolute Autorität zu schenken. Also das bedeutet nicht, dass man alles wortwörtlich, unhinterfragt annimmt. Die Interpretationsgeschichte ist ein anderer, aber es bedeutet, dass die einzige Quelle die nicht hinterfragt wird, ist das Wort Gottes und alles andere ist sozusagen, als Erzählung, als Beigemüse, als Beiwerk zu verstehen, als historische Quellen, als wissenschaftliche Quellen, aber nicht als religiös bindende- oder zwingende Quellen. Das ist ganz wichtig.
>> Zumal ja die Hadith Sammlungen, also gemeint sind die Sahih Hadith Sammlungen, 150 bis 200 Jahre nach dem Tod des Gesandten zusammengefasst worden sind oder? Wie zum Beispiel Sahīh al-Buchārī.
>> KA: Ja, das ist auch eine schwierige Angelegenheit, dadurch, dass die Quellenlage nicht sehr zufriedenstellend ist aktuell. Wir haben einfach zu wenige unabhängige Quellen, die das bestätigen können, aber das erste Buch scheint von Ibn Malik zu sein, das Buch namens Al-Muwatta, das ist so ein Jahrhundert später kann man sagen, und Buchārī und Ibn al-Haddschādsch, bekannt mit seinem Buch Sahih Muslim, Tirmidhi, Ibn Madscha und so weiter. All diese Quellen sind der Versuch, oder stellen den Versuch dar, dass man eben diese außerkoranischen Quellen zusammenträgt und, – das ist eine schwierige Angelegenheit für sich, also dadurch dass sie soweit danach gesammelt wurden und schriftlich festgelegt wurden, da kann man sich lange darüber streiten. Das ist immer noch ein Problem in der Hadithwissenschaft dass man keine unabhängigen Quellen hat und das führt dann auch eben dazu, dass Schiiten ihre eigenen Bücher Kollektion haben, und die Sunniten habe ihre eigene Kollektion, und je nach Kultur auch kann sich das ändern. Das heißt der türkische Islam, das türkische Sunnitentum ändert sich im vergleich zum ägyptischen Sunnitentum und dadurch hat man verschiedene Varianten auch davon, obwohl man sich auf die gleiche Quelle berufen möchte, aber die gleichen Quellen eben anders bewertet, dadurch dass sie historisch nicht so eindeutig einzuordnen sind.
>> Der Traditionalist kann in der Lesung keine wirkliche Unterstützung für die Grundsätze seiner Religion finden. Seine Religion kommt aus einer ganz anderen Quelle, nämlich aus der Hadith Literatur. Der traditionelle Islam behauptet, dass der Qur’an nur über den Traditionalisten und seine umfangreiche Hadith-Literatur vollständig verstanden und interpretiert werden kann. Er behauptet auch, dass der Qur’an und die Hadith zusammengenommen, die Grundlage dessen bilden, was als Islam bezeichnet wird. Er behauptet ferner, dass der Islam eine Religion ist, im Sinne von vorgeschriebenen Dogma, Ritus und Brauch, und wenn man den Darstellungen dieser Religion durch den Traditionalisten folgt, man den Kernimperativen des Qur’ans festhaltet. Was gibt es zu beachten, wenn wir uns mit der Hadith- Literatur der Traditionalisten auseinandersetzen?
>> KA: Dadurch, dass Gott uns durch den Koran verstehen lässt, dass sein Wort vollständig ist, das hören wir zum Beispiel in Sure 6 Vers 115: „Das Wort deines Herrn ist in Wahrheit und Gerechtigkeit vollständig.“ oder, das auch einfach ist. In Sure 44 Vers 58 „Wir haben es (also den Koran), zum verstehen leicht gemacht und in deiner Zunge (also in deiner Sprache), auf das du ermahnt seist.“ Und es wird auch gesagt, dass es ein Buch, das deutlich ist. Das ist zum Beispiel Sure 12 Vers 1 „Dies sind die Zeichen des deutlichen Buches“ und so weiter und so fort. Da gibt es also viel, auch dass zum Beispiel in Sure 6 Vers 114 betont wird, „Soll ich etwa jemand anderen als Gott zum Gesetzesgeber erheben, wo Er euch doch dieses Buch vollständig detailliert offenbart hat, vollständig auseinander gelegt – offenbart hat.“ Also, wenn wir diese Verse als Grundlage nehmen, dann sehen wir ganz klar, dass der Koran ein Selbstverständnis gibt, was eigentlich die Botschaft sein sollte: Ja, der Koran reicht aus. Das wird ja auch in Sure 7 Vers 3 dem gläubigen nahegelegt, dass man keinem anderen verbündeten folgen soll, neben dem was Gott herabgesandt hat, also folgt dem, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt worden ist und folgt nicht an seiner Stelle verbündeten, ihr lasst euch wenig ermahnen und in diesem letzten Satz aus Sure 7 Vers 3 „Ihr lasst euch wenig ermahnen“ ist auch zu sehen, dass es wenig bedacht wurde und man stattdessen auch politische Fragestellungen in den Vordergrund treten ließ. Die Sekundärliteratur ist ja auch vor allem der versuch, politische und kulturelle Zusammenhänge zu verknüpfen in dem zum Beispiel auch die Nachfolge des Propheten, die im Koran überhaupt nicht behandelt wird, eben zu regeln, und dadurch ist dann Tür und Tor offen für eine komplett neue oder neuartige Religion, man kann sie komplett auch sozusagen zur Unkenntlichkeit verzerren, und das kann man mit einem anderen Vers auch schön in Verbindung bringen. Aus Sure 42 Vers 21, wo es auch sozusagen um die Scharia geht, also das Wort das das dort verwendet wird, eine Verb ist verwandt mit Scharia auf arabisch und dort steht: „…oder haben sie etwa Teilhaber, Partner, Beigesellende, die ihnen als Religion verordnet haben, was Gott nicht erlaubt hat und gäbe es nicht ein Urteilsspruch, wäre es zwischen ihnen entschieden worden. und für die die Unrecht tun ist eine schmerzhafte Pein bestimmt.“ Dadurch sehen wir, also es gibt eine Religion, eine Variante des Verständnisses der Religion, auch also des Korans, die Gott nicht erlaubt hat, die Gott nicht als Religion vorgesehen hat und das ist der Aufruf, dass wir vorsichtig sein sollen, dass wir die Religion nur durch Gott oder Gottes Quellen bestimmen lassen, und das zeigt sich dann auch in der Praxis. Es wurden so viele Fragestellungen plötzlich relevant und die Gelehrten mussten dann plötzlich mit so vielen rechtlichen Fragestellungen Arbeiten, dass sie versucht haben, diese Religion systematisch zu vereinheitlichen, aber dadurch leider eine neue Religion erstellt haben, die mit dem Koran punktuell immer wieder zu tun hat, aber nicht mehr wirklich dem Wesen des Korans entspricht, sondern sozusagen eine regelbasierte, ritual basierte Interpretationsform des Islam, der Erhebung, der Gottergebenheit darstellt.
>> Gleichzeitig möchte ich festhalten, dass an der Wurzel dessen, was die beiden großen Sekten des heutigen Islam trennt, der Konflikt zwischen ihrer konkurrierenden Hadith-Literatur liegt. Sie können sich untereinander nicht, über das was sie akzeptieren einigen. Alle islamischen Sekten sind sich einig, dass die Lesung Gottes Wort ist. Ein weiteres Wort, das stark polarisiert, ist Dschihad. Auch da handelt es sich um ein arabisches Wort, das oftmals nicht ins deutsche übersetzt wird. Was sagt der Koran bezüglich Dschihad und wie deutet der traditionelle Islam diesen Begriff?
>> KA: Ich beginne zuerst einmal mit der traditionellen Variante. Also Dschihad gemäß sunnitischer Tradition. Das ist ein Aspekt. Ja, die Frage die sich natürlich stellt ist das was die Medien darstellen, also die Mudschaheddin und so weiter, ist das eine mediale Erfindung oder ist das aus der eigenen kulturellen Tradition heraus, und wenn wir gewisse früher Gelehrten betrachten, wie zum Beispiel asch-Schaibānī mit seinem Buch „Das große Buch der Kriege“ aus dem späten 8 Jahrhundert, das Dschihad ist ein Angriffskrieg zur Bekehrung von Andersgläubigen. Und ich wir reden hier nicht von irgendwelchen irre gegangenen Menschen, sondern gebildete, privilegierte Männer, die ihre gesamte Zeit damit verbracht haben, dass sie die Lesung, den Koran studieren und asch-Schaibānī ist auch kein eine Randfigur, sondern ein Mitbegründer der hanafitischen Rechtsschule, also einer der vier Rechtsschulen im Sunnitentum, und es darf nicht vergessen werden natürlich, dass die Menschen, die Lesung, und somit das Wort Gottes interpretieren müssen. Also ohne eine schlüssige Herangehensweise an einen Text, kann man jedweder Art der Interpretation irgendwie rechtfertigen. Also wenn man keine systematische Vorgehensweise hat, dann ist sozusagen Tür und Tor offen für alles, und das ist auch das, was gewisse Gelehrte ausnützen und dann ihren Anhängern, ihren Folgern sozusagen nahelegen. Ein weiteres negatives Beispiel in dem Sinne ist der Theologe As-Sarachsī, das ist jetzt 11 Jahrhundert, seine Meinung zeigt auch wieder, dass wir vorsichtig sein müssen, wie wir interpretieren, also welche Methodik wir verwenden. Er glaubte auch irrtümlicherweise oder gegen den Koran selbst sozusagen, das Dschihad nur in den Anfangsphasen eine eingeschränkte Bedeutung erhielt, in deren die Beigeseller nur ignoriert werden sollen, also sozusagen eine tragende Beleidigungen der Schmach und der Strapazen, und er sagte dann das Dschihad dann künftig gleichzusetzen sei mit dem Gebot zum Kampf, wobei sämtliche Beigeseller, Polytheisten, also Menschen die an viele Götter glauben, zu bezwingen sein. Also dies sei seiner Meinung nach eine Würdigung der Religion, wenn man das so auslebt.
>> Da sprechen sie jetzt vom traditionellen Islam?
>> KA: Das ist jetzt, genau, das ist die traditionelle Sichtweise, das sind jetzt nicht Gelehrte die irgendwie nur Randfiguren wären, sondern das sind bekannte Theologen, also zumindest in der klassischen Wissenschaft, und da gibt es aber auch weitere traditionelle Ansichten, dass es eben verschiedene Ebenen gibt, dass ein Dschihad der Seele gibt, eine Dschihad der Zunge, also da gibt es verschiedene Kategorien: Dschihad bin nafs, Dschihad bil lisan, Dschihad bil qalam, Dschihad bil… Also, Dschihad der Seele, der Zunge, des Stiftes oder des Schreibzeugs, und des Wissens. Solche Unterteilungen sind aber sehr unterschiedlich und sind nicht immer koranisch belegt. Wenn wir also jetzt schauen was koranisch verwendet wird, dann müssen wir auch zuerst wieder schauen was bedeutet das Wort, also wir müssen wieder die Wurzel bemühen, die Wurzel des Wortes Dschihad ist dsch-h-d und also dschāhada so zu sagen und kommt in der Lesung insgesamt 41 mal in 36 Versen vor und hat Bedeutungen wie sich bemühen, sich abmühen, abmühend zu sein, eine Bemühung aufrechtzuerhalten, Engagement, Einsatz, also intensiv sich für etwas einzusetzen. Etwas hart zu erarbeiten, sich anzustrengen, kräftig zu sein, fleißig zu sein, für eine Sache einstehen oder auch mit äußerstem Einsatz mit Leib und Seele für eine Sache einstehen. das sind die Grundbedeutungen. Also man kann, wenn man es jetzt sozusagen mit einem christlichen Beispiel verwenden würde, mit dem Gleichnis des barmherzigen Samariters, dann ist der barmherzige Samariter eigentlich ein Mudschāhid, also ein sich abmühender, jemand der sich für die Menschen einsetzt in not und leid. Und im Koran wird natürlich auch das in Bezug auf die Selbstverteidigung verwendet, also in einer speziellen, ganz speziellen kriegerischen Handlungen, zum Zwecke der Selbstverteidigung. Und diese Selbstverteidigung findet statt, damit die Auslöschung der eigenen Existenz und der eigenen Gesellschaft verhindert werden kann. Also, das ist im Prinzip die Situation eines Krieges, wo ein Volk gezwungen ist, sich zu verteidigen, damit sie nicht komplett dem Erdboden gleichgemacht werden, weil das Gebot der Lebenserhaltung so hoch ist, dass also auch die Mitmenschen verteidigt werden müssen, dass sie nicht einfach sozusagen dem Tod ausgeliefert sind. Und in diesem Sinne, wird dann auch das Wort Dschihad gebraucht, aber man muss auch dort differenzieren. Also es gibt gewisse Verse die reden vom Kampf, aber verwenden das Wort Dschihad nicht. Ein Beispiel ist zum Beispiel aus Kapitel 22 Verse 39 und 40, dort wird zum Beispiel das Wort qitâl verwendet, für Kampf und nicht Dschihad. Also ein friedliches zusammenleben anzustreben, das ist das gebot des Korans und jemand der also den Dschihad auslebt, der hat den Frieden immer als Ziel. Also so schnell wie möglich und auch im Krieg geht es darum, dass man sich abmüht, also auch wenn man zum Beispiel merkt, dass man voller Wut und Zorn ist, weil die eigene Familie wegen einer Bombe zum Beispiel ums leben kam, dass man diese Wut und diesen Zorn, wie transformiert in etwas anderes umwandelt, und dann in die Friedensarbeit steckt. Also es wird nahegelegt in Sure 8 Vers 61, dass man den Frieden geneigt sein muss auch in einem Krieg.
Auch im Krieg selbst geht eine Selbstbeherrschung als Zeichen der innerlichen Abmühung. Also auch dort je nach Kontext kann Dschihad etwas ganz anderes bedeuten, und wenn man es vom Kriegskontext trennt, dann besteht das nicht nur aus der gegenseitigen Liebe zwischen Gott und Mensch und auch im Bewusstsein, dass Gott uns so sehr liebt, dass er seine Barmherzigkeit sich selbst vorgeschrieben hat, und Gott in dem Sinne, Barmherzigkeit vor Gerechtigkeit walten lässt, also wir dann auch mit unseren Mitmenschen barmherzig sein sollen, Verständnis aufbringen sollen, Mitgefühl, Empathie und Liebe zeigen sollen und diese Verbundenheit zu den Mitmenschen, spürbar und sichtbar leben sollen. Also Gottergebene zu sein, also ein Muslim zu sein bedeutet, die Menschen mehr zu lieben, als dass sie einen selbst lieben. Und das ist natürlich schwierig für den Menschen. Wir sind ungeduldig, wir sind geizig, wir können eifersüchtig sein. Es ist eben auch deshalb umso schwieriger und auch eine größere Abmühung, weshalb eben diese Abmühung mit der Geduld verbunden ist. Also da gibt es mehrere Verse In Sure 2 Vers 267, Sure 3 Vers 92 und auch aus dem gleichen Kapitel Vers 134 und 142 und viele weitere. Also die Abmühung, oder Dschihad ist mit Empathie und Wohlwollen verbunden, mit Großzügigkeit den Menschen gegenüber, und dass wir zum Beispiel unsere Eltern mit Güte behandeln, dass auch ein Konzept, ein Prinzip, aus den zwischenmenschlichen Beziehungen die der Koran nahelegt, dass wir die Eltern mit Güte behandeln müssen. Das ist auch Dschihad. Das ist eine Anstrengung, weil es nicht gegeben ist. Und Dschihad bedeutet auch wenn wir es jetzt von der zwischenmenschlichen Ebene wegnehmen zur gesellschaftlichen Ebene, also nicht in der gemeinschaftlichen Ebene, sondern auf der gesellschaftlichen Ebene anschauen, dann bedeutet Dschihad auch Gerechtigkeit. Also er sich für die Gerechtigkeit einsetzen. Wir dürfen, um der Gerechtigkeit willen nicht die Menschen fälschlicherweise, die tyrannisch unschuldige aus ihren Häusern vertreiben. Liebe zu Gott bedeutet also in dem Sinne auch Liebe zur Gerechtigkeit, über alle Stufen hinweg, und das bedeutet, dass wir die moralische Läuterung, also Zakāt, die Reflexion und die Kenntnis über unser eigenes Wesen entwickeln. Wir sind also dann, wenn wir uns entwickelt haben, wenn wir geläutert sind, so Gott will, unbeeinflussbar für die Gerechtigkeit. Wir stehen für die Gerechtigkeit ein und es kann keine äußere Kraft sozusagen uns beeinflussen, sodass wir die Gerechtigkeit höher werten als, ich sag mal zeitliche Aspekte. Es ist ganz wichtig, dass wir die Läuterung, das Gottergeben sein mit diesem Begriff auch verbinden, weil die Gerechtigkeit ist ein sehr hohes Gut und wird dann auch, zusammengefasst wird es hier so dargestellt, dass auch wir uns selbst kontrollieren müssen. Also in Sure 5 Vers 8 steht hierzu: „Oh Ihr die ihr glaubtet, steht zu Gott als Zeugen für die Gerechtigkeit und die Feindseligkeit eines Volkes soll euch nicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seit gerecht, das ist näher zur Achtsamkeit; und seit Gottes achtsam denn Gott ist kundig dessen, was ihr tut. Also Zusammengefasst, das bedeutet zu gut deutsch, man soll ein barmherziger Samariter sein und dann ist man ein Mudschāhid, der den Dschihad liebt, die Bemühung, die Abmühung liebt, weil man sich Abmüht für die Gerechtigkeit und für das Gute.
>> Das, was sie jetzt gesagt haben, steht im starken Kontrast zu dem, wie der Dschihad sowohl durch die Massenmedien, aber auch durch Terrorgruppen wie den IS dargestellt, beziehungsweise interpretiert wird. Die meisten Menschen haben ja ein gewisses Bild vom Dschihad, vermittelt durch diese Bilder des Terrors, mitunter natürlich auch durch den IS, beziehungsweise das Bild das oftmals durch die Massenmedien kommuniziert wird, hat wenig bis gar nichts mit dem zu tun, wie sie jetzt den Dschihad dargestellt haben. Dieses stark polarisierende Thema, der Dschihad ist auf jeden fall eine eigene Episode Wert. Danke für ihre Schilderung zur Bedeutung des Wortes Dschihad laut der Lesung. Sehr wichtig. Sehr wichtiges Thema.
Wer sind die sogenannten Ungläubigen? In der Lesung findet man in diesem Zusammenhang den Begriff alhadina kafaru sowie al-Kāfirūn. Bei den meisten deutschen Koranübersetzungen, werden diese beiden Wörter oftmals mit – die Ungläubigen – übersetzt, doch in der Lesung, also im Qur’an, der auf Arabisch geschrieben steht, sind das zwei unterschiedliche Begriffe. Warum werden diese zwei unterschiedlichen Wörter vom traditionellen Islam als die Ungläubigen übersetzt?
>> KA: Also alhadina kafaru, das ist ein Bezug, also meistens wird das in Bezug auf eine Handlung oder eine Geschichte oder eine Auseinandersetzung verwendet. Also diejenigen die Kufr betreiben, wenn ich jetzt das arabische Wort noch stehen lasse, Kufr ist so zu sagen dass Verbalnomen dazu, Kāfir oder al-Kāfirūn, das ist der Plural von Kāfir, und Kāfir ist das aktive Partizip, was, ja – ableugnen bedeutet oder die Wahrheit ablehnend bedeutet. Man kann eigentlich die Frage zusammenfassen mit, wer ungläubig scheint kann in Wahrheit gläubig sein, damit man sich bewusst wird, dass der Begriff Kāfir eben nicht einfach mit „Ungläubiger“ übersetzt werden kann, und dass es also auch wieder eine nähere Betrachtung braucht. Und das kommt von der Wurzel k-f-r, und kafara – Ableugnen, also so wie ich das jetzt übersetzen würde, wird auch verwendet, als Gegenwort zu Dankbarkeit. Es kann also im Sinne von Undankbarkeit verwendet werden, aber meistens bedeutet es, dass es etwas verbirgt, etwas entfernt, etwas zurückweist. Es kann auch positiv verwendet werden also zum Beispiel wird kaffara verwendet, also dass eine Verstärkung der Bedeutung. kaffara: entfernen, zurückweisen, auch im Sinne von Wiedergutmachung oder Sühne. Das Wort kaffara, also das Verb wird in dem Sinne abgeleitet, dass es, ja – etwas bedeckt und im spirituellen Sinne bedeutet das dann auch, dass es die Wahrheit bedeckt, also wenn ich mich so verhalte, bewusst oder unbewusst, dass ich die Wahrheit unterdrücke, dass ich die Wahrheit ignoriere, dass ich die Wahrheit außer acht lasse, dann begehe ich diesen sogenannten Kufr und das ist vollkommen unabhängig davon, ob ich jetzt sage ich glaube an Gott oder nicht. Natürlich hat das auch damit zu tun, dadurch dass es in Verbindung steht, ob man an Gott glaubt oder nicht, hat es auch die Bedeutung, dass man eben nicht an Ihn glaubt. Das ist auch ein Bestandteil davon, aber es ist nicht der einzige. Das heißt, ein Gottgläubiger kann immer noch ein Ungläubiger sein, wenn man diese Übersetzung beibehält, ich würde eher von Ableugner sprechen, weil diese Ableugner verschiedene Aspekte zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen.
Das heißt, sie können das Wort Gottes, den Koran so hin drehen, dass es sozusagen ihren eigenen Profite zugute kommt, aber dabei ignorieren sie dann andere Aspekte des Korans. Also sie drehen und wenden das Buch so, bis es passt und weisen den Rest der Wahrheit ab oder weisen das zurück. Sind auch Menschen die sich nicht an Friedensverträge halten die unterschrieben haben, sie sind sehr oft mit Rassismus verbunden, sie geben keine Acht auf die Rechte der Anderen, also Freiheit, Sicherheit und Wohlstand der Gesellschaft ist ihnen nicht wichtig. Sie sind aggressive Menschen, sie sind tätlich, gewalttätig, sie wollen nicht, dass andere es besser haben, Sind egoistisch, prahlen mit ihren erfolgen, sie sind nicht mal konsistent, sie sind nicht mal aufrichtig in Bezug auf ihre eigene Meinung, sie sagen etwas, aber befolgen ihre eigene Meinung nicht genau. es bleibt nur beim Wort und geht nicht in die Tat über, sie stehen im Weg, statt zu helfen, also bei Hilfeleistungen, sie teilen die Menschheit auf, sie spalten, sie suchen nur die Fehler, sehen auf andere herab, sind arrogant, hochmütig, dass sind alles Umschreibungen, was die sogenannten Kāfirūn, also die Ableugner umschreibt. Ich habe in meinem Buch „Schlüssel zum Verständnis des Koran“ habe ich eine lange Liste der Umschreibungen, was diese sogenannten Ableugner ausmachen, und da werden wir auch sehen, dass es gar nicht möglich ist einfach zu sagen, ja – das ist ein Ungläubiger und fertig, nur weil er nicht an Gott glaubt. Es kann also auch sein, dass jemand der an Gott glaubt, immer noch ein Ableugner ist, weil er die Schwachen unterdrückt, weil er eben sich nicht an die Gerechtigkeit hält, also viel wichtiger welche Art von Mensch man ist, statt zu sagen, ob man an Gott glaubt oder nicht, weil der glaube an Gott, das wäre nochmal ein eigenes Thema für sich, äußert sich durch die Handlungen, durch die Taten und nicht durch das Sprechen eines Satzes, dass man an Gott glaubt, oder dass man das Bekenntnis aussagt, das reicht nicht aus. Da möchte ich kurz anmerken, dass der Qur’an im arabischen das Wort alhadina kafaru genau beschreibt, eben in der besagten Sure 2 Vers 6. Dennoch findet man in vielen Koranübersetzungen den Ausdruck als alhadina kafaru, lediglich als die ungläubigen übersetzt. Das gilt übrigens auch für die meisten englischsprachigen Koranübersetzungen. Ja das ist eben, das ist das schwierige dadurch, dass auch sehr oft das Gegenteil von Glaube verwendet wird, das Iman, hat also auch die Nebenbedeutung von jemand der nicht an Gott glaubt, aber es bedeutet eben auch ständig alles anzweifeln und die Wahrheit innerlich oder äußerlich ableugnen. Iman, das müsste man eigentlich jetzt auch noch genauer anschauen, damit man das versteht, wieso als Gegenwort zu Kufr verwendet wird. Iman hat mit einer gesicherten Überzeugung zu tun, also es ist nicht Glaube im ursprünglichen Sinne, wie man das im Alltag kennt. Es geht also um semantische Ebenen, um Wortbedeutungsebenen, die als Gegenwort zu an anderen Worten stehen können und mindestens bedeutet es auch undankbar zu sein. Also Schukr, Dankbarkeit wird auch verwendet und diejenigen die ableugnen, also auch dort wird alhadina kafaru verwendet oder etwas ähnliches, oder auch Kāfirūn, als undankbar, und das übersetzen sie aber danach als undankbar an gewissen Stellen. Das ist interessant, also ihnen scheint das bewusst zu sein, dass es nicht immer ungläubig heißt, aber diese Einsicht dieser Erkenntnis, geht irgendwie in gewöhnlichen Übersetzung verloren. Das ist schade, weil ungläubig zu sein, heißt nicht – also als ungläubig bezeichnet zu werden, heißt nicht, dass man ungläubig ist.
>> Ja, zumal die Lesung ja relativ deutlich und klar auf dieses Thema eingeht. Das runter reduzieren auf die Ungläubigen ist meines Erachtens schon sehr irritierend und bezeichnend. Nun tatsächlich zu meiner letzten Frage. Gibt es etwas, was sie unseren Hörern hinsichtlich der Betrachtung von Qur’an Begriffen raten bzw. worauf sollten sie gerade aus einem kritischen, gesellschaftspolitischen Blickwinkel achten?
>> KA: Ich würde auf jeden fall raten, verschiedene Übersetzungen zu verwenden. Je mehr Sprachen man kann, desto besser. Also wenn man noch dazu Englisch, Französisch kann, dann würde ich auch englische und französische Übersetzungen dazu nehmen, oder türkische Übersetzungen, bosnische, albanische, oder es wäre auch schon gut wenn man eine Übersetzung hat vom Altarabischen, so wie es im Koran ist zu modern-Arabisch zum Beispiel, ägyptisch auch, oder standard-Arabisch, dass man so viele verschiedene Übersetzungen wie möglich vergleicht, so dass man auch sehen kann, dass ein einzelnes Wort nicht immer gleich übersetzt werden muss. Also auf Deutsch haben wir viele Übersetzungen, also da kann man auswählen so zu sagen, hat man die Qual der Wahl. Zum Beispiel von Adel Theodor Khoury, von der Ahmadiyya Gemeinschaft herausgegeben, und auch von der Al-Azhar-Universität herausgegebene deutsche Übersetzung, von Rudi Paret, vom Bubenheim, von Amir Zaidan, vom Bobzin, auch von Muhammad Asad, die kann ich auch sehr empfehlen, er gibt auch Erklärungen zu gewissen Worten, muss nicht immer eindeutig sein, muss auch nicht immer richtig sein, aber auf jeden fall rate ich, dass wenn etwas unklar erscheint oder etwas nicht richtig zu sein scheint, man auf jeden fall mit verschiedenen Übersetzungen vergleichen und auch unsere Übersetzung – Hanif, die ist auch nur eine Variante davon. Wir geben uns zwar mühe das so genau wie möglich zu machen, aber es stellt eine Sichtweise dar und dadurch kann man dem ganzen ein bisschen näher kommen. Wenn man zusätzlich dazu auch noch Arabisch beherrscht, dann würde ich auch vorschlagen, dass man die Wörterbücher auch aufschlägt und sich mal vergegenwärtigt, sich bewusst wird, wie die Wurzeln zu gewissen Worten verwendet werden können, was die Grundbedeutung darstellt, und dass man dies dann auch versucht mit der Altarabischen Bedeutung zu verknüpfen. Also nicht Standard Arabisch, also modernes standard Arabisch, das ist ganz wichtig, sondern die Bedeutungen des klassisch-arabischen versucht herauszufinden. Und da werden dann einige Worte in einem ganz neuen Licht erscheinen, und da wird man auch sehen, dass so wie es im Koran dann verwendet wird, nicht immer so gemeint sein muss, wie es im Alltag, durch sogenannte Muslime stattfindet. Das kann auch ich sein, also bei einem Wort was ich noch nicht untersucht habe, kann auch sein dass ich noch genau so beeinflusst bin durch die Tradition, das würde ich also anraten, wenn ein Thema wichtig erscheint, dass man genau nachgeschaut, und dass man sich dort informiert, so gut man kann.
>> Also ich möchte mich hiermit bei ihnen bedanken. Danke für das aufschlussreiche Gespräch, ihre Zeit und ihre bisherigen Bemühungen, einen aufklärerischen Islam zu vermitteln. In diesem Zusammenhang kann ich nur jedem, der sich zu diesem Thema weiterbilden möchte, ihrer Webseite www.alrahman.de, sowie die Schwesterseiten – www.alquran.eu und www.hanif.de empfehlen, da ist auch ihre Koranübersetzung auf Deutsch zu finden. Nochmals vielen Dank Kerem für ihre Zeit. Ich wünsche ihnen Frieden und Gottes Segen, Werte Bruder Kerem. Danke vielmals.
>> KA: Ich bedanke mich ganz herzlich und wünsche auch den Segen Gottes und seine Barmherzigkeit und Friede sei mit ihnen und allen Zuhörenden.
>> Wir haben jetzt einiges über die deutsche Bedeutung gewisser arabischer Schlüsselwörter gelernt. Jetzt möchte ich gerne mit ihnen, werte Zuhörer eine kurze Übung machen. Dazu spiele ich ihnen jetzt einen Ausschnitt eines Vortrags vom Schweizer Historiker Daniele Ganser vor. Der Vortrag mit dem Titel „Medial vermittelte Feindbilder und die Anschläge vom 11 September 200.
„Jetzt, möchte Ich mit ihnen eine kurze Übung machen. Und die geht ganz schnell und die macht auch nicht weh. Ich sage ein Wort und sie produzieren ein Bild im Kopf. Ich sage – Banane – sie müssen schon eine Banane haben, ganz schnell muss das wirklich sein, sage ich – Haus – – Fahrrad – Polizist – Terrorist – stop! Halten sie das letzte Bild. Und jetzt frage ich sie: Ist dass jemand von der RAF , Atheisten? Ist das jemand von den Brigarde Rosse in Italien, Kommunisten? Ist das jemand von der IRA, Katholiken aus Nordirland? Oder jemand von der ETA in Spanien? Oder Irgun, das ist eine jüdische Terrororganisation, Palästinakonflikt? Oder ist das ein bärtiger Mohammed, irgendwie? Sie müssen sich jetzt nicht melden, ja. Wir haben ja hier. Diskretion. Aber einfach, wenn es das Letzte war, dann haben Sie eine Verbindung von Terror und bärtige Muslime. Auch, wenn Sie natürlich sagen werden, ich bin sehr aufgeklärt und würde nie unter Kriegspropaganda leiden.”
Seit dem 11. September 2001 steht jeder Muslim unter Generalverdacht, und wer das Wort Terrorist hört, denkt in aller Regel an einen bärtigen Turbanträger, und nicht an einen RAF- oder ETA-Terroristen. Warum ist das so? Wer lanciert diese Feindbilder und wer profitiert davon?
>> Zitieren möchte ich in diesem Zusammenhang Marcus Knill, von rhetorik.ch der in seinem Artikel: Beeinflussung – Manipulation – Propaganda schreibt, ich zitiere: Manipulation ist ein uraltes Mittel der Beeinflussung. Sie wurde seit je von allen Kulturen bis zum heutigen Tag angewendet. Bei der Manipulation geht es um bewusste oder unbewusste Lenkung. Manipulierte Darstellungen basieren auf eigenen Zielvorstellungen. Zur Manipulation und Beeinflussung gehört aber auch der Adressat, der durch Kenntnis der Manipulationstechniken und Schärfen seiner Kritikfähigkeit viel dazu beitragen kann, nicht manipuliert zu werden. Je besser der Mensch über die Beeinflussung zum Beispiel durch die Medien bescheid weiß, umso eher kann er ihr widerstehen. Wer Manipulations- und Beeinflussungstechniken erkennen und benennen kann, kann dafür sorgen, dass er ihr nicht zum Opfer fällt. In der Praxis ist es wichtig, Manipulationstechniken zu erkennen.
>> Ich möchte jetzt diese erste BRAND ISLAM Episode mit einem Gedicht aus Johann Wolfgang von Goethes Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“ abschließen.
So schreibt Goethe:
“NÄRRISCH, DASS JEDER IN SEINEM FALLE
SEINE BESONDERE MEINUNG PREIST!
WENN ISLAM >> GOTT ERGEBEN << HEISST,
IN ISLAM LEBEN UND STERBEN WIR ALLE.”
>> So das war’s auch schon. Danke fürs Zuhören und ich hoffe, die erste Folge BRAND ISLAM hat euch gefallen – und bis zum nächsten Mal.
Friede sei mit euch – PEACE